Die BZ mischt sich schon wieder in den Wahlkampf ein

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Die Europawahl steht vor der Tür (am 7. Juni), die Parteien machen Werbung und die Braunschweiger Zeitung mischt sich ein. Schon zur Kommunalwahl vor zweieinhalb Jahren bewies sie, wie wenig Substanz ihre im Titel vermerkten Eigenschaften „unabhängig“ und „nicht parteigebunden“ haben, jetzt geht es erneut los.

Samstag, 16. Mai 2009

Seite 2, Mitte oben, Überschrift: „Westerwelle warnt vor Linksruck in Deutschland“, darüber ein Foto von Guido Westerwelle in Siegerpose. Der Artikel berichtet vom FDP-Parteitag.

Seite 3, unten, Überschrift: „Drei dicke Freunde attackieren die Union“. Der Artikel berichtet von einer Wahlkampfrede des SPD-Spitzenkandidaten Martin Schulz in Peine.

Auch textlich stellt die BZ Westerwelle in Siegerpose dar. „Die FDP verschärft überraschend die Tonlage“, heißt es einleitend. Es fallen Begriffe wie „Schicksalswahl“ und „triumphales Wahlergebnis“. Westerwelle habe eine „kämpferische Rede“ gehalten, mit geballter Faust und schneidender Stimme, in der er gegen Linke und SPD wetterte. „[…] wir, die Kraft der Freiheit“ zitiert ihn die BZ, und er „kämpfe für eine starke FDP“. Immerhin sei laut Westerwelle auch die Große Koalition „schlecht für das Land“, damit watscht er dann bis auf die Grünen sämtliche konkurrierenden Parteien ab.

Auf der Seite gegenüber, bei der SPD, geht es vergleichsweise gemütlich zu. Schulz darf seine Freunde Hubertus Heil und Sigmar Gabriel zunächst als solche bezeichnen, „und alle freuten sich“. Die Zuhörer „aßen Brezeln und Bratwürste“ und „bedachte[n] die launigen Ausführungen von Heil und Gabriel mit entspanntem Applaus“. Der BZ-Autor zählt einige Verdienste Schulz’ auf, wie die frühe Berlusconi-Kritik, die der Autor dann aber als „mutig“ herabwürdigt, und den Einsatz für die Salzgitter-AG. Auch darf Schulz im Artikel sagen, dass Merkel zu den „rechten Regierungschefs“ in Europa zähle. Doch der Autor stellt fest: „[…] konkrete Vorschläge für die aktuelle Europapolitik unterbreitete er kaum“.

Das macht aber auch Westerwelle auf der Seite gegenüber nicht, doch der darf sich feiern, wohingegen Schulz von der BZ verniedlicht dargestellt wird.

Ach ja, in dem Zuge kann die BZ auf ihrer Regionalseite auch gleich die unbeliebte BIBS herabwürdigen. „Hoffmann will nicht die Glücksfee für Rosenbaum und Sommerfeld spielen“, titelt sie auf Seite 15. Hier geht es um die Stimmrechte, die die Fraktionen in Ausschüssen haben. Durch den Wechsel zweier BIBS-Mitglieder zu den Grünen müssen die Ausschussplätze in Einzelfällen neu verteilt werden, im Verwaltungsausschuss müssen BIBS und Linke per Losverfahren um den einzigen freien Platz eifern. Es kann nur einen geben. „Würde die Bibs im Losverfahren unterliegen, hätte sie in keinem Ausschuss mehr Stimmrecht und verlöre weiter an Bedeutung“, schreibt die BZ.

„Verlöre weiter an Bedeutung“, das hätte die BZ wohl gerne. Sie hätte es wohl auch gerne, dass die BIBS überhaupt bislang an Bedeutung verloren hat. Wenn sich die BZ diesen Sachverhalt selber immerzu mantraartig vorbeten muss, dann wohl nur deshalb, weil sie selber nicht an ihn glaubt. Die Leser werden’s ihr schon abnehmen und bei anstehenden Wahlen „das Kreuz an der richtigen Stelle setzen“, wie es in der Wahlkampfpolemik immer so schön heißt. Wenn man sich die BZ-Artikel ansieht, kann man sich ausmalen, wo sie die Kreuzchen gerne sähe – und wo nicht.

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