Wir alle gegen rechten Terror – über 3000 auf der Demo

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David Janzen auf einer Kundgebung gegen rechte Gewalt, Juli 2019. Er und seine Familie sind auch jetzt immer noch Ziel rechtsradikaler Drohungen

Einen Monat nach dem Mord an dem Kasseler Regierungspräsidenten, Walter Lübcke, und nur wenige Tage nach der erneuten Morddrohung gegen den Sprecher des Braunschweiger „Bündnis gegen Rechts“, David Janzen, hatte das Bündnis zu einer Kundgebung mit anschließender Demonstration durch die Innenstadt aufgerufen. „Wir alle gegen rechten Terror“ war die Botschaft der Kundgebung vor den gut 3000 Menschen, die sich auf dem Kohlmarkt versammelten und anschließend durch die Innenstadt demonstrierten.

David Janzen bedankte sich für die große Solidarität, die er in den letzten Tagen erhalten hatte, und die ihm und seiner Familie den Rücken gestärkt haben. Er erinnerte daran, dass seit 1990 fast zweihundert Menschen von Rechtsterroristen ermordet wurden und nannte eine Reihe von Namen, u.a. die der Opfer des NSU. Damals sei lückenlose Aufklärung versprochen worden, aber die Realität ist eine leider andere. Vieles liege nach wie vor im Dunkeln, z.B. das Netzwerk der Unterstützer des NSU. Er zitierte Esther Bejarano mit dem Satz: „Wer gegen Rechts kämpft, kann sich auf den Staat nicht verlassen“. Das gelte leider immer noch. „Wir brauchen eine andere Haltung der Behörden“, so eine seiner Forderungen.

OB Kurt Markurth erinnerte sich, dass sich vor einiger Zeit schon einmal ähnlich viele Menschen auf dem Kohlmarkt versammelt hatten: Bei den ersten Demonstrationen und Kundgebungen gegen „Bragida“. Markurth stellte fest, dass rechte Hetze und Häme über die Opfer des rechten Terrors in der Mitte der Gesellschaft angekommen sind. Besonders deutlich hat sich dies nach der Ermordung von Walter Lübcke in Kassel gezeigt. Das sind Anschläge auf unsere Demokratie, von denen wir uns nicht einschüchtern lassen dürfen. Auch er mahnte an, dass die Behörden, wie Justiz und Gerichte konsequenter und mit mehr Mut handeln und genauer hinsehen müssen.

Sebastian Wertmüller (ver.di), forderte, eine eindeutige Haltung gegenüber rechten und faschistischen Kräften zu entwickeln und auch zu vertreten. Angesichts von Äußerungen Innenminister Seehofers („Herrschaft des Unrechts“) zur Flüchtlingspolitik oder des früheren Bundespräsidenten („mehr Toleranz nach Rechts“), sei dies nötiger denn je. Wir dürfen uns von der AfD nicht vorführen lassen und müssen rechte Dinge klar benennen. Und wir brauchen mehr Projekte gegen rechte Gewalt, so seine Forderungen.

In vielen weiteren Redebeiträgen wurde immer wieder angesprochen, sich durch rechte Gewalt nicht einschüchtern zu lassen, nicht wegzuschauen und Betroffenen den Rücken zu stärken.

„Klare Kannte gegen Rechts“ ist gefordert. Aber eben auch nicht nur in Reden, sondern besonders auch in der Politik.

In vielen Beiträgen immer wieder aufgegriffen wurde das Thema Flucht und Migration. Migranten werden nicht nur häufiger diskriminiert, sie sind auch bevorzugtes Ziel rechter Gewalt, wie die Mordopfer des NSU eindrucksvoll belegen. Aber auch Teile der Zivilgesellschaft sind ebenfalls Diskriminierung und Gewalt von Rechts ausgesetzt: So wird z.B. nicht nur die Kapitänin der Sea Watch 3, Carola Rackete, mit Mord bedroht. Auch die Richterin, die den Hausarrest Racketes aufgehoben hatte, bekommt seitdem Morddrohungen.

Kundgebung auf dem Kohlmarkt

Nach der gut halbstündigen Demonstration durch die Innenstadt, lautstark unterstützt von der Gruppe Sambattac, wurde die Kundgebung auf dem Kohlmarkt mit weiteren Redebeiträgen fortgesetzt.

Einen kurzen Bericht des NDR zur Kundgebung und Demonstration gibt es hier.

Wie dicht manchmal Ereignisse beieinander liegen können: einen Tag zuvor fand die jährliche Gedenkveranstaltung für die elf am 4.Juli 1933 in Rieseberg von den Nazis ermordeten Kommunisten und Gewerkschafter statt. In einem vom IGM-Chor „Gegenwind“ aus Wolfsburg dort vorgetragenen Song von den „Ärzten“ heißt es:

Es ist nicht deine Schuld, dass die Welt ist wie sie ist, es wär‘ nur deine Schuld wenn sie so bleibt.

Eine Mahnung und Aufforderung an alle, sich einzumischen, aktiv zu werden.

Fotos: Hans-Georg Dempewolf

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  1. […] Einen Monat nach dem Mord an dem Kasseler Regierungspräsidenten, Walter Lübcke, und nur wenige Tage nach der erneuten Morddrohung gegen den Sprecher des „Braunschweiger Bündnis gegen Rechts“, David Janzen, hatte das Bündnis zu einer Kundgebung mit anschließender Demonstration durch die Innenstadt aufgerufen. „Wir alle gegen rechten Terror“ war die Botschaft der Kundgebung vor den gut 3000 Menschen, die sich auf dem Kohlmarkt versammelten und anschließend durch die Innenstadt demonstrierten. David Janzen bedankte sich für die große Solidarität, die er in den letzten Tagen erhalten hatte, und die ihm und seiner Familie den Rücken gestärkt haben. Er erinnerte daran, dass seit 1990 fast zweihundert Menschen von Rechtsterroristen ermordet wurden und nannte eine Reihe von Namen, u.a. die der Opfer des NSU. Damals sei lückenlose Aufklärung versprochen worden, aber die Realität ist eine leider andere. Vieles liege nach wie vor im Dunkeln, z.B. das Netzwerk der Unterstützer des NSU. Er zitierte die VVN-Ehrenvorsitzende Ester Bejarano mit dem Satz: „Wer gegen Rechts kämpft, kann sich auf den Staat nicht verlassen“. Das gelte leider immer noch. „Wir brauchen eine andere Haltung der Behörden“, so eine seiner Forderungen. Auch der Braunschweiger OB Markurth stellte in seinem Redebeitrag fest, dass rechte Hetze und Häme über die Opfer des rechten Terrors in der Mitte der Gesellschaft angekommen sind. Auch er mahnte an, dass die Behörden, wie Justiz und Gerichte konsequenter und mit mehr Mut handeln und genauer hinsehen müssen. Mehr Infos zu der Demo unter https://braunschweig-spiegel.de/wir-alle-gegen-rechten-terror/ […]

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