Quarantäne-Listen für die Polizei

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Aus Netzpolitik org. (Symbolbild) Gemeinfrei Engin Akyurt

Gemäß einem Erlass des niedersächsischen Sozialministeriums vom 31.3.2020 müssen die Gesundheitsämter die Anschriften der unter häuslicher Quarantäne stehenden Personen an die Polizeidienststellen melden. Damit setzt sich die Landesregierung über die Einschätzung der Landesdatenschutzbeauftragten Barbara Thiel hinweg. Die Polizei nutzt die Listen u.a., um mit den übermittelten Daten Strafanzeigen zu stellen. Wie Netzpolitik.org u.a. mitteilt, steht der neue Erlass unter Verschluss.

Der Jurist Thilo Weichert, Mitglied im Vorstand der Deutschen Vereinigung für Datenschutz, rät allen Betroffenen gegen das niedersächsische Sozialministerium Strafanzeige wegen der Weitergabe sensibler Gesundheitsdaten zu stellen, was u.a. gegen die ärztliche Schweigepflicht verstößt. Aktuell würde das heißen, dass damit das Recht auf Datenschutz für weit mehr als 10.000 Menschen in Niedersachsen gebrochen wird, sowohl für Erkrankte als auch für Gesunde – denn bis heute sind in Niedersachsen 8100 Menschen positiv auf den Coronavirus getestet.

Wozu haben wir eine Landesdatenschutzbeauftragte“, sagte Marco Genthe, innenpolitischer Sprecher der FDP-Fraktion im Landtag. Ähnlich sieht das die innenpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion Susanne Menge. Sie fordert, die Weitergabe der Daten auszusetzen, bis eine Lösung gefunden ist, gemeinsam mit Thiel. Der rot-schwarzen Landesregierung, insbesondere der Sozialministerin, Dr. Carola Reimann (SPD), wirft sie vor, Entscheidungen wie diese vorbei am Parlament zu treffen. „Auch in einer Krisenzeit kann man nicht plötzlich autokratische Strukturen durchsetzen“, so in Netzpolitik.org.

Solche Quarantänelisten sollten auch in Baden-Württemberg, Mecklenburg-Vorpommern und Bremen an die Polizei weitergegeben werden. Angeblich haben Bremen und Baden-Württemberg nach Einspruch der Datenschutzbeauftragten davon wieder abgesehen.

Kommentar

Alle aktuellen Umfragen weisen darauf hin, dass die Bürger sich weitgehend an die strengen Auflagen der Behörden halten, damit sich die Ausbreitung des Corona-Virus Covit 19 in verantwortbaren Grenzen hält. Die Zustimmungsraten auch für die massive Einschränkung der Bürgerechte sind sehr hoch. Das zeugt von einem hohen Vertrauen der Bürger dem Staat gegenüber. Das entscheidende Stichwort ist Vertrauen. Warum braucht Niedersachsen ein solches „Polizeigesetz des Misstrauens“ am Datenschutz vorbei? Um die Rechtsbrecher zu jagen, die zum Teil eine schlimme Erkrankung durchgemacht haben und froh sind davongekommen zu sein? Warum das Misstrauen von Seiten des Staates. Was ist das für eine Menschenbild im Sozialministerium?

Diese Corona-Krise, die uns auf allen politischen Ebenen noch Jahre beschäftigen wird, wird nicht nur mit politischer Konfrontation zu meistern sein. ie Bereitschaft der Bürger wird an allen Ecken und Enden gebraucht werden. Warum wirft Frau Reimann den politischen Fehdehandschuh in den Corona-Ring und zeigt den Bürgern Misstrauen? Das ist politische Unsensibilität und Schwäche auf hohem Niveau.

Jede Bürgerin und jeder Bürger sollte sich vor diesem Hintergrund genau überlegen, ob eine zu erwartende „Corona-App“ installiert werden soll. Bei so wenig Sensibilität von Seiten der Behörden ist die Frage erlaubt, ob die persönlichen und Gesundheitsdaten nicht schon morgen auf Polizeilisten und sonstwo auftauchen.

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