Das Märchen – oder die wundersame Wandlung von der RegioStadtBahn zur Regiobahn

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Nach dem vorhersehbaren Desaster um die RegioStadtBahn im Raum Braunschweig, entdeckt nun der Zweckverband (ZGB) plötzlich seine seit Jahren liegen gebliebenen Hausaufgaben und präsentiert der staunenden Öffentlichkeit die „Neue Regionalbahn 2014+“.

Wie zu erwarten, mischt hier auch die Braunschweiger Zeitung mit, wie immer sach- und fachkundig, und fordert ihre Leser sogar auf, zu den angeblich neuen Plänen des ZGB Stellung zu beziehen, wobei keinem der beteiligten das Prinzip von Stadt-/Straßenbahnen auf Eisenbahngleisen bekannt zu sein scheint, geschweige denn die Vorteile eines solchen Systems gegenüber dem jetzt angepriesenen.

Wie das im Leben nun mal so ist, gibt es auch dafür historische Vorbilder, hier in Gestalt eines bekannten Märchens von H. C. Andersen: „Des Kaisers neue Kleider“. Wie das in die heutige Zeit passt, lesen Sie direkt online oder hier in der pdf-Datei.

Viel Spaß (und auch Nachdenklichkeit) beim Lesen …

Des Kaisers neue Kleider
(Hans Christian Andersen)

Vor vielen Jahren lebte ein Kaiser, der so ungeheuer viel auf neue Kleider hielt, daß er all sein Geld dafür ausgab, um recht geputzt zu sein. Er kümmerte sich nicht um seine Soldaten, kümmerte sich nicht um Theater und liebte es nicht, in den Wald zu fahren, außer um seine neuen Kleider zu zeigen. Er hatte einen Rock für jede Stunde des Tages, und ebenso wie man von einem König sagte, er ist im Rat, so sagte man hier immer: „Der Kaiser ist in der Garderobe!“

In der großen Stadt, in der er wohnte, ging es sehr munter her. An jedem Tag kamen viele Fremde an, und eines Tages kamen auch zwei Betrüger, die gaben sich für Weber aus und sagten, daß sie das schönste Zeug, was man sich denken könne, zu weben verstünden. Die Farben und das Muster seien nicht allein ungewöhnlich schön, sondern die Kleider, die von dem Zeuge genäht würden, sollten die wunderbare Eigenschaft besitzen, daß sie für jeden Menschen unsichtbar seien, der nicht für sein Amt tauge oder der unverzeihlich dumm sei.

‚Das wären ja prächtige Kleider‘, dachte der Kaiser; wenn ich solche hätte, könnte ich ja dahinterkommen, welche Männer in meinem Reiche zu dem Amte, das sie haben, nicht taugen, ich könnte die Klugen von den Dummen unterscheiden! Ja, das Zeug muß sogleich für mich gewebt werden!‘ Er gab den beiden Betrügern viel Handgeld, damit sie ihre Arbeit beginnen sollten. Sie stellten auch zwei Webstühle auf, taten, als ob sie arbeiteten, aber sie hatten nicht das geringste auf dem Stuhle. Trotzdem verlangten sie die feinste Seide und das prächtigste Gold, das steckten sie aber in ihre eigene Tasche und arbeiteten an den leeren Stühlen bis spät in die Nacht hinein.

‚Nun möchte ich doch wissen, wie weit sie mit dem Zeuge sind!‘ dachte der Kaiser, aber es war ihm beklommen zumute, wenn er daran dachte, daß keiner, der dumm sei oder schlecht zu seinem Amte tauge, es sehen könne. Er glaubte zwar, daß er für sich selbst nichts zu fürchten brauche, aber er wollte doch erst einen andern senden, um zu sehen, wie es damit stehe. Alle Menschen in der ganzen Stadt wußten, welche besondere Kraft das Zeug habe, und alle waren begierig zu sehen, wie schlecht oder dumm ihr Nachbar sei.

