Braunschweigs umstrittenster Unternehmenserbe, der Münz-, Briefmarken- und Devotionalienhändler, Richard Borek III, soll neuer Ehrenbürger der Stadt werden. Noch bevor Verwaltungsausschuss und Rat überhaupt über die Ernennung entschieden haben, veröffentlicht die Ratsverwaltung bereits heute die Ernennungsurkunde plus Laudatio im Internet.
„Der Rat der Stadt Braunschweig hat in seiner Sitzung am 25. Juni 2019 beschlossen, Herrn Richard Borek, in Anerkennung seiner besonderen Verdienste um die Stadt Braunschweig das Ehrenbürgerrecht zu verleihen“, verlautbarte das städtische Referat Kommunikation mit Pressemitteilung vom heutigen Tage (12. Juni 2019). Offenbar ist der Beschluss schon festgezurrt, und das demokratisch gewählte Gremium Rat soll gar nicht mehr befragt werden.
Auch der Verwaltungsausschuss wird schlicht übergangen. Er soll eigentlich am 18. Juni 2019, mithin in 6 Tagen, über die Ehrenbürgerwürde für Herrn Borek entscheiden. Die Sitzung kann abgesagt werden, das Ergebnis steht ja schon fest.
„Herr Richard Borek hat sich in den vergangenen Jahrzehnten durch zahlreiche aussergewöhnliche Initiativen in vielen Bereichen des städtischen Lebens eingebracht. … Der Rat der Stadt Braunschweig würdigt die hervorragenden Leistungen eines Mannes, der über viele Jahre hinweg mit seinen reichen Erfahrungen vorbildlich zum Wohle und zum Nutzen der Stadt gewirkt hat“, steht schon jetzt in der Lobesrede von Oberbürgermeister Ulrich Markurth (SPD), die der Rat allerdings noch gar nicht gebilligt hat.
Weiß der OB eigentlich, wen er da ehren soll? Borek macht unter Anderem Kasse mit der „Buch-Sensation: Das Dritte Reich exklusiv bei Richard Borek“ oder der „Briefmarkensensation: Ein völlig neuer Blick auf das Dritte Reich für nur 14,95 €“. Auch die „Buch-Sensation zum 80. Jahrestag des Beginns des 2. Weltkriegs“ ist in der Reihe „Borek Berichte“zu erwerben. Der Mann gehört nicht geehrt, sondern verklagt. Wegen Verherrlichung des Nationalsozialismus.
Nach Fehlgriffen in der Vergangenheit (Adolf Hitler, Hermann Göring oder Baldur von Schirach) und der jüngsten Neuzeit (VW-Zampano Ferdinand Piech), soll am 25. Juni 2019 mit der Ehrenbürgerwürde offenbar einem Mann Ehre gezollt werden, dessen Mäzenatentum Geschmäckle hat: Die für seinen privaten Vorgarten in einem östlichen Villengebiet viel zu groß geratene „Christentumssäule“ (der verstorbene Schöpfer und Kunstprofessor Weber sprach von 100.000,- € Honorar), wurde kurzerhand an die Stadt „gespendet“. So liess sie sich steuerlich absetzen. Für die „geschenkte“ Quadriga auf dem Dach des Kaufschlosses kassiert eine Borek-Firma die Eintrittsgebühren der BesucherInnen. Die denkmalgeschützten Liegenschaften von Richard III. am Ackerhof/Ölschlägern/Langedammstraße verfallen seit 5 Jahren. Denn das Land Niedersachsen hat dem angeblich altruistischen Unternehmer noch keine Deckung der Förderung zur Sanierung zugesagt. Am Leonhardplatz macht eine Borek-Gesellschaft gerade aus einem denkmalgeschützten Ensemble („Polizeireithalle“) eine uniformierte Betonimmobilienbrache.
„Generationenübergreifend sollen hier einmal behinderte und nicht behinderte Menschen wohnen, leben und arbeiten. Dieses Projekt wird damit zu einem Leuchtturm moderner inklusiver Stadtteilentwicklung“ rühmt indes die Stadtverwaltung (Pressemitteilung vom 12. 06. 2019) das Engagement „der Richard Borek Stiftung“ im Quartier St. Leonhard. Und ausserdem lobt sie: Borek hat Friedhöfe saniert. Richard Borek habe das Landesmuseum „bei dem Erwerb von Sammlungsbestandteilen finanziell unterstützt“. Und die Richard Borek Stiftung habe sich „massgeblich in den Wiederaufbau des Residenzschlosses und die Einrichtung des Schlossmuseums eingebracht“.
Als das eröffnet wurde, sass noch Ex-OB, Gert Hoffmann, auf der Ehrentribüne neben seinem „guten Freund Richard“. Inzwischen hat der umtriebige Briefmarkenhändler offenbar neue Freunde im Rathaus gefunden.