Zweiter Versuch der USA, uns in eine Falle zu locken.
Der erste Versuch ist gescheitert: die Bundesregierung hat der Aufforderung der USA, Bodentruppen nach Syrien zu senden, widerstanden. Aber die USA wollen eine breite Koalition gegen den Iran schmieden, die ihnen auch einen Krieg gegen den Iran erleichtern könnte. Also lässt der zweite Versuch nicht lange auf sich warten. Und der geht so: Laut dem britischen „Guardian“ hat der US-amerikanische Sicherheitsberater Bolton die britischen Behörden aufgefordert, den iranischen Öltanker „Grace 1“ bei Gibraltar festzusetzen. Die Briten sind dem bekanntlich sofort gefolgt. Die Iraner betrachten das als Akt der Piraterie (dazu unten mehr) und kapern ihrerseits ein britisches Schiff, und zwar im Golf von Hormus.
Briten werben für militärische Sicherung des Golfs von Hormus
Der „Guardian“ selbst nennt das eine Falle, mit der Großbritannien in den Konflikt zwischen den USA und dem Iran hineingezogen werden sollte. Denn eigentlich stehen die Briten zum Iran-Atomabkommen, aus dem die USA – übrigens entgegen dem Völkerrecht – ausgestie-gen sind. Nun aber fordern sie eine Koalition zur militärischen Sicherung der Straße von Hormus. Genau das war schon vorher das erklärte Ziel der USA. Nun übernehmen es die Briten, unter den Europäern dafür zu werben. Das bedeutete erstens, dass diejenigen, die dem Iran die ganze Zeit versichern, das Abkommen sichern zu wollen und die Nachteile ausgleichen zu wollen, die dem Iran aus den US-Sanktionen entstehen, nun in der Tendenz auf die andere Seite wechselten, sich also mit den USA zusammentäten, die dem Iran feindlich gegenüber stehen.
In der Kiellinie der USA mit Volldampf in einen militärischen Konflikt?
In der Zone der höchsten Anspannung zwischen den USA und dem Iran, da, wo Drohnen wirklich und angeblich abgeschossen werden, sollen nun womöglich Schiffe der Bundesmarine kreuzen? Stellen wir uns vor, die USA oder der Iran provozierten eine militärische Auseinandersetzung: dann wären Deutschland, Frankreich und Großbritannien mittendrin, hätten aber gegenüber der absolut überlegenen NATO-Führungsmacht USA keinen Einfluss auf das Geschehen. Man könnte dann leicht in die Auseinandersetzung hineingezogen werden und fortan folgsam in der Kiellinie der USA schwimmen, mit allen hässlichen Folgen, die zu erwarten wären.
„EU-Sanktionen“: Fragwürdige Rechtfertigung
So gesehen, fragt man sich, wieso die Briten überhaupt in die Falle tappten. Sie behaupten, sie hätten den Tanker „Grace 1“ festgesetzt, weil der Verdacht bestehe, dass diese durch die Lieferung von Öl an Syrien Sanktionen der EU verletzten würde. Nun stellen die Sanktionen allerdings nur den Import von syrischem Öl unter Strafe, nicht die Lieferung dorthin. Um diesen Widerspruch zu umgehen, behaupten die britischen Behörden, die Lieferung solle an die Banias Refinery Company gehen, und die stehe auf der EU – Sanktionsliste. Das ist aber offenbar so schwer nachzuweisen, dass nun noch einmal 30 Tage gebraucht werden, um das zu überprüfen. Dass das gewählte Vorgehen überhaupt nicht zwingend war, sieht man schon daran, dass das EU-Mitglied Spanien, dessen Gewässer vorher ebenfalls berührt waren, nichts unternahm. Der Verdacht, dass das Ganze nur ein Vorwand ist, erhärtet sich noch mehr, wenn man erfährt, dass die Behörden von Gibraltar nur einen Tag vor der Festsetzung des Tankers die eigenen Verordnungen so abgeändert hatten, dass ihnen die Festsetzung (nach eigenem Recht) überhaupt erlaubt war.
Im ersten Fall Schweigen, im zweiten sofortige Verurteilung
Selbst wenn man unterstellt, dass die brexitverwirrten Briten einen Black-Out gehabt haben, stellt sich eine weitere Frage: wie verhält sich die deutsche Bundesregierung dazu? Nun, zunächst hat sie geschwiegen. Vier Tage später hat sie das Vorgehen der Briten auf Nachfrage als rechtmäßig beurteilt. Dagegen verurteilt sie die Kaperung des Schiffes durch iranische Kräfte sofort. Auf die verwunderte Frage eines Journalisten, ob denn die „Kaperung“ eines Schiffes durch ein britisches Militärkommando nicht vorher in der EU beraten werde, antwortete der Sprecher des Auswärtigen Amtes, Breul, nein, das sei Sache der einzelnen Staaten selber (Regierungspressekonferenz 8. Juli).
Diplomatie statt der Entsendung von Kriegsschiffen!
Aber es wäre ja nicht verboten, dass der deutsche Außenminister mit seinem britischen Amtskollegen redet, um ihn dazu zu bringen, das iranische Schiff von der Kette zu lassen, weil man alle Vorwände für einen kriegerischen Konflikt aus der Welt schaffen sollte. Und um dem Atomabkommen eine Chance zu lassen.
Dazu auch der Artikel „Die USA pfeifen..“
Foto: Jacques Descloitres, Wikipedia