Mit der schwarzroten 2/3-Mehrheit der großen Koalition ist die Föderalismusreform beschlossen worden.
Die Regelungen im Umweltrecht wurden dabei in letzter Minute nochmals verschlechtert.
Eine grüne Oppositionspolitikerin dazu: „Das Umweltrecht ist zur Befriedigung der Machtgelüste der Länderfürsten regelrecht verschachert worden. Zukünftig dürfen die Länder von Grundregeln des Umweltschutzes abweichen, beispielsweise um Investoren ins Land zu locken. Wir befürchten einen Wettlauf der Länder um die niedrigsten Umweltstandards“. Damit wird eine der modernsten Umweltschutzgesetzgebungen der Welt flexibilisiert (ausgehebelt).
Was das bedeuten kann, führt derzeit die Stadt Braunschweig im Verbund mit dem Land Niedersachsen in einem bundesweit bisher einmaligem Vorgang vor. Um die Landebahn in das faktische Vogelschutzgebiet „Querumer Holz“ erweitern zu können, wird es mittels „VO LSG BS 09“ zum Landschaftsschutzgebiet mit eingebauter Abholzgenehmigung für die Startbahnerweiterung degradiert.
Wie überhastet das Verordnungswerk durch die Gremien gepeitscht wird, zeigt die Sitzung des Stadtbezirks Schunteraue von Ende Juni. Die Behandlung erfolgte ohne Ankündigung auf der regulären Tagesordnung. Die Öffentlichkeit wusste somit von der Abstimmung so gut wie nichts. Die Unterlagen wurden zwei Tage vor der Sitzung verschickt.
In sieben Fällen bekamen die Stadtbezirksräte die Unterlagen am Tage vor und in einem Fall am Sitzungstag. Beim einzigen grünen Stadtbezirksrat(*) in den betroffenen Gebieten trudelten sie am Tag nach der Sitzung ein. Eine verantwortungsvolle Beschäftigung mit dem 42-seitigen Werk aus Verordnung und Bürgereinwendungen erlaubt dieser Zeitrahmen nicht.
In der Ratssitzung am 18.7.06 steht die Verordnung abschließend zur Abstimmung.
Kommentar:
Eine moralische Unverschämtheit!
Was Umweltschützern die Zornesröte ins Gesicht treibt und bei Flughafenfreunden ein „Breitmaulfrosch-Grinsen“ hervorruft ist der §7 Abs. 6 der Verordnung über das Landschaftsschutzgebiet:
§7 Freistellungen, Keinen Einschränkungen aufgrund dieser Verordnung unterliegen:
-6. Pläne oder Projekte, deren Verträglichkeit durch eine Prüfung gem. Art. 6 Abs. 3 FFH-Richtlinie, § 34 Abs. 2 BNatSchG … zugelassen worden sind, und die zugleich die sonstigen Schutzzwecke nach § 4 Abs. 1, 3 und 4 dieser Verordnung im geringstmöglichen Maß beeinträchtigen.
Damit ist nach Ansicht von Juristen die Landebahnerweiterung gemeint und eine Kahlschlaggenehmigung für den Wald als direkte Folge einer positiven Planfeststellung inbegriffen. über die Zulässigkeit eines solchen „Verwaltungstricks“, d.h. Einrichtung eines LSG + gleichzeitige teilweise Aufhebung werden wahrscheinlich Gerichte entscheiden müssen.
Info:
Wie stark an weiteren Stellen in der Bundesrepublik Vogelschutz und die Interessen von Flughafengesellschaften aufeinanderprallen, zeigen folgende Websites:
a) Flughafen-Frankfurt
Leitfaden/Vogelschutzgebiete Flughafen Frankfurt/Main im Planungsfall
Leitfaden/FFH-Schutzgebiete Flughafen Frankfurt/Main im Planungsfall
(längere Ladezeiten!)
b) Kassel Calden
http://www.hannoversch-muenden.de/biga/calden.htm –> Registerkarte Vogelschlag
c) Lübeck Blankensee
http://schleswig-holstein.nabu.de/m11/m11_04/ (Website nur zeitweise erreichbar)
(*) Andree Hemmes