Wie ein autokratisch reagierender Gedenkstättenleiter Kritik verbietet

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Die Stiftung niedersächsischer Gedenkstätten hatte gemeinsam mit der Gedenkstätte in der JVA Wolfenbüttel zum 2. Gedenkstättenforum eingeladen. Michael Viebig aus Halle wurde als Referent für einen Vortrag über das „Roter Ochse“ genannte Hallenser Gefängnis ange-kündigt. Der Inhalt: „Die Entwicklung des „Roten Ochsen“ von einer NS-Hinrichtungsstätte zur Gedenkstätte“. Ein Thema, das durchaus Parallelen zur Wolfenbütteler Gedenkstätte aufweist.

Sehr am Thema interessiert machte ich mich auf den Weg in die Wolfenbütteler Kommisse und, da dort auch – wie es in der Einladung heißt – diskutiert werden sollte, hatte ich mir vorgenommen, zur Arbeit der JVA-Gedenkstätte der letzten Jahre kurze kritische Anmerkun-gen zu machen.

An der nur mäßig besuchten Veranstaltung durch Wolfenbütteler Publikum nahmen auch Mitglieder der Internationalen Expertenkommission für die Gedenkstätte in der JVA Wolfen-büttel teil sowie weitere Mitarbeiter niedersächsischer Gedenkstätten. Ihre Anwesenheit hatte offenbar auch mit der Verabschiedung des Geschäftsführers der „Stiftung niedersächsischer Gedenkstätten“ Habbo Knoch zu tun, der ab April als „Professor für Neuere und Neueste Geschichte“ an die Universität zu Köln wechselt.

Zu Beginn erläuterten Habbo Knoch und Martina Staats, die neue Leiterin der Wolfenbütteler Gedenkstätte, die Umgestaltungspläne mit dem Neubau eines Seminarhauses im Gefängnisge-lände. Dieses Gebäude soll zukünftig einen einfacheren Zugang zur Gedenkstätte ermögli-chen, eine wahrhaft positive Aussicht für die Gedenkstätte. Die Zuhörer erfuhren etwas über die inhaltliche Neugestaltung der Ausstellung, die inzwischen nicht mehr zeitgemäß sei. Betont wurde auch die Form dieser Veranstaltungsreihe in der Form eines Forums mit der Möglichkeit der Kritik und der Diskussion.

Michael Viebig stellte in einem interessanten und gut verständlichen Referat die Gedenkstätte in Halle vor. Er erwähnte Inhalte, die in Wolfenbüttel zu einem Lerneffekt führen können. Nach dem ausführlichen Vortrag eröffnete Martina Staats die Diskussion. Ich erhielt an zwei-ter Stelle die Gelegenheit, meine Aussagen zu machen. Mit einem Dank an Michael Viebig für den hervorragenden Vortrag kündigte ich einen Besuch in der Gedenkstätte in Halle an und sagte aber auch, dass ich mir einen derartigen Vortrag während der letzten zehn Jahre zur Wolfenbütteler Gedenkstätte gewünscht hätte. Ich fuhr fort mit Aussagen zu den eingangs gemachten Ausführungen Habbo Knochs und begann mit der Forderung, im nächsten Gedenkstättenforum endlich auch einmal über die Geschichte der Wolfenbütteler Gedenkstätte zu berichten. Nachdem ich nur kurz auf die bedeutsame Rolle Dr. Helmut Kramers zur Entstehung der Gedenkstätte hingewiesen hatte und die inhaltliche Stagnation der Gedenkstätte erwähnen wollte, wurde ich von Habbo Knoch lautstark unterbrochen. Der Stiftungsleiter verhinderte – zum Teil mit Unterstützung einiger Mitglieder der Expertenkommission – mein Weiterreden, sodass ich meine geplante zweiminütige Stellungnahme nicht beenden konnte. Der Text meiner Ausführungen lautete:

Gedenkstätten erinnern an die Vergangenheit. Die hiesige Gedenkstätte erinnert vor allem auch an die Hinrichtungsstätte. Wir haben jetzt zwei Vorträge über externe Gedenkarbeit gehört. Ich finde, es ist an der Zeit,  über die Geschichte dieser Gedenkstätte in der Wolfenbütteler JVA beim nächsten Gedenkstättenforum zu berichten.