‚Ich will meinen alten, ehrlichen Minister zu den Webern senden‘, dachte der Kaiser, er kann am besten beurteilen, wie der Stoff sich ausnimmt, denn er hat Verstand, und keiner versieht sein Amt besser als er!‘

Nun ging der alte, gute Minister in den Saal hinein, wo die zwei Betrüger saßen und an den leeren Webstühlen arbeiteten. ‚Gott behüte uns!‘ dachte der alte Minister und riß die Augen auf. ‚Ich kann ja nichts erblicken!‘ Aber das sagte er nicht. Beide Betrüger baten ihn näher zu treten und fragten, ob es nicht ein hübsches Muster und schöne Farben seien. Dann zeigten sie auf den leeren Stuhl, und der arme, alte Minister fuhr fort, die Augen aufzureißen, aber er konnte nichts sehen, denn es war nichts da. ‚Herr Gott‘, dachte er, sollte ich dumm sein? Das habe ich nie geglaubt, und das darf kein Mensch wissen! Sollte ich nicht zu meinem Amte taugen? Nein, es geht nicht an, daß ich erzähle, ich könne das Zeug nicht sehen!‘

„Nun, Sie sagen nichts dazu?“ fragte der einer von den Webern.
„Oh, es ist niedlich, ganz allerliebst!“ antwortete der alte Minister und sah durch seine Brille.
„Dieses Muster und diese Farben! – Ja, ich werde dem Kaiser sagen, daß es mir sehr gefällt!“ „Nun, das freut uns!“ sagten beide Weber, und darauf benannten sie die Farben mit Namen und erklärten das seltsame Muster. Der alte Minister merkte gut auf, damit er dasselbe sagen könne, wenn er zum Kaiser zurückkomme, und das tat er auch. Nun verlangten die Betrüger mehr Geld, mehr Seide und mehr Gold zum Weben. Sie steckten alles in ihre eigenen Taschen, auf den Webstuhl kam kein Faden, aber sie fuhren fort, wie bisher an den leeren Stühlen zu arbeiten.

Der Kaiser sandte bald wieder einen anderen tüchtigen Staatsmann hin, um zu sehen, wie es mit dem Weben stehe und ob das Zeug bald fertig sei; es ging ihm aber gerade wie dem ersten, er guckte und guckte; weil aber außer dem Webstuhl nichts da war, so konnte er nichts sehen.

„Ist das nicht ein ganz besonders prächtiges und hübsches Stück Zeug?“ fragten die beiden Betrüger und zeigten und erklärten das prächtige Muster, das gar nicht da war.
‚Dumm bin ich nicht‘, dachte der Mann; es ist also mein gutes Amt, zu dem ich nicht tauge! Das wäre seltsam genug, aber das muß man sich nicht merken lassen!‘ Daher lobte er das Zeug, das er nicht sah, und versicherte ihnen seine Freude über die schönen Farben und das herrliche Muster. „Ja, es ist ganz allerliebst!“ sagte er zum Kaiser.

Alle Menschen in der Stadt sprachen von dem prächtigen Zeuge. Nun wollte der Kaiser es selbst sehen, während es noch auf dem Webstuhl sei. Mit einer ganzen Schar auserwählter Männer, unter denen auch die beiden ehrlichen Staatsmänner waren, die schon früher dagewesen, ging er zu den beiden listigen Betrügern hin, die nun aus allen Kräften webten, aber ohne Faser oder Faden. „Ja, ist das nicht prächtig?“ sagten die beiden ehrlichen Staatsmänner.

„Wollen Eure Majestät sehen, welches Muster, welche Farben?“ und dann zeigten sie auf den leeren Webstuhl, denn sie glaubten, daß die andern das Zeug wohl sehen könnten. ‚Was!‘ dachte der Kaiser; ich sehe gar nichts! Das ist ja erschrecklich! Bin ich dumm? Tauge ich nicht dazu, Kaiser zu sein? Das wäre das Schrecklichste, was mir begegnen könnte.‘ „Oh, es ist sehr hübsch“, sagte er; „es hat meinen allerhöchsten Beifall!“ und er nickte zufrieden und betrachtete den leeren Webstuhl; er wollte nicht sagen, daß er nichts sehen könne. Das ganze Gefolge, was er mit sich hatte, sah und sah, aber es bekam nicht mehr heraus als alle die andern, aber sie sagten gleich wie der Kaiser: „Oh, das ist hübsch!‘ und sie rieten ihm, diese neuen prächtigen Kleider das erste Mal bei dem großen Feste, das bevorstand, zu tragen.

