Quatsch im Internet

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Satire in Braunschweig, gar noch kritische gegenüber der Stadtverwaltung oder, noch schlimmer, dem Oberbürgermeister Dr. Gert Hoffmann, darf nicht sein. Es ist schlimm genug, dass es überhaupt kritische Stimmen am politischen Vorgehen in der Löwenstadt gibt – sich aber auch noch darüber lustig machen: geht nicht. Geht gar nicht!

Also erhielt ein gewisser Herr Georg Jahnsen verdienterweise Anrufe aus der Stadtverwaltung, doch bitte seinen ironischen Text zum Thema „Wildpinkeln“ aus dem Internet, dem bösen unkontrollierbaren, zu entfernen, weil ihm sonst eine Strafanzeige drohe. Mitarbeiter der Stadtverwaltung hatten – unklar, ob aus vorauseilendem Gehorsam, auf Anweisung oder aus Langeweile – relativ zeitnah folgende Internetseite entdeckt:

Top-5-Pissecken in Braunschweig

http://kompetenzmonopol.blogspot.com/2008/03/top-5-pissecken-in-braunschweig.html

Da macht sich dieser Herr Jahnsen also über Braunschweig lustig! Das, so der berechtigte fernmündliche Aufruf bei dem respektlosen Satiriker, solle er stante pede löschen. Ein völlig normales Vorgehen – umso verwunderlicher, dass Herr Jahnsen sich wunderte und mit der Sache an die Öffentlichkeit ging. Die teilte offenbar seine Meinung. Bevor die Öffentlichkeit nun möglicherweise mit Bomben warf – man kennt ja den Mob –, reagierte die Stadt vorsichtig-erschrocken und prompt, nein: ließ reagieren:

OB stoppt Vorgehen gegen Internet-Satire

http://www.presse-service.de/data.cfm/static/761776.html?CFID=10259026&CFTOKEN=66018500

Also war dies vorauseilendes Gehorsam des Stadtmitarbeiters, denn ein Gert Hoffmann lässt sich doch nicht durch „jeden Quatsch im Internet“ ins Bockshorn jagen. Der Mann hat doch Rückgrat, diese Deutsche Eiche wirft doch eine sich an ihm reibende Wildsau nicht um. Im hinterhereilenden Gehorsam nahm die Braunschweiger Zeitung das Thema dankbar auf und zeigte mit nacktem Finger auf angezogene Leute, hier: Hartmut El Kurdi und die nicht namentlich genannten Lord Schadt und Georg Jahnsen:

Stadt drohte Autor von „Pinkel“-Satire
http://www.newsclick.de/index.jsp/menuid/2048/artid/12181258
BZ-Redakteur Norbert Jonscher nimmt dem brandgefährlichen Satire-Artikel aus dem noch viel gefährlicheren Internet die Brandgefahr, indem er ihn auszugsweise zitiert. Dieser Blogger ist jetzt aber hoffentlich gewarnt: Ihm kann Schlimmes drohen. So wie den zwei beiden, die es vor ihm versuchten, der Stadt unflätig ans Bein zu pinkeln.
Hier sei Jonscher zitiert:
„Bereits 2007 hatte es einen Eklat mit dem Satiriker Hartmut El Kurdi gegeben, der dabei den Kürzeren zog und nach Hannover umsiedelte.“

Jawohl, Eklat! Dieser dahergelaufene (Kassel, Hildesheim) Araber war gerade mal geduldet in Braunschweig, und dann redet er dauernd schlecht Zeugnis wider seinen Hoffmann – das musste mit einem Auftrittsverbot an städtischen Stätten belegt werden! Um seine Mitarbeiter vor diesem Unflat zu schützen, verbot Hoffmann ihnen außerdem, an El Kurdis Veranstaltungen teilzunehmen. Recht so! Klar zog der Kurdi erst den Kürzeren und dann weg. Leider fand der Herr Kurdi in der vermeintlichen Landeshauptstadt Hannover liberale Fürsprecher, die den Sachverhalt ganz anders und natürlich viel falscher darstellen als die BZ:

Der Exilautor
http://www.haz.de/layout/set/gallery/Hannover/Serien/Zu-Hause-in-Hannover/Schreiben-Lesen-und-mehr/Der-Exilautor

Sogar der Deutsche Kulturrat rügte Hoffmann, steht bei Wikipedia geschrieben (http://de.wikipedia.org/wiki/Hartmut_El_Kurdi) – wo soll das hinführen, wenn jeder, der gar nicht in Braunschweig wohnt, besser weiß, was in der Stadt geschieht, als die lokale Presse! À propos, weiter in Jonschers Text:

„Ebenfalls im Internet hatte ein Stadt-Mitarbeiter im August 2009 einen Aufruf zum spontanen Massen-Picknick auf dem Schlossplatz entdeckt. Die Verwaltung wies den Organisator vorsorglich auf die Sondernutzungssatzung hin. Daraufhin wurde das sommerliche Grillen vor dem Schloss abgesagt. Folge: Bundesweit warfen Medien der Stadt Provinzialität und Kleinkariertheit vor.“

Erneut ein gelangweilter Stadt-Mitarbeiter beim Surfen erwischt – aber mit gutem Ergebnis: Damit ist schon wieder ein Angriff auf den Stadtapparat vereitelt worden! Doch auch hier weiß externe Presse wieder angeblich so viel mehr als die BZ. Zum Beispiel den Namen des Flashmob-Aufrufers und weitere Hintergründe:

Party-Angst in Braunschweig – Furcht vor dem Flashmob
http://www.spiegel.de/netzwelt/web/0,1518,638616,00.html

Die BZ hat natürlich vollkommen Recht, wenn sie schreibt, der Aufrufer habe seine Einladung zurückgezogen:

http://board.bs-netz.com/viewtopic.php?p=11222

Da beugt sich der Pöbel der Macht! Richtig so. Und doch schlägt der Mob dem Mächtigen ein Schnippchen – und erscheint trotzdem vor dem herrlichen Residenzschloss! Zu dumm, dieses Volk, kann nicht mal lesen! Ein guter Grund für Jonscher, das zu verschweigen – sonst könnte beim BZ-Betrachter glatt der Eindruck entstehen, es sei doch die Stadt, die jedes Mal den Kürzeren zog. Da muss man sich als BZ auch nicht daran erinnern können, dass man selber davon berichtet hat:

Friedlicher Mob in Picknicklaune
http://www.newsclick.de/index.jsp/menuid/2044/artid/10761510

Und dann, gerade war Ruhe eingekehrt: Schon wieder so ein Quatsch aus dem Internet! Aber bevor die Stadt wieder ihre herrliche Stärke demonstrieren kann, verbietet sie – das Verbot! Lieber Herr Hoffmann: Was passiert wohl, wenn jeder selbsternannte Satiriker seine halbgare Meinung sagen darf? „Ich habe meine Mitarbeiter angewiesen, in Zukunft nicht jeden Quatsch im Internet aufzuspüren“, sagen Sie in ihrer milden Güte. Der von Jonscher nicht genannte Georg Jahnsen reagiert darauf wie folgt: „Herrlich! Danke dafür. Ich reagiere darauf allerdings etwas später – kann mich schließlich nicht sofort um jeden Quatsch kümmern, der aus dem Rathaus kommt.“

Seine Reaktion findet sich hier:

http://kompetenzmonopol.blogspot.com/2010/05/modethema-wildpinkeln.html

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