Obst und Gemüse auf dem Friedhof

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Hier könnte eine ökologisch wertvolle Streuobstwiese gedeihen. Der Soldaten-Friedhofsmost fände sicher Abnehmer. Foto: Uwe Meier

Auf dem Braunschweiger Hauptfriedhof sorgt ein Grab für Diskussionen. Anstatt bunte Zierpflanzen wie Begonien und Salvien oder gar kleine Koniferen und Laubgehölze ist es mit Obst- und Gemüsepflanzen bepflanzt. Skandal rufen viele. Das ist doch pietätlos von Omas Grab Erdbeeren, Radieschen oder Kürbis zu ernten. Doch nicht nur in Braunschweig ist diese Bepflanzung zu sehen, auch in anderen Städten sorgen Obst und Gemüse vom Grab für Kontroversen.

In Braunschweig sorgten in den vergangenen Wochen Kürbispflanzen, ein Apfelbaum, Stachelbeeren, Johannisbeeren und Rote Beete auf einem Grab für Berichterstattung. Sogar Hallo Niedersachsen berichtete über das Gemüse auf dem Grab. Und was sagt die Friedhofsordnung? Kein Problem, Pflanzengattungen und Arten werden nicht vorgeschrieben. Einzige Bedingung sei es, dass die Pflanzen nicht auf benachbarte Gräber wuchern.

Und was sagt die Kirche? Die hat auch kein Problem, im Gegenteil „Der Kürbis symbolisiert das pralle Leben. Gottes Beziehung endet nicht an Gräbern, sondern reicht weiter. Das ist uns als Kirche sehr wichtig und das hier ist ein Ort des Lebens“, erläutert der stellvertretende Probst Braunschweigs Peter Kapp. Der Friedhof ist genauso bunt wie die Welt“, fügt Wilhelm Klose, Friedhofsverwalter in Braunschweig hinzu.

Kritik wird laut

Vom NDR befragte Besucher meinten: „Friedhöfe und Obst- und Gemüseanbau gehören nicht zusammen“, so die Meinung einer Leserin der BZ. „Dagegen spricht die Nutzung. Ich möchte kein Gemüse oder Salat vom Grab essen wollen“, so ein Friedhofsbesucher in Braunschweig in Hallo Niedersachsen.

Wien ist Trendsetter, Braunschweig sollte folgen

Einen Schritt weiter geht man in Wien. Auf dem Matzleinsdorfer Friedhof verpachtet Friedhofsverwalter Walter Pois Grabflächen, die nicht mehr von Angehörigen gepflegt und betreut werden für 75 Euro im Jahr an Urban-Gardening-Fans. Das könnte auch für Braunschweig eine gut nutzbare Möglichkeit sein, den Hauptfriedhof sinnvoll zu nutzen. Endlich Leben auf dem Friedhof auf Flächen, die hoch geeignet sind für Obst- und Gemüseanbau.

Die Friedhofskultur hat sich in den vergangenen 40 Jahren massiv geändert. Immer mehr Feuerbestattungen mit kleinen Grabstellen. Viele Gräber werden aufgegeben, auch weil die Menschen mobiler geworden sind und nicht mehr dort wohnen, wo ihre toten Anverwandten liegen. Große Flächen liegen brach. Also, entweder Bioanbau von Obst- und Gemüse oder/und Insektenweiden für den Naturschutz. Ein Friedhof darf nicht tot aussehen, er muss lebendig sein. Eher sollte man die Plastikblumen verbannen, denn die sind tot, haben nie gelebt und werden nie leben.

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