Auf der Jasperallee beginnen zur Zeit Arbeiten am Abwasserkanalsystem. Dafür wurde eine Grünfläche vor der Paulikirche zerstört und zur Abstellfläche für Bürocontainer und Material.
Laut Stadtentwässerungs-GmbH sei dies “der geringste Schaden“. Die Grünfläche solle laut Fachbereich Stadtgrün und Sport ohnehin verändert werden. Eine Stellungnahme von dort steht noch aus.
Was bedeutet „geringster Schaden“? Für den Projektverantwortlichen, Weiß, ist das die „ohnehin schwierige Parksituation im östlichen Ringgebiet“, die durch die Bauarbeiten verschärft werden würde, wenn Container und Material auf den Parkflächen stünden.
Aus der Perspektive der Autofahrer/-innen mag das stimmen – eine lästige Unbequemlichkeit für einen überschaubaren Zeitraum. Nur, wie sieht es aus einer anderen Perspektive aus? Für die Insekten und Vögel, die dort ihre Nahrung suchen und denen viel zu wenig Lebensraum in der Stadt gewährt wird, ist auch die zeitweise Zerstörung einer Grünfläche lebensbedrohlich.
Die Insekten, die ihre Eier in den Boden oder an die Pflanzen gelegt haben, haben eine ganze Generation verloren. Die Vögel finden weniger Insekten, mit denen sie sich und ihre Jungen ernähren können. Dies ist eine existentielle Bedrohung.
Einige Anwohner/-innen sind traurig über die Zerstörung. Eine Sechsjährige sagte entsetzt: „Die schönen Blumen, die machen die ganzen Blumen kaputt!“ Andere haben bei der Stadt Beschwerde eingelegt. Das Fazit der Stadt: Parkplätze seien wichtiger als Grünflächen. Ein möglicher Protest von Autofahrenden wird gefürchtet. Das klingt nach dem Weg des geringsten Widerstandes.
Pflanzen und Tiere haben nicht die Stimme, die sie brauchen. Das sehen wir bei der Zerstörung dieser kleinen Welt genauso wie bei der Zerstörung großer Flächen auf unserem Planeten. Deutlich ist, dass wir unsere kleineren Mitwesen nicht schätzen. Es wird Zeit, dass die Zerstörung von Natur jeglicher Art, egal ob „wild“ oder städtisch, ein fettes Preisschild bekommt!
Ein Aspekt wird auch zu wenig gesehen: Wir brauchen Dinge, auf denen unser Auge gerne ruht, etwas, das uns beim Anschauen Freude bereitet. Gerade in der Pandemie, die uns schon seit einem Jahr fordert und belastet, brauchen wir freudige Momente. Die Vögel und die Schmetterlinge, Hummeln, Käfer und Wildbienen, die die blühenden Pflanzen besucht hätten, wären ein solcher Anblick gewesen.
Jeder Lebensraum ist kostbar. Auch die wenigen Quadratmeter zwischen dem Fußweg und Ihrer Haustür können für ein kleines Wesen seine ganze Welt sein, in dem es Blüten, Schatten, Schutz und Früchte findet. Jedes Stückchen Erde in einer Stadt kann dieses Potential entfalten. Wir sollten es nutzen und nicht zerstören.
Die Autorin Birgit Huvendieck ist aktiv in der Bürgerinitiative Baumschutz, leidenschaftliche Wildpflanzengärtnerin und OB-Kandidatin für die BIBS.