Woher wird das Holz für Biomasse-Heizkraftwerke in Deutschland kommen?

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Die Buchhorst wird auch wirtschaftlich genutzt. Foto: Hans-Georg Dempewolf

Laut einer Wikipedia-Liste (2021) nutzen 12 von den größten 15 Biomassekraftwerken in Deutschland Altholz als Brennstoff. In einer Studie „Biomasseheizkraftwerke in Deutschland bis 2020“ urteilt das Institut Trend Research zur Verfügbarkeit dieses Brennstoffs: „Bei einzelnen Holzfraktionen, wie beispielsweise Altholz, werden die zur Verfügung stehenden Potenziale bereits vollständig ausgeschöpft. …… Trotzdem planen eine Reihe von Marktteilnehmern weitere Biomasseheizkraftwerke ….. zu errichten, da sie noch ungenutzte regionale Potenziale erkennen.“ Zu letzterer Gruppe gehört offenbar BS-Energy mit dem neuen Biomasse-Heizkraftwerk, das jetzt gebaut wird. Die Planer bei BS-Energy werden sicher gut gerechnet haben, aber absolut sicher ist die Versorgung mit Altholz offensichtlich nicht.

Hamburg will einen anderen Weg gehen. Auch die Hansestädter wollen den Kohleausstieg, haben aber jetzt im Rahmen einer „Biomasse-Partnerschaft-Hamburg-Namibia“ mit Überlegungen begonnen, aus Namibia Buschholz zu beziehen, um es statt Kohle im Hamburger Kraftwerk zu verbrennen.

Was steckt dahinter? Seit Jahren wird in Namibia die Grassavanne durch ein dichtes bis 9m hohes Dickicht aus kleinen Bäumen, der Schwarzdorn-Akazie, überwuchert. Die Verbuschung überdeckt inzwischen die Hälfte der Landesfläche von Namibia und nimmt jährlich um 3% zu. Der jährliche Zuwachs beträgt 14 Mio t, davon werden lediglich 1,85 Mio t genutzt. Als Ursachen für dieses Wachstum werden genannt: andere Niederschlagsmuster durch die Klimaveränderung, Überweidung, Verhinderung der Wanderungen der Wildtiere durch Zäune, Unterdrückung von Savannenfeuern. Es ist verständlich, dass die Menschen in Namibia eine weitere Verbuschung nicht wollen und nach Abnehmern für ihr Holz suchen. Es kam zu einem Kontakt mit Hamburg. Dort wird jetzt über das Projekt intensiv nachgedacht.

Dabei werden auch Gegenstimmen laut: Ute Bertrand von der Umweltschutzorganisation Robin Wood hält von einer möglichen deutsch-namibischen Kooperation auf diesem Gebiet gar nichts: „Aus unserer Sicht ist es absurd, Holz in Namibia zu ernten, am anderen Ende der Welt, es dann zu verschiffen bis nach Hamburg. Um es dann hier zu verbrennen und in Wärme zu verwandeln.“ Die CO2-Emissionen durch den Transport würden gewaltig sein.

Auch in Namibia ist nicht jeder über das Vorhaben begeistert. Bertchen Kohrs von der Organisation Earth Life im namibischen Windhoek: „Besser wäre es doch, wenn das Buschholz Verwendung vor Ort finden würde und nicht im fernen Hamburg. Früher wurden zum Beispiel Schulmöbel aus dem Buschholz produziert. Das ist dann eingestellt worden. Stattdessen importieren wir sie aus Südafrika – und könnten sie sehr gut hier herstellen. Man könnte daraus Holzhäuser bauen und den Armen dann diese Holzhäuser geben, mit einem vernünftigen Dach über dem Kopf.“

Kohrs lebt und engagiert sich schon seit Jahrzehnten in Namibia. „Wenn das Buschholz denn verbrannt werden soll, wäre es sinnvoller, das in einem bereits geplanten namibischen Kraftwerk zu tun. ….. Man muss bedenken, dass wir mehr als 60 Prozent unseres Strombedarfs mit schmutzigem Kohlestrom aus Nachbarländern decken, der außerdem sehr, sehr teuer ist“ (Zitate vom DLF übernommen).

Andere Nutzungen, die noch in Namibia praktiziert werden, sind Viehfutter, Holzkohleproduktion und Baustoffe wie Holzkunststoff-Verbundwerkstoffe.

Was bedeutet das für uns Bürger in Braunschweig? Bisher gibt es keine Veröffentlichung von BS-Energy darüber, was geplant ist, wenn das regionale Altholz („Region“ bedeutet ein Radius von 250 km!) nicht ausreicht. 180 000 t Altholz werden jährlich benötigt. Laut Herrn Anfang (BZ 21.12.2018) sind im Braunschweiger Einzugsgebiet drei bis vier Mio t verfügbar. Demnach gibt es genug Altholz. Eine Mangelsituation sollte also nicht eintreten. Wie kommt es aber, dass die Einschätzung von Herrn Anfang total von den Ergebnissen der oben genannten Studie abweicht? Was passiert, wenn das Altholz doch knapp wird? Soll in diesem Falle Frischholz hinzugenommen werden? Eventuell importiert? Oder der Einzugsbereich vergrößert werden? Viele Fragen. BS-Energy sollte darauf antworten. Was Braunschweiger Bürger erwarten, wäre vor allem eine eindeutige Absage von BS-Energy an die Verwendung von Frisch- und Importholz.

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