Aufruf für Zeitungsanzeige zum 8.Mai – Jahrestag der Befreiung

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Gedenkstätte Schillstraße. Hier finden auch die jährlichen Gedenkfeiern zum 8. Mai, dem Tag der Befreiung, statt. Foto: Hans-Georg Dempewolf

Von Heinrich Betz (Initiator), Uwe Fritsch, Angelika Schwarz, Hansi Volkmann und Sebastian Wertmüller

Wir haben eine Initiative für eine Zeitungsanzeige in der Braunschweiger Zeitung zum 8. Mai, dem Jahrestag der Befreiung gestartet. Nachfolgend zunächst der Text der geplanten Anzeige, weiter unten folgen noch einige Informationen für alle, die diese Anzeige mitunterzeichnen, unterstützen oder auch dafür spenden möchten:

Aufruf 75. Jahrestag der Befreiung

Der 8. Mai ist unser Feiertag der Befreiung

Am 8. Mai jährt sich zum 75. Mal die Befreiung Deutschlands und Europas von der faschistischen Diktatur.

Diese Befreiung brachte den Deutschen und den Menschen in weiten Teilen Europas einen nun seit 75 Jahren andauernden Frieden und die Durchsetzung der universellen Menschen- und Freiheitsrechte. Unser Grundgesetz ist Ausdruck dieser Befreiung und zugleich Basis für weiteren sozialen Fortschritt in unserer Gesellschaft.

Die Völker und Soldaten der Sowjetunion, der Vereinigten Staaten, Frankreichs und Großbritanniens und aller weiteren alliierten Staaten haben für ihre und auch für unsere Befreiung unvorstellbare Opfer erbracht – wir sind ihnen für immer dafür dankbar. Wir verneigen uns vor allen Opfern des faschistischen Terrorregimes. Ungeheure Verbrechen wurden im Namen Deutschlands von Deutschen begangen: an den Juden, Sinti und Roma Europas, an den Völkern Ost- und Südosteuropas und an vielen Menschen in den anderen im Krieg besetzten Staaten. Wir trauern um sie. Wir trauern um alle Menschen, die aufgrund ihrer sexuellen Orientierung, ihres Glaubens oder aufgrund von Gebrechen Opfer der Naziverbrecher wurden. Wir gedenken denjenigen unter den Deutschen, die aufgrund ihres politischen und moralischen Widerstandes verfolgt, vertrieben oder eingesperrt und ermordet wurden. Allen voran Kommunisten, Sozialdemokraten und Gewerkschafter, aber auch Christen und konservativ denkende Demokraten.

Wir sind all jenen Deutschen dankbar, die dem faschistischen Terror getrotzt haben und unter großen Opfern Widerstand geleistet haben. Sie haben gelebt, was noch heute gilt: Wenn Unrecht herrscht wird Widerstand zur Pflicht.

Von der Mehrzahl der deutschen Bevölkerung wurde das faschistische Terrorregime jedoch bis zum bitteren Ende getragen. Rassismus und menschenverachtender Fanatismus waren ihr Leitbild. Wir haben auch nicht vergessen, dass es vor allem Großindustrieelle, Junker und Banker waren, die den Faschismus schon vor 1933 finanziert und gefördert und in Deutschland bis zum Schluss maßgeblich gestützt haben. Genauso wie das deutsche Militär, dessen verbrecherische Rolle vor und im Krieg nicht unerwähnt bleiben darf. Sie alle sind Hauptverantwortliche für die Kriegsverbrechen und Verbrechen des Terrorregimes gegen die Menschlichkeit. Das Nürnberger Tribunal hat dies eindeutig festgestellt.

Dem Mut und der Opferbereitschaft anderer Völker haben wir Deutsche unsere Freiheit und den Frieden zu verdanken. Dies verpflichtet uns für immer, Frieden, Freiheit und Menschenrechte zu verteidigen. Hier und überall auf der Welt. Gerade deshalb fordern wir heute, am 8. Mai 2020

  • – Menschen in Not, Flüchtende, politisch Verfolgte brauchen heute dringend unser Willkommen und unsere Unterstützung. Hier und in ihren Ländern.
  • – Die Europäische Union muss ein Garant des Friedens sein, sie muss aber auch sozial werden statt national-neoliberal.
  • – Europäische Friedensinitiativen, Senkung der Militärausgaben, Stopp der Rüstungsexporte.
  • – Rassismus ist ein Verstoß gegen den Geist des Grundgesetzes und staatlich entschieden zu bekämpfen.
  • – Faschistische Organisationen verbieten, kein Raum, kein Platz der AfD, NPD und anderen Naziorganisationen.
  • Wo Not herrscht hat die Menschenwürde keinen Platz! Darum müssen die sozialen Sicherungssysteme endlich wieder armutsfest werden. Das Sozialstaatsgebot des Grundgesetzes muss durchgesetzt und der Rückbau des Sozialstaates zurückgenommen werden. Finanziert auch durch Steuern auf Millionenvermögen, Millionenerbschaften und konsequente Besteuerung internationaler Konzerne.

Im Bewusstsein unserer Geschichte: Wir wollen ein Europa des Friedens, der Vielfalt und der Solidarität. Jeder Mensch hat das Recht, in Würde zu leben.

Nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg!

Braunschweig, im Mai 2020
Heinrich Betz, Uwe Fritsch, Angelika Schwarz, Hansi Volkmann und Sebastian Wertmüller

Soweit der Anzeigentext. Infos für Unterstützer*innen:

Eine Veröffentlichung kann nur erfolgen, wenn sich genug Menschen beteiligen und wenn sie ihren Teil zur Finanzierung beitragen! Daher bitten wir um einen finanziellen Beitrag von mindestens 25 Euro je Unterzeichner*in.

