Brückenerneuerung Melverode: müssen wirklich 100 Bäume weg?

0
Wie viele dieser Bäume werden nach der Brückenerneuerung noch stehen? Fotos: Dr. Mohsen Afsharian

Von Dr. Mohsen Afsharian

Im September sollen in Braunschweig zwischen Autobahn und Wohngebiet ca. 100 Bäume gefällt werden. Erfordert die notwendige Erneuerung einer Brücke an der Anschlussstelle Melverode auch die Rodung so vieler Bäume? Ein Blick auf die Lage:

Zu erneuernde Brücke AB-Anschlussstelle Melverode. Ansicht Google Maps

Sie wissen wie ich, dass Umwelt-, Tier- und nicht zuletzt Klimaschutz heutzutage grundlegende Themen für den urbanen Raum sind. Deshalb ist die Rettung eines Waldstreifens im Stadtgebiet von großer Bedeutung für viele Menschen.

Bis jetzt sind die Bäume für die Anwohner:innen ein natürlicher Schutz vor Abgasen und Lärm. Nach der Baumaßnahme ist als Ersatz für die großen Bäume nur eine Bepflanzung mit Gras, Sträuchern und zehn kleinen Bäumen geplant. Das bringt nicht nur für das Wohngebiet einen großen Verlust an Lebensqualität, sondern es gehen auch der Stadt „Luftfilter, CO2-Binder und Temperaturausgleicher“ (s.u.) verloren – während wir die Auswirkungen der Klimawandels beklagen.

Und warum sollen all die Bäume abgeholzt werden? Weil eine Leitungstrasse (Leitungen, Rohre, Kabel) durch die Wurzeln der Bäume beschädigt werden könnte. Und: Weil die Sichtfreiheit der Autofahrer erweitert werden soll. (Auf die neue „Sichtfreiheit“ auf Straßen und Autos würden die Anwohner:innen wohl gern verzichten.)

Als Dozent für Wirtschaftswissenschaften an der TU Braunschweig, (der oft mit Studierenden über Projekte spricht, bei denen Nachhaltigkeit eine große Rolle spielt) habe ich einen besonderen Blick auf die oben genannte Renovierungs- und Umbaumaßnahmen:

Hier der Link zu den Unterlagen des Planfeststellungsverfahrens für den Ersatzneubau „BS 1“ an der Autobahnabfahrt BS Melverode. 

Es ist völlig verständlich, dass diese Brücke erneuert werden muss und das ist von entscheidender Bedeutung, vor allem für die Sicherheit der Menschen. Aus diesem Grund sind in dem Plan bereits viele technische Aspekte berücksichtigt worden, wobei die Ansichten der verschiedenen Interessengruppen, die in der Regel im Widerspruch zueinander stehen, berücksichtigt wurden. Natürlich erfordert die Lösung solcher Konflikte eine Kompromisslösung und ist mit höheren Kosten verbunden. Aber wenn das gesamte Projekt angesehen wird, findet man keine Maßnahme, die auch nur teilweise die derzeitige Umwelt retten würde. Stattdessen finden wir solche Einschätzungen:

Zum Beispiel, siehe Seite 27, 5.1 in den Unterlagen/ Planfeststellungsverfahren:

„Mit Ausnahme der Bauphase sind keine Veränderungen gegenüber der Bestandssituation hinsichtlich Emissionen (einschl. Lärm) und Verkehrssicherheit zu erwarten“.

Oder, Seite 30, 5.5:

„Es sind keine planungsrelevanten Funktionen des Schutzgutes Klima/ Luft betroffen“.

Wie können die obigen Versprechungen stimmen, wenn der gesamte Waldstreifen abgeholzt werden soll und diese Fläche dann nur mit Gras und Stauden bepflanzt werden wird?

Vor diesem Hintergrund stellen sich wichtige Fragen:

Ist es möglich, diese radikale Abholzung zu verhindern? Kann man die berechtigten Interessen der Menschen im Umfeld besser berücksichtigen, indem nur wenige Bäume entfernt werden und die Leitungstrasse technisch stabilisiert wird? Sollte Nachhaltigkeit im Jahr 2021 nicht eine deutlich wichtigere Rolle spielen?

Übrigens: So wirbt die Stadt Braunschweig (siehe hier) für Bäume auf privaten Grundstücken:

Bäume sind „Luftfilter, Lärmfänger, CO2-Binder, Temperaturausgleicher, Reduzierter Energieverbrauch, Lebensraum, Grüne Oase.“

Möchten Sie den Artikel kommentieren

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.