Zur Rolle der Braunschweiger Zeitung in Sachen Corona:

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Virus Symbolbild Foto: Pixabay

Zur Rolle der Braunschweiger Zeitung in Sachen Corona: Herr Schweiger sollte sich entschuldigen. Herr Maus sollte Fehler eingestehen, anstatt sie zu vertuschen.

Andreas Schweiger, leitender Wirtschaftsredakteur der Braunschweiger Zeitung, hat am vergangenen Mittwoch einen unerträglichen, von keinerlei Sachkenntnis berührten Leitartikel verfasst, für den er sich öffentlich entschuldigen sollte. Darin beschimpft er geradezu alle Menschen, die sich vor dem Coronavirus sorgen und für konsequente Maßnahmen der Eindämmung des Virus eintreten. Hier einige Kostproben seines Werks,

das am 11. März unter dem unmissverständlichen Titel „Geht´s noch?“ erschien:

„…scheint das Ende der Welt näher denn je. Das jedenfalls lässt die allgemeine Corona-Hysterie vermuten. Das wirklich Furchterregende daran: das irrationale Verhalten vieler Menschen. Das wirklich Irre daran: Eigentlich ist doch gar nichts Katastrophales passiert. “

Das Erschreckende an der Corona – Hysterie ist die Erkenntnis, dass vielen von uns der gesunde Menschenverstand abhanden gekommen zu sein scheint.“

Längst ist das Coronavirus zum Politikum geworden. Zum Beispiel, wenn es um das Absagen von Veranstaltungen geht. Steht dabei wirklich der Schutz der Menschen im Vordergrund, oder doch mehr die Angst der Verantwortlichen vor dem Vorwurf unverantwortlichen Handelns?“

Offenbar leben viele von uns in einer Blase, die von dem, was sich reales Leben nennt, abgekoppelt ist. … Und es bleibt die bange Frage, wie die Menschen reagieren, wenn es wirklich einmal zu einem echten Katastrophenfall kommt.“

Nur zwei, drei Tage später ist für jeden offensichtlich, dass in Wirklichkeit er selber in einer Blase gelebt hat, nach dem Motto: „Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß“. Denn inzwischen sind nicht nur Veranstaltungen mit mehr als 1000 Besuchern abgesagt, auch Schulen und Hochschulen sind geschlossen usw.

Wie nimmt Chefredakteur Maus Stellung?

Das Virus breitet sich inzwischen nämlich rasant aus und es kommt nun darauf an, seine Verbreitung zu verlangsamen und die Verbreitungswege so schmal zu machen wie nur möglich; außerdem zeigt sich, dass schon vergleichsweise wenige schwere Fälle das Gesundheitswesen bis an seine Grenzen fordern und darüber hinaus. Denn die Experten sagen wie mit einer Stimme: „Wir müssen Zeit gewinnen.“ Die letzten zwei Sätze hat übrigens Chefredakteur Armin Maus heute fast wörtlich geäußert („Wir bremsen Corona..“, 14. März 2020). Will er damit deutlich machen, dass sein Leitartikler auf dem falschen Weg war? Und dass das in der gegebenen Situation nicht nur unangemessen war, sondern gegen die offensichtlich notwendige Politik gerichtet (zumal auch noch die betreffenden Politiker als Angsthasen diskreditiert wurden)? Entschuldigt er gar sich im Namen der Redaktion?

Die Kunst der Vertuschung

Nein, er übt sich in der Kunst der Vertuschung. Ja, der Leitartikel habe Beifall und Widerspruch hervorgerufen. Aber die Fragen, die Schweiger gestellt habe, verdienten eine Antwort oder eine Erklärung. Er nennt dann drei durchaus diskussionswürdige Fragen. Seltsam aber, diese Fragen tauchen im Schweiger – Text so gut wie gar nicht auf. Dort finden sich lediglich polemische, rhetorische Fragen, also Fragen, deren Antwort der Verfasser für längst geklärt hält. Dass der Redakteur einen erheblichen Teil seiner Leser als irre, hysterisch und in einer Blase lebend beschimpft hat, ist Maus kein Wort wert. Davon lenkt er dann mit ziemlich billiger Kritik ab: am Fußball, an einem Bezirksamt in Berlin, an den Kultusministern, bei denen er den Geruch „muffiger Behäbigkeit“ empfindet, und schließlich an Donald Trump. Das geht immer. Zur (Selbst-) Krönung kommt er aber mit der Bemerkung, die Funke – Mediengruppe, also der Verlag der Braunschweiger Zeitung, dürfe als „Vorreiter auf dem Weg der Vernunft gelten“ (neben der Evangelischen Akademie, die tatsächlich als eine der ersten Einrichtungen in Braunschweig ihre Veranstaltungen fürs Erste abgesagt hatte). Derselbe Chefredakteur, der vor vier Wochen „Die Corona der Angstmacher“ titelte und noch vor zwei Wochen wissen ließ: „Im Augenblick ist zu viel Angst im Spiel.“ (29.02.)

Schatten und Licht

Die Braunschweiger Zeitung hat bekanntlich eine monopolähnliche Stellung auf dem Medienmarkt der Region. Deshalb kann uns ihre Haltung nicht gleichgültig sein. Und es gibt auch in der Behandlung des Themas Corona neben den beschriebenen Schatten auch einiges an Licht. Das zeigen nicht zuletzt die Leitartikel von Julia Emmrich („Der Stresstest beginnt“, 12.3.), Michael Ahlers („Zaudern hilft nicht“, 13.3.) oder der Kommentar von Katrin Schiebold („Kitas zu – gut so!“, 14.3.). Dagegen müssen der Kommentar von Lars Rücker zum Reitsportturnier am vergangenen Wochenende (!) mit 25.000 Besuchern („Welch ein klasse Classico“, BZ, 9.3.) ebenso wie die Tatsache, dass es stattfinden konnte, als weitere Tiefpunkte angesehen werden.

Wer A sagt, muss jetzt unbedingt auch B machen – die BZ könnte dabei helfen

Es kommt nun für uns alle darauf an, die Ausbreitung des Virus zu verlangsamen; die verfügten drastischen Maßnahmen sollen uns Zeit verschaffen. Diese Zeit muss aber nun auch genutzt werden, um in Braunschweig und der Region das Gesundheitswesen darauf vorzubereiten, auch mit dem zu erwartenden stärkeren Zustrom von Bürgern mit einem schweren Verlauf der Krankheit COVID-19 fertig zu werden. Die Probleme in Norditalien machen das sehr deutlich. Wer Zeit zu gewinnen versucht, sagt „A“, nun muss aber auch das „B“ kommen. Die Braunschweiger Zeitung könnte dabei eine sehr produktive Rolle spielen.

Andreas Matthies hat schon mehrere Artikel zum Thema COVID-19 für den Braunschweig-Spiegel geschrieben. Im Vergleich zur BZ sein Artikel am 10.März, einen Tag vor Herrn Schweiger (Redaktion):

Corona – Virus: Stadt Braunschweig „weiß es besser“ – und ist drauf und dran, einen großen Vorteil zu verspielen.

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