„Es ist herrlich, niedlich, ausgezeichnet!“ ging es von Mund zu Mund, und man schien allerseits innig erfreut darüber. Der Kaiser verlieh jedem der Betrüger ein Ritterkreuz, um es in das Knopfloch zu hängen, und den Titel Hofweber. Die ganze Nacht vor dem Morgen, an dem das Fest stattfinden sollte, waren die Betrüger auf und hatten sechzehn Lichte angezündet, damit man sie auch recht gut bei ihrer Arbeit beobachten konnte. Die Leute konnten sehen, daß sie stark beschäftigt waren, des Kaisers neue Kleider fertigzumachen. Sie taten, als ob sie das Zeug aus dem Webstuhl nähmen, sie schnitten in die Luft mit großen Scheren, sie nähten mit Nähnadeln ohne Faden und sagten zuletzt: „Sieh, nun sind die Kleider fertig!“

Der Kaiser mit seinen vornehmsten Beamten kam selbst, und beide Betrüger hoben den einen Arm in die Höhe, gerade, als ob sie etwas hielten, und sagten: „Seht, hier sind die Beinkleider, hier ist das Kleid, hier ist der Mantel!“ und so weiter. „Es ist so leicht wie Spinnwebe; man sollte glauben, man habe nichts auf dem Körper, aber das ist gerade die Schönheit dabei!“ „Ja!“ sagten alle Beamten, aber sie konnten nichts sehen, denn es war nichts da.
„Belieben Eure Kaiserliche Majestät Ihre Kleider abzulegen“, sagten die Betrüger, „so wollen wir Ihnen die neuen hier vor dem großen Spiegel anziehen!“

Der Kaiser legte seine Kleider ab, und die Betrüger stellten sich, als ob sie ihm ein jedes Stück der neuen Kleider anzogen, die fertig genäht sein sollten, und der Kaiser wendete und drehte sich vor dem Spiegel.
„Ei, wie gut sie kleiden, wie herrlich sie sitzen!“ sagten alle.
„Welches Muster, welche Farben! Das ist ein kostbarer Anzug!“ –
„Draußen stehen sie mit dem Thronhimmel, der über Eurer Majestät getragen werden soll!“ meldete der Oberzeremonienmeister.
„Seht, ich bin ja fertig!“ sagte der Kaiser. „Sitzt es nicht gut?“ und dann wendete er sich nochmals zu dem Spiegel; denn es sollte scheinen, als ob er seine Kleider recht betrachte.

Die Kammerherren, die das Recht hatten, die Schleppe zu tragen, griffen mit den Händen gegen den Fußboden, als ob sie die Schleppe aufhöben, sie gingen und taten, als hielten sie etwas in der Luft; sie wagten es nicht, es sich merken zu lassen, daß sie nichts sehen konnten.

So ging der Kaiser unter dem prächtigen Thronhimmel, und alle Menschen auf der Straße und in den Fenstern sprachen: „Wie sind des Kaisers neue Kleider unvergleichlich! Welche Schleppe er am Kleide hat! Wie schön sie sitzt!“ Keiner wollte es sich merken lassen, daß er nichts sah; denn dann hätte er ja nicht zu seinem Amte getaugt oder wäre sehr dumm gewesen. Keine Kleider des Kaisers hatten solches Glück gemacht wie diese.

„Aber er hat ja gar nichts an!“ sagte endlich ein kleines Kind. „Hört die Stimme der Unschuld!“ sagte der Vater; und der eine zischelte dem andern zu, was das Kind gesagt hatte.
„Aber er hat ja gar nichts an!“ rief zuletzt das ganze Volk. Das ergriff den Kaiser, denn das Volk schien ihm recht zu haben, aber er dachte bei sich: ‚Nun muß ich aushalten.‘

Und die Kammerherren gingen und trugen die Schleppe, die gar nicht da war.