Sie begann in den 1980er Jahren  mit dem dringend notwendigen Kampf gegen den geplanten Abriss der Hinrichtungsstätte, den vor allem – erfolgreich und mit Hilfe ausländischer Häftlingsorganisationen – Dr. Helmut Kramer führte. Seinem aktiven Engagement ist es zu verdanken, dass daraus die jetzige Gedenkstätte entstand. Leider litt die Gedenkstättenarbeit in den letzten zehn Jahren an mangelnder Leitungskompetenz …. Unterbrechung durch Habbo Knoch. Den folgenden Rest konnte ich nicht mehr ausführen: und schädigender Stagnation. Auch die Aufsicht durch die  Stiftung Niedersächsischer Gedenkstätten enttäuschte komplett. Kritiker wurden ignoriert, besonders würdelos wurde Dr. Helmut Kramer bis in die jüngste Zeit durch hohe Verantwortung tragende Mitarbeiter der Gedenkstätte behandelt. Dazu kommt, dass Mitarbeiter der Stiftung Gedenkstätten Mitglieder der hiesigen Stolperstein-Initiative hinter ihrem Rücken bei der Stadtverwaltung Wolfenbüttel und bei Mitgliedern des Kulturausschusses in peinlicher Weise diskreditiert haben. Ich fordere die hierfür Verantwortlichen auf, in der nächsten Veranstaltung des Gedenkstätten-Forums über die Vergangenheit der hiesigen Gedenkstätte zu referieren und zu der würdelosen Behandlung von Herrn Kramer und den peinlichen Äußerungen gegenüber der Stolperstein-Initiative offen und ehrlich öffentlich Stellung zu beziehen. Angelehnt an Weizsäcker möchte ich behaupten, denn nur wenn die Vergangenheit ehrlich betrachtet und erläutert wird, kann die geplante Zukunft dieser Gedenkstätte erfolgreich werden.

Knoch begründete sein Verhalten mit der Aussage, meine Stellungnahme habe nichts mit dem Vortrag zum Roten Ochsen zu tun und sei daher unpassend. Eine erfundene Ausflucht, da es ja gerade Knoch gewesen war, der über die Wolfenbütteler Gedenkstätte gesprochen hatte. Dass die Diskussion nur zum Viebig-Vortrag geführt werden durfte, war vorher nicht bekannt gegeben worden.

Knoch wollte zudem nicht zulassen, dass der abwesende letzte Leiter der Wolfenbütteler Gedenkstätte, Wilfried Knauer, von mir öffentlich kritisiert wird. Ferner wollte er angeblich eine „Beschädigung“ des Lebenswerks Knauers verhindern. Mit diesem Verhalten legte Knoch neue Grundlagen für die Kontrolle öffentlicher Einrichtungen durch Bürgerinnen und Bürger. Im Umkehrschluss heißt das, da Knauer derartige Veranstaltungen kaum noch besu-chen wird, als Folge Kritik an der inhaltlichen Leere der letzten zehn Gedenkstättenjahre nie mehr geäußert werden könnte. Wobei erwähnt werden muss, dass Knoch von der inhaltlichen Stagnation der JVA-Gedenkstätte wusste und es unterlassen hat, hier korrigierend einzu-schreiten. Wie jemand mit diesen Zensurvorstellungen und der Einstellung, Kritik sei weit-gehend unangemessen – Knoch hat das auch an anderer Stelle mehrfach bewiesen – eine Landes-Gedenkstättenstiftung für Opfer der nationalsozialistischen Diktatur seit 2008 leiten konnte, macht deutlich, dass das Land Niedersachsen seine Aufsichtspflicht nicht genügend wahrgenommen hat. Daraus ergibt sich die Forderung an die Gremien, die die Nachfolge von Habbo Knoch zu entscheiden haben, jemand mit einem positiven Verhältnis zu Kritik einzu-stellen.

Recht peinlich war die am Schluss erfolgte öffentliche Verabschiedung Knochs als angebli-cher Förderer der JVA-Gedenkstätte Wolfenbüttel aus der die Frage resultiert, warum Wil-fried Knauer, der die Gedenkstätte zwei Jahrzehnte lang geleitet hat, nicht in ähnlicher Ehre aussprechender Weise verabschiedet worden ist.

Am 22. Mai findet um 19 Uhr in der Kommisse anlässlich des 3. Gedenkstättenforums eine Podiumsdiskussion mit Gedenkstättenfachleuten statt. Ich werde versuchen, meine beim 2. Forum verbotene Kritik dann zu wiederholen. Vielleicht habe ich Erfolg, da Habbo Knoch ab April in Köln als Professor junge Menschen ausbilden wird ……

WZ-Bericht über das 2. Gedenkstätten-Forum

 


Kommentare   
 
0 #1 inkon1 2014-10-17 19:32
Herr Knoch ist einer der kompetentesten Historiker denen ich je im laufe meines Studiums begegnet bin.
 
 

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