TROUGH THE LOOKING GLASSES : MORGAINE SCHÄFER

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Museum für Photographie Braunschweig

Die installativ auf die Museumsräume des Museums für Photographie hin konzipierte Ausstellung stellt vom 04. Februar bis zum 09. April 2023 das fotografische und auch medienübergreifende Werk von Morgaine Schäfer (*1989) vor.

“Through the Looking Glasses  – Alice hinter den Spiegeln”, so heißt der von Lewis Carroll verfasste, namensgebende zweite Teil seines Kinderbuch-Klassikers “Alice im Wunderland”.

Die in Wolfsburg geborene und aufgewachsene Morgaine Schäfer hat Alice, ihren Blick hinter die Spiegel der angenommenen Wirklichkeit und ihre phantastischen Begegnungen als Inspiration für die eigene künstlerische Arbeit genommen, wo sie sich mit  Herkunft, Geschichte, Rolle, den Einflüssen von Kultur, Religion, Familienstruktur, Politik auf die eigene Identität auseinandersetzt.

Ihre polnische Mutter, ihr deutscher Vater, die vielen Tanten, Onkel, Cousinen und Neffen, ihr Aufwachsen mitten zwischen den damals noch kaum angeglichenen Lebenswelten von Ost und West, all das hat Morgaine Schäfer inspiriert, mit den Familien-Dias aus dem Bildarchiv ihres Vaters zu arbeiten, dabei für sich neue Möglichkeitsräume zu entdecken und zu öffnen, mit neuen biografischen Fragestellungen einen eigenen Übergang vom Privaten ins Künstlerische zu finden.

Morgaine Schäfer, magnify BWS 1089 (window), 2020 © Morgaine Schäfer und VG Bild-Kunst, Bonn 2023

So  entwickelt sie mit und hinter den Motiven der Dias, von ihrem Vater meist in den 1970er Jahren aufgenommen, durch die individuelle künstlerisch-fotografische Bearbeitung,  wie z.B. ausschnitthafte Smartphone-Vergrößerungen, immer neue Wirklichkeiten und lässt für uns verblüffende mediale Spannungsfelder entstehen.

Morgaine Schäfer, magnify BWS 1049 (Woman walking while thinking), 2020 © Morgaine Schäfer und VG Bild-Kunst, Bonn 2023

Mit den kulturell und historisch determinierten Bezügen zur eigenen Familiengeschichte thematisiert  sie  gleichzeitig auch stellvertretend  Aspekte der weiblichen Identität.  Besonders fasziniert haben sie wohl  Frauen aus der Familie ihres Vaters, die am Anfang des vorigen Jahrhunderts im Henrietten Stift in Hannover als Diakonissen ihren christlichen Dienst am Nächsten geleistet haben.

Morgaine Schäfer erläutert eine ihrer Diakonissenhauben-Installationen. Foto: Martin Brandes

An der wandbreiten, spannend-kreativen Recherche-Zettelwand zum Diakonissen-Thema, die einen wichtigen Teil der Ausstellung ausmacht, kann der Besucher sich die kreativen Prozesse erlesen und erleben, die Morgaine Schäfer schließlich sogar dazu gebracht haben,  die (ebenfalls ausgestellten) Hauben der Diakonissen als Installationen nachzunähen.

Morgaine Schäfer selber sagt über ihre Arbeit: “Die erste Annäherung an diese Thematik war das fotografische Selbstporträt. Durch den Rückgriff auf die Bildkomposition der Malerei des 18./19. Jahrhunderts und die antiquierte Technik des Dia-Positivs fand ich eine Möglichkeit, Familiengeschichte als Attribut und Verweis auf Herkunft und Identität in Darstellung zu bringen. Mein künstlerisches Anliegen an meine Bilder und Installationen ist es, gesellschaftliche und kulturelle Einflüsse darzustellen. Mir ist es wichtig, über Themen wie Herkunft, Geschichte und Rolle zu sprechen und mich für eine Auseinandersetzung zu engagieren”.

Morgaine Schäfer – Pinnwand für das Diakonissen-Projekt. Foto: M. Brandes

Für Museumsbesucher*in ist es natürlich auch schön wenn, über all die gesprochene und geschriebene Katalog- und Intentions-Poesie hinaus,  die künstlerischen Arbeiten aus sich selbst heraus begeistern und es  zu einem sinnlichen Betrachtungserlebnis und einer persönlichen, spannenden und kreativen Auseinandersetzung kommt.

Und Morgaine Schäfer gelingt das wunderbar. Ihre fotografischen Arbeiten, ihre Installationen entwickeln durch das Anschauen eine berührende Kraft und Intensität und tatsächlichen sehen wir plötzlich die anderen Wirklichkeiten hinter dem Spiegel.

Die spannende Ausstellung verführt nicht nur zum Wiederkommen, sondern verlockt manchen vielleicht auch dazu, alte Familienfotos und Dias nochmal genauer anzuschauen und neu zu bewerten.

Zur Ausstellung sind auch zwei Editionen erschienen. Informationen darüber und über Führungen und  andere Angebote auf der Website des Museums. http://www.photomuseum.de/museum-fuer-photographie/

Die Ausstellung ist ein Kooperationsprojekt mit dem Kunstverein Wolfsburg.

Die Ausstellungslaufzeit dort: 24.02. – 07.05.2023

Die Eröffnung in Wolfsburg ist am 23.02.2023

https://kunstverein-wolfsburg.de

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