 

 

Die wundersame Wandlung von der RegioStadtBahn zur Regiobahn – ein Märchen (frei nach Hans Christian Andersen) von Cord Kundich

Vor vielen Jahren lebte ein Mensch in einer großen, norddeutschen Stadt. Er war der Chef einer Regionalvereinigung, die so ungeheuer viel auf neue Kleider, pardon, neue Pläne hielt, daß sie all ihr Geld dafür ausgab, um recht fachkundig zu wirken. Sie kümmerte sich nicht um die sonstigen Nahverkehrsprobleme, sondern liebte es umherzufahren und überall immer wieder neue Pläne zu zeigen. So gab es Mit- und Ohne-Fälle, fast für jede Stunde des Tages, und ebenso wie man von einem König sagte, er ist im Rat, so sagte man hier immer: „Die Planer sind am planen!“

In der großen Stadt, in der man wohnte, ging es sehr munter her. An jedem Tag kamen viele Fremde an und eines Tages kamen auch Besserwisser, die gaben sich für Fachleute aus und sagten, daß sie die schönsten Pläne, die man sich denken könne, zu entwerfen verstünden. Die Farben und das Muster seien nicht allein ungewöhnlich schön, sondern die Pläne sollten vor allem die wunderbare Eigenschaft besitzen, daß sie für jeden Menschen unsichtbar seien, der nicht für sein Amt tauge oder der unverzeihlich dumm sei.

‚Das wären ja prächtige Pläne‘, dachte der wichtigste Mensch der Versammlung; wenn ich solche hätte, könnte ich ja dahinterkommen, welche Männer in meiner Region zu dem Amte, das sie haben, nicht taugen, ich könnte die Klugen von den Dummen unterscheiden! Ja, diese Pläne müssen sogleich für mich gemacht werden!‘ Er gab den Besserwissern einen Job und viel Handgeld, damit sie ihre Arbeit beginnen sollten. Sie stellten auch Flip Charts und Bildschirme auf, taten, als ob sie arbeiteten, aber sie hatten nicht das geringste vorzuweisen. Trotzdem verlangten sie die feinsten Arbeitsmittel und das prächtigste Gold, das steckten sie sonstwohin und arbeiteten an den leeren Schirmen bis spät in die Nacht hinein.

‚Nun möchte ich doch wissen, wie weit sie mit den Plänen sind!‘ dachte der Chef der Versammlung, aber es war ihm beklommen zumute, wenn er daran dachte, daß keiner, der dumm sei oder schlecht zu seinem Amte tauge, es sehen könne. Er glaubte zwar, daß er für sich selbst nichts zu fürchten brauchte, aber er wollte doch erst einen andern senden, um zu sehen, wie es damit stünde. Alle Menschen in der ganzen Stadt wußten, welche besondere Kraft diese Pläne hatten, und alle waren begierig zu sehen, wie schlecht oder dumm ihr Nachbar sei.

‚Ich will einen alten, ehrlichen Mann zu den Planern senden‘, dachte der Chef, er kann am besten beurteilen, wie die Pläne sich ausnehmen, denn er hat Verstand, und keiner versieht sein Amt besser als er!‘

Nun ging der alte Mann in den Saal hinein, wo die Planer saßen und an den leeren Bildschirmen arbeiteten. ‚Gott behüte uns!‘ dachte der alte Mann und riß die Augen auf. ‚Ich kann ja nichts erblicken!‘ Aber das sagte er nicht. Die Planer baten ihn näher zu treten und fragten, ob es nicht hübsche Linien und schöne Farben seien. Dann zeigten sie auf den leeren Bildschirm, und der arme, alte Mann fuhr fort, die Augen aufzureißen, aber er konnte nichts sehen, denn es war nichts da. ‚Herr Gott‘, dachte er, sollte ich dumm sein? Das habe ich nie geglaubt, und das darf kein Mensch wissen! Sollte ich nicht zu meinem Amte taugen? Nein, es geht nicht an, daß ich erzähle, ich könne das Zeug nicht sehen!‘

„Nun, Sie sagen nichts dazu?“ fragte der eine von den Planern.
„Oh, es ist großartig, ganz allerliebst!“ antwortete der alte Mann und sah durch seine Brille.
„Dieses Muster und diese Farben! – Ja, ich werde dem Chef sagen, daß es mir sehr gefällt!“
„Nun, das freut uns!“ sagten die Planer, und darauf benannten sie die Farben und Linien mit Namen und erklärten das seltsame Muster. Der alte Mann merkte gut auf, damit er dasselbe sagen könne, wenn er zum Chef zurückkomme, und das tat er auch.
Nun verlangten die Planer mehr Geld, mehr Gold zum Planen. Sie steckten alles woanders hin, auf die Schirme kam eher nichts, aber sie fuhren fort, wie bisher an den leeren Schirmen zu arbeiten.

