USA gegen China: Ein neuer Kalter Krieg hat begonnen (Teil I)

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USA - China Graphik: B.K.

Wenn in China ein Sack Reis umfällt, ist das ein bedeutungsloser Vorgang, der uns völlig egal sein kann. China ist so weit weg, dass das Geschehen dort sowieso nichts mit uns zu tun hat – denkt so mancher hierzulande. Leider mehren sich die Zeichen, dass dies eine krasse Fehleinschätzung ist. Schon warnt der Generalsekretär der UNO, Guterres, vor einem „neuen kalten Krieg“ zwischen den USA und China. Ben Hodges, immerhin Oberkommandierender der US – Landstreitkräfte in Europa bis 2017, wird noch deutlicher: Er halte einen (heißen) Krieg zwischen den USA und China zwar nicht für unvermeidlich, aber doch für sehr wahrscheinlich. Nach einem Zeitpunkt befragt, erklärt er: „In 15 Jahren“.

Die USA arbeiten seit ein paar Jahren zielstrebig daran, den Konflikt mit China zu verschärfen. Die US-amerikanische Elite nimmt den wirtschaftlichen Aufstieg Chinas und den damit verbundenen politischen Machtzuwachs als Bedrohung der Vorherrschaft der USA wahr; nach dem Ende des alten Kalten Krieges hatten sie als einzig verbliebene Supermacht eine überragende Machtposition errungen; durch ihre eigene Politik der massiv zerstörerischen, in der Regel erfolglosen Militärinterventionen hat sie aber selber diese eigene Machtposition geschwächt. Umso mehr erscheint nun jeder Fortschritt und jede Stärkung Chinas aus der Perspektive der Elite der USA als weiterer eigener Verlust. Deshalb haben die USA den Kampf gegen China auf vielen verschiedenen Ebenen aufgenommen. Sogar den Papst wollte Außenminister Pompeo kürzlich bei einem Italienbesuch einspannen. Allerdings ohne Erfolg: eine Audienz wurde ihm verweigert (FAZ, 1.10.20).

Die friedliche Alternative zu dieser Politik der Konfrontation, nämlich Konflikte durch Ausgleich der unterschiedlichen Interessen auf dem Verhandlungswege zu lösen und gemeinsame Lösungen für die Probleme der Welt (wie etwa den Klimawandel) zu suchen, eine solche Alternative wird von den derzeit bestimmenden Kräften der USA nicht einmal im Ansatz erwogen.

Und hier kommen „wir“ ins Spiel. Die USA versuchen ein breites Anti–China–Bündnis zu schmieden – auf ihre Art, und die hat viel mit Druck zu tun. Nicht zuletzt die Europäer sollen gezwungen werden, sich gegen China in Position zu bringen.

Vorwürfe der USA gegenüber China – eine Auswahl

Die US – Regierung müht sich seit einige Zeit, das eigene Volk davon zu überzeugen, dass China ein schlimmer Feind ist, der aufgehalten werden muss. Leider kann sie dabei einigen Erfolg verzeichnen. Zum Aufbau einer internationalen Front gegen China sollen nun auch andere Staaten vom üblen Charakter dieses Staates und seinen gefährlichen außenpolitischen Zielen überzeugt werden. Entsprechenden Vorwürfe gibt es inzwischen zuhauf, fast im Wochentakt kommen neue hinzu. Hier nur eine kleine Auswahl:

China ist schuldig an der Corona – Pandemie, China-Virus, China-Seuche“ (US-Präsident Trump)

China bedroht unser Volk und unseren Wohlstand“ (US-Außenminister Pompeo)

China will uns seine Werte aufzwingen, es unterwandert die westlichen Demokratien“

(Wissenschaftlerin Ohlberg beim German Marshall Fund, Buch „Die lautlose Eroberung“)

China will das internationale System im eigenen Interesse umgestalten, es fordert die liberale internationale Ordnung heraus“ (Klaus Segbers, FAZ 21.7.20)

China ist zu einer imperialen Macht geworden, die nach globaler Vorherrschaft strebt“

(EU-Außenbeauftragter Joseph Borrell, FAZ 14.9.20)

Ein beachtlicher Teil dieser und anderer Vorwürfe besteht aus reiner Propaganda. Aber natürlich kann man bei keiner Großmacht die Gefahr des Missbrauchs der neu gewonnenen Macht ausschließen. Das zeigt das Beispiel der USA seit mehr als 100 Jahren überdeutlich. Und das, obwohl dort die Bürger sehr viel mehr Bewegungsspielraum haben als etwa in China. Den Irakkrieg ihres Staates haben sie ebenso wenig aufhalten können wie seinerzeit den Vietnamkrieg. Selbst Demokratien sind also keineswegs immun gegen Machtpolitik und imperialistische Gelüste. Es ist also nur klug, bei jedem Staat mit der Möglichkeit zu rechnen, dass Macht missbraucht werden kann, und sich entsprechend einzurichten – auch in Bezug auf China.

Kalter Krieg zwischen USA und China – Welche Position soll Europa anstreben?

Die Europäer müssen nun aber überlegen, ob sie sich widerspruchslos den USA auch in dieser Frage unterordnen wollen. Oder ob es nicht besser wäre, eine eigenständige und selbst bestimmte Politik gegenüber China zu verfolgen. Immerhin gibt es enge wirtschaftliche Beziehungen zu China, von denen nicht zuletzt die deutsche Wirtschaft stark profitiert. Josef Braml, Amerika-Experte der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik, bezeichnet deshalb Deutschland als „Dual Options“-Land, das weiter umfangreiche wirtschaftliche Beziehungen sowohl zu den USA als auch zu China pflegen wolle. Er geht davon aus, dass die USA nun aber mit viel Druck ein „entweder – oder“ durchsetzen wollen.

Auch politisch wäre eine Unterstützung des amerikanischen Konfrontationskurses mit erheblichen Gefahren und Nachteilen für die Europäer verbunden – und nicht zuletzt für die ganze Welt. Denn durch eine erneute Spaltung der Welt würden wichtige Ressourcen sinnlos verschleudert, die zur Lösung gemeinsamer Probleme dringender denn je gebraucht werden. Und die steigende Kriegsgefahr drohte sogar das schon Erreichte rückgängig zu machen.

Immerhin haben es die Europäer schon einmal geschafft, die nutzlose und brandgefährliche Konfrontation zweier Supermächte durch Entspannungspolitik zunächst zu entschärfen und schließlich ganz abzubauen. Davon ließe sich lernen – wenn man es will.

Folge II: Wie es gelang, den alten Kalten Krieg zu überwinden

1 Kommentar

  1. Sehr gut, hier das Thema aufzugreifen.

    Übrigens referiert Werner Rügemer am Freitag, 9.10.2020 in der Brunsviga zum Thema

    Freitag, 9. Oktober 2020, 19.00 Uhr
    Brunsviga, Karlstraße, Braunschweig
    (Diese Veranstaltung wird unter Beachtung der geltenden Hygieneregeln durchgeführt!)

    „Chinas Aufstieg zur erfolgreichsten Wirtschaftsmacht ist insbesondere für die USA provozierend. Ein Wirtschaftskrieg wird geführt, die militärische Aggressivität der USA nimmt zu. Der Systemkonflikt ist nicht neu. Ein Blick zurück ins 19. Jahrhundert und auf das Verhalten der Kolonialmächte hilft, ihn zu verstehen.“

    Siehe:

    https://braunschweig-spiegel.de/der-neue-systemkonflikt-zwischen-dem-us-gefuehrten-westen-und-der-volksrepublik-china/

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