Faszinierendes aus den Depots des Naturhistorischen Museum Braunschweig – zu sehen bis zum 27.10.2024
Unser Naturhistorisches Museum ist vielleicht die phantastischste Wunderkammer Braunschweigs. Und die Größte sehr wahrscheinlich auch. In ihren Depots lagern mindestens 560.000 Objekte, vielleicht auch mehr.
So genau können das auch Museumsdirektor Dr. Mike Reich und sein Team nicht sagen.
Wunderkammern waren Sammlungen, vor allem im Barock und an Fürstenhöfen sehr beliebt. Natürlich auch bei den Braunschweiger Herzögen.
Unter Wundern verstand man damals bestaunenswerte und unbekannte Besonderheiten der Natur. Es ging dabei natürlich um Repräsentation, aber auch um die Idee der Erkenntnis aus der Betrachtung des Vielfältigen und Unterschiedlichen.
Heute sind die Wunderkammern zu unersetzlichen Wissensspeichern geworden, zu Eldorados von Wissenschaft und Forschung und zu einem immer noch wunderbaren Erlebnisort für interessiertes Publikum.
Wer sich also in den nächsten Monaten (bis 27. Oktober 2024) ein entspanntes und gleichzeitig faszinierendes Vergnügen gönnen und dabei womöglich auch noch Neues und Spannendes über die Vergangenheit unserer Welt und die verborgenen Schätze aus dem Museums-Depot erfahren möchte, sollte einen Besuch (auch zwei machen Spaß) keinesfalls versäumen.
Komprimiert, unterhaltsam, informationsprall, so zeigt sich die in zwei separaten Räumen auf zwei Etagen präsentierte Sonderausstellung des vor 270 Jahren gegründeten Hauses, das damit eines der ältesten Naturkundemuseen Deutschlands ist.
Es ist gut, das wir in Braunschweig auch heute noch Wunderkammern wie dieses Museum haben, eine Bewahrerin von Schätzen und Wissen, mit so vielen, teilweise noch nie gezeigten und einzigartigen Objekten, die uns Staunen machen, zum Nachdenken anregen, Vergessenes wieder entdecken lassen.
Ausgestellt sind beispielsweise die ältesten Flugsaurierknochen Niedersachsens oder 100 Millionen Jahre alte, in Bernstein eingeschlossene Eidechsen oder auch Meerestiere von der deutschen Tiefsee-Expedition Valvidia 1898/99 oder ein von Herzog Albrecht 1663 in Italien gefundener Schildkrötenpanzer.
Trauer und Wehmut lösen der versteinerte Kopf und die Krallen der im 19. Jahrhundert ausgerotteten neuseeländischen Großvogelart Moa aus.
Wunderbar perfekte Glas-Nachbildungen von Käfern, Korallen, Quallen aus dem 19. Jahrhundert machen Staunen vor so viel handwerklich-künstlerischer Präzision.
Vor Millionen Jahren versteinerte Tintenfische aus der Kreidezeit, in den 1950er und 60er Jahren gefunden dort, wo heute die Braunschweiger Milleniumshalle steht, machen unsere globale Erdgeschichte zu einem sozusagen lokalen Faszinosum.
Dr. Mike Reich, Leitender Museumsdirektor, sorgt sich allerdings um die teilweise sehr schlechte, sehr beengte Depot-Situation, wo viele Exponate in Fleurop-Kartons aus den 1950ern und in anderen, nicht wirklich geeigneten Behältnissen lagern, wo durch fehlende Klimatisierung wertvolle Sammlungen von kälte- oder wärmeempfindlichen Objekten gefährdet sind, wo nicht nur die dringend notwendige Katalogisierung an der Budget- und Personalsituation scheitert und wo sich die 3Landesmuseen bei der immer wichtiger werdenden Erforschung kolonialer Kontexte die Kompetenz des Provenienzforschers Dr. Hansjörg Pötzsch untereinander teilen müssen.
So ist diese Ausstellung in gewisser Weise auch ein Hilferuf des Museums. Die vielen im Depot gesammelten Welt- und Wissensschätze brauchen mehr Aufmerksamkeit und natürlich Budget, damit sie uns weiter erhalten bleiben, damit sie erforscht werden, damit die Fülle dieses weitgehend noch verborgenen Wissensspeichers stärker genutzt werden kann.
Diese wunderbare, kleine Sonderausstellung ist ein sehr gelungener Hilferuf und gibt einen sehr sehenswerten und unterhaltsamen Eindruck von den verborgenen Schätzen unseres Naturhistorischen Museums Braunschweig.
https://3landesmuseen-braunschweig.de/staatliches-naturhistorisches-museum/besuch/besuchsinfos