Der Chef sandte bald wieder einen anderen tüchtigen, ehemaligen Fachmann hin, um zu sehen, wie es mit den Plänen stehe und ob das Zeug bald fertig sei; es ging ihm aber gerade wie dem ersten, er guckte und guckte; weil aber außer Kosten nichts da war, so konnte er auch nichts sehen.

„Ist das nicht ein ganz besonders prächtiges und hübsches Stück?“ fragten die Planer und zeigten und erklärten das prächtige Linienmuster, das nicht wirklich da war.
‚Dumm bin ich nicht‘, dachte der Mann; es ist also mein gutes Amt, zu dem ich nicht tauge! Das wäre seltsam genug, aber das muß man sich nicht merken lassen!‘ Daher lobte er alles, was er nicht sah, und versicherte ihnen seine Freude über die schönen Farben und das herrliche Muster. „Ja, es ist ganz allerliebst!“ sagte er zum Chef.

Alle Menschen in Stadt und Region sprachen von den prächtigen Plänen und den schönen Fahrzeugen mit den identitätsstiftenden Mustern. Nun wollte der Chef alles selbst sehen, während es noch auf den Bildschirmen sei. Mit einer ganzen Schar auserwählter Männer aus der regionalen Versammlung, unter denen auch die beiden ehrlichen, alten Männer waren, die schon früher dagewesen, ging er zu den listigen Planern hin, die nun aus allen Kräften planten und rechneten, aber ohne genau zu wissen, was sie da taten. „Ja, ist das nicht prächtig?“ sagten die beiden ehrlichen Männer.

„Wollen Herr Direktor sehen, welches Muster, welche Farben?“ und dann zeigten sie auf die leeren Schirme, denn sie glaubten, daß die andern das Zeug wohl sehen könnten. ‚Was!‘ dachte der Chef; ich sehe gar nichts! Das ist ja erschrecklich! Bin ich dumm? Tauge ich nicht dazu, Direktor zu sein? Das wäre das Schrecklichste, was mir begegnen könnte.‘ „Oh, es ist sehr hübsch“, sagte er; „es hat meinen allerhöchsten Beifall!“ und er nickte zufrieden und betrachtete die leeren Bildschirme; er wollte nicht sagen, daß er nichts sehen könne. Das ganze Gefolge, was er mit sich hatte, sah und sah, aber es bekam nicht mehr heraus als alle die andern, aber sie sagten gleich wie der Chef: „Oh, das ist hübsch!‘ und sie rieten ihm, diese neuen prächtigen Pläne das erste Mal bei der großen Überprüfung, die bevorstand, vorzutragen.

„Es ist herrlich, bestens, ausgezeichnet!“ ging es von Mund zu Mund, und man schien allerseits innig erfreut darüber. Der Chef verlieh jedem der Planer ein Ritterkreuz, um es in das Knopfloch zu hängen, und den Titel Hofplaner. Die ganze Nacht vor dem Morgen, an dem die Überprüfung stattfinden sollte, waren die Planer auf und hatten viele Lichte angezündet, damit man sie auch recht gut bei ihrer Arbeit beobachten konnte. Die Leute konnten sehen, daß sie stark beschäftigt waren, des Chefs neue Pläne fertig zu machen. Sie taten, als ob sie das Zeug ausdruckten, sie schrieben in die Luft mit großen Filzschreibern, sie nähten mit heißer Nähnadel ohne Faden, sozusagen, und sagten zuletzt: „Seht, nun sind die Pläne fertig!“

