Von David Windisch, Bündnis 90/Die Grünen im Regionalverband Großraum Braunschweig
Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Regionalverband Großraum Braunschweig zeigt sich enttäuscht von der mangelnden Mitarbeit und Verlässlichkeit der CDU beim Einsatz klimaneutraler Personenzüge in der Region. Anlass ist ein erneuter Vorstoß der CDU-Fraktion für den flächendeckenden Einsatz von Wasserstoffzügen, statt der deutlich wirtschaftlicheren Batteriezüge.
„Es wurde doch gerade erst mit den Stimmen der CDU-Fraktion das SPNV-Konzept 2030+ verabschiedet,“ zeigt sich Leonhard Pröttel, der stellvertretende Fraktionssprecher, enttäuscht. „Jetzt wollten wir die dafür nötigen Planungsleistungen beauftragen, welche die CDU wiederum nicht mittragen wollte. Wie passt es zusammen, Konzepten zuzustimmen, aber ihre Umsetzung zu torpedieren?“ muss dich die CDU fragen lassen.
Nicht nur ist momentan vielerorts ein Scheitern von Wasserstoffprojekten auf der Schiene zu verzeichnen, Wasserstoff wird auch auf Jahre hinaus eine knappe Ressource bleiben, mit der wir sparsam umgehen sollten.
Aus Sicht der Grünen erscheint es elementar, den eingeschlagenen Weg der Elektrifizierung entschlossen umzusetzen. Nach einer durchgeführten Studie verfolgt auch die Landesnahverkehrsgesellschaft Niedersachsen den in der Region um Braunschweig beschlossenen Weg. Es wird in Niedersachsen keine weiteren Wasserstoffzüge geben, weil landesweit Batteriezüge und Elektrifizierung wirtschaftlicher sind.
Ein verlässliches, gut ausgebautes Verkehrsnetz, das den Menschen der Region Sicherheit in ihrem beruflichen und privaten Alltag bietet, darf nicht durch immer wieder aufgeworfene Hirngespinste torpediert werden.
Zudem sollte bei der aktuell knappen Ressource Wasserstoff ein klarer Fokus auf die zielgerichtete Anwendung gelegt werden. „Im Bereich des SPNV haben wir mit der Elektrifizierung von Strecken und batterieelektrischen Zügen eine sehr gute Alternative zum Einsatz von Wasserstoff, im Bereich der Dekarbonisierung sieht es leider anders aus,“ ergänzt Fabian Degen. Der Regionalverband kann nicht auf besonders teure Lösungen setzen, um bestimmten Industrieprodukten einen Absatzmarkt zu schaffen. Seine Aufgabe ist ein guter Nahverkehr.
Gelingt es die Ressource Wasserstoff der Wirtschaft ausreichend zur Verfügung zu stellen, können Arbeitsplätze in der Stahl- und Chemieindustrie gesichert werden. Ein wesentlicher Beitrag zur Zukunftsfähigkeit unserer Region, dem die CDU nicht länger im Weg stehen sollte.
So richtig durchdacht klingt die Pressemitteilung nicht.
Zunächst:
Die Stadt Braunschweig war lange Zeit in der Wissenschaft ein Vorreiter in der Wasserstoffwirtschaft. Prof. Eduard Justi gilt beispielsweise als Pionier der Brennstoffzelle und schrieb schon 1980 das Buch: „Wasserstoff, die Energie für alle Zeiten: Konzept einer Sonnen-Wasserstoff-Wirtschaft“, das auch heute noch in weiten Teilen aktuell ist. Die Leistungen dieses Professors als „Hirngespinste“ zu bezeichnen, ist sicherlich nicht zielführend.
https://de.wikipedia.org/wiki/Eduard_Justi
Beim Betrieb von Zügen muss deutlich zwischen den Vor- und Nachteilen von Wasserstoff und Batteriebetrieb abgewogen wird. Die Grünen haben vollkommen Recht: Auf den ersten Blick erscheint der Betrieb mit Wasserstoff unwirtschaftlicher, weil bei der Produktion von Wasserstoff nutzbare Energie verloren geht.
Es gilt jedoch auch großes ABER zu bedenken:
Die Batterien von Zügen werden in der Regel nachts getankt, also wenn keine Sonne scheint und auch Windenergie nicht durchgängig verlässlich vorhanden ist. Konkret bedeutet das: Die Batterien werden mit dem sogenannten Marginalstrom geladen, der zusätzlich erzeugt werden muss, also primär mit Energie aus Kohle- und Erdgasverbrennung.
Das Problem des Marginalstroms findet man leicht erklärt hier:
http://www.tech-for-future.de/elektroautos/#Ladestrom_CO2-Intensitaet_Marginalstrom_vs_Strommix
Zusätzlich dazu wird dieser Strom aus Kohle und Erdgas anschließend bei den Elektrozügen in Batterien gespeichert, deren Herstellung (zumindest heute noch) viele seltene Erden und weitere Rohstoffe benötigt, an deren Gewinnung Kinderarbeit und neokoloniale Verhältnisse beteiligt sind.
Wasserstoff hingegen hat den Vorteil, dass er produziert werden kann, wenn für die Netze zu viel Wind- und Solarenergie vorhanden sind, was den Vorteil hat, dass ansonsten nicht nutzbare Energie durch Wasserstoff genutzt werden kann. Aktuell ist das vielleicht nicht so relevant, mit dem Zubau von