Meldungen wg. einer Unterzeichnung gehen bitte an Hansi Volkmann: hansi.volkmann@t-online.de

Überweisung zur Finanzierung bitte schnell auf folgendes Konto des Bündnisses gegen Rechts: Sonderkonto Volkmann * Konto Nr. 150567964 * NORD LB * BLZ 25050000 * IBAN DE75 2505 0000 0150 5679 64

4 Kommentare

  1. Ich kämpfe schon seit Jahren dafür, den 8. Mai als Tag der Befreiung zu begehen. Seit Jahrzehnten bemühe ich mich, die Zeit des Nationalsozialismus zu erforschen und zu dokumentieren. Selbstverständlich sollte ich den Aufruf unbedingt unterschreiben, werde es aber nicht tun. Der Aufruf hat einen deutlichen Duktus der DKP. In dem Text finde ich sechs Mal den Begriff „Faschismus“, aber nicht einmal den meines Erachtens historisch richtigen Begriff „Nationalsozialismus“. Ich bin im Januar 1945 vom Nationalsozialismus befreit worden. Mein Vater war ein Nationalsozialist und kein Faschist! Dieser Aufruf enthält Geschichtsverfälschung. Daher werde ich ihn keinesfalls unterschreiben. Ich könnte es tun, wenn er korrigiert wird und die kommunistische Ideologie – auch an anderen Stellen zu erkennen – entfernt wird.
    Jürgen Kumlehn
    Erinnerer
    Wolfenbüttel

  2. Lieber Jürgen,

    diese Deine Entscheidung bedauere ich ganz persönlich, weil ich Dein Engagement für geschichtliche Aufklärung und gegen den Nationalsozialismus schätze.

    Natürlich handelte es sich beim Nationalsozialismus um eine Form des Faschismus, und zwar um eine besonders menschenverachtende Form mit industrieller Menschenvernichtung.

    Das ist im vorliegenden Textvorschlag ganz konkret und korrekt benannt: der faschistische Terror … mit seinen ungeheuren Verbrechen an

    „Juden, Sinti und Roma Europas, an vielen Völkern Ost- und Südosteuropas und an vielen Menschen in den anderen im Krieg besetzten Staaten. Wir trauern um sie. Wir trauern um alle Menschen, die aufgrund ihrer sexuellen Orientierung, ihres Glaubens oder aufgrund von Gebrechen Opfer der Naziverbrecher wurden. Wir gedenken denjenigen unter den Deutschen, die aufgrund ihres politischen und moralischen Widerstandes verfolgt, vertrieben oder eingesperrt und ermordet wurden. Allen voran Kommunisten, Sozialdemokraten und Gewerkschafter, aber auch Christen und konservativ denkende Demokraten.“

    Die Bürgerinitiativen können sich gut unter dem Aufruf versammeln, leider aktuell weniger auf der Straße. Die BIBS wird den Aufruf unterzeichnen.

    Peter Rosenbaum

  3. Lieber Peter Rosenbaum,
    danke für Deine Antwort, die eigentlich gar keine ist. Warum gehst Du nicht konkret auf meine Kritik ein und erklärst zum Beispiel deutlich, warum Kommunisten und Linke den Begriff „Nationalsozialismus“ scheuen wie der Teufel das Weihwasser? Ich empfehle Dir zwei Bücher:
    Kumlehn, Jürgen, Jüdische Familien in Wolfenbüttel Band II, Der Schriftsteller Werner Ilberg. Hier könntest Du die Seite 107 aufschlagen und die Antwort finden,
    um die Du dich drückst!

    Herf, Jeffrey, Die NS-Vergangenheit im geteilten Deutschland. In diesem Buch findest Du u.a. Informationen über den „Umgang“ mit Juden in der DDR, usw. Hier ist auch beschrieben wie die KPD vor 1933 die von ihr so genannten „Sozialfaschisten“ der SPD mit den Nationalsozialisten (in Deiner Sprache „Faschisten) in einen Topf geworfen hat. Es ist Geschichtsverfälschung, so zu tun, als ob die Kommunisten vor 1933 und danach in der DDR Antifaschisten der reinsten Art gewesen sind. Hast Du schon mal darüber nachgedacht, wieviel Faschismus in der DDR gegen Andersdenkende praktiziert worden ist?
    Jürgen Kumlehn
    Erinnerer

  4. Auch noch einmal, lieber Jürgen,
    warum sollte ich mich um den Nationalsozialismus herumdrücken?

    Im Gegenteil – diese ganz eigene nationalistisch-deutsche Variante des politischen Terrors wird gerade auch jetzt bei den Erinnerungen an die KZ-Befreiungen ´45 vielfach thematisiert.

    Und wir (also BI´rund um die BIBS) erstellen dazu gerade umfangreiche Dokumentierungen der Braunschweigischen Bezüge z.B. der hiesigen ökonomischen Profiteure durch die ebenfalls spezifisch deutsche antisemitische und rassistische Form der Arisierungen vor allem jüdischen Vermögens in der NS-Zeit.

    Die zusätzlich von Dir gewünschte Beleuchtung vom Umgang mit Juden in dei DDR n a c h dem Kriege und die – auch von mir so gesehene – fatale Fehl-Einschätzung der SPD als Sozialfaschisten durch die KPD v o r 1933 sehe ich ebenfalls als wichtige Themen an, hat aber hier mit der Befreiung vom Nationalsozialismus und der Niederwerfung des Faschismus vor 75 Jahren erst einmal nichts zu tun.
    Du kannst den Aufruf also ruhig unterschreiben.

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