Der Chef mit seinen vornehmsten Beamten kam selbst, und die Planer hoben den einen Arm in die Höhe, gerade, als ob sie etwas hielten, und sagten: „Seht, hier sind die Strecken, hier ist das Hybrid-Fahrzeug, hier ist der Fahrplan!“ und so weiter. „Es ist so durchsichtig, fast wie Spinngewebe; man sollte glauben, man habe nichts zu sehen, aber das ist gerade die Schönheit dabei!“
„Ja!“ sagten alle Beamten, aber sie konnten nichts sehen, denn es war nichts da.
„Beliebt Ihr Eure alten Pläne abzulegen“, sagten die Planer, „so wollen wir Ihnen die neuen hier vor dem großen Spiegel erläutern!“

Der Chef legte seine alten Pläne ab, und die Planer stellten sich, als ob sie ihm ein jedes Stück der neuen Pläne erläuterten, die fertig sein sollten, und der Chef wendete und drehte sich vor der regionalen Welt.
„Ei, wie gut sie sind, wie herrlich sie aussehen!“ sagten alle.
„Welches Linienmuster, welche Farben! Das sind gar kostbare Pläne!“ –
„Draußen stehen sie mit dem Ehrenhimmel der Hofberichterstatter, der über Euch getragen werden soll!“ meldete der Oberzeremonienmeister eines berühmten Allgemeinen Kutschen Clubs.
„Seht, ich bin ja fertig!“ sagte der Chef. „Sieht es nicht gut?“ und dann wendete er sich nochmals zu den Schirmen; denn es sollte scheinen, als ob er seine Pläne recht betrachte.

Die Versammlungsmitglieder, die das Recht hatten, die Pläne zu tragen, griffen mit den Händen gegen den Schreibtisch, als ob sie die Pläne aufhöben, sie gingen und taten, als hielten sie etwas in der Luft; sie wagten es nicht, es sich merken zu lassen, daß sie nichts sehen konnten.

So ging der Chef unter dem prächtigen Ehrenhimmel, und alle Menschen auf der Straße und in den Fenstern sprachen: „Wie sind des Chefs neue Pläne unvergleichlich! Wie schön sie sind!“ Keiner wollte es sich merken lassen, daß er nichts sah; denn dann hätte er ja nicht zu seinem Amte getaugt oder wäre sehr dumm gewesen. Keine Pläne des Chefs hatten solches Glück gemacht wie diese.

„Aber er hat ja gar nichts!“ sagte endlich ein kleines Kind, das immer nur als Miesmacher galt. „Hört die Stimme der Unschuld!“ sagte der Vater; und der eine zischelte dem andern zu, was das Kind gesagt hatte.
„Aber er hat ja gar nichts!“ rief zuletzt das ganze Volk. Das ergriff den Chef, denn das Volk schien ihm recht zu haben, aber er dachte bei sich: ‚Nun muß ich aushalten.‘

Und die regionalen Herren gingen und trugen die Pläne, die gar nicht da waren – und das Geld war auch weg!

… und hier die aktuelle Ergänzung des alten Märchens:

Als nun aber der Chef selbst gewahr wurde, daß er eigentlich nackt dastand, ließ er hektisch in seiner Kleiderkammer suchen und, siehe da, es fanden sich uralte Pläne, die er eigentlich längst hätte umsetzen müssen, wozu er aber nie Lust gehabt hatte.

Ganz schnell ließ er Überschriften, Jahreszahlen und ähnliches ändern; er veranlaßte, daß simple Selbstverständlichkeiten mit Blattgold belegt der staunenden Entourage vorgelegt und von den unterwürfischen Hofberichterstattern als supertolles, ganz neues Konzept der staunenden Öffentlichkeit verkauft wurde und alles wurde gut, niemand merkte etwas, alle Menschen freuen sich nun auf die REGIONALBAHN 2014+, während unbemerkt hinter den Kulissen, von niemand wirklich beklagt, die Unfähigkeit fröhliche Urstände feiert und aus dem propagierten, gefeierten Netz einen Flickenteppich macht mit unglaublich vielen 2 bis 4 Stundenlöchern!

Und in der nahen Hauptstadt eines anderen Reiches schüttelt man nur ungläubig den Kopf ob solcher potemkinschen Dörfer!
Und wieder muß ein teurer Gutachter her; natürlich hat der sich ganz uneigennützig schon öffentlich zum Thema geäußert…
Honi soit qui mal y pense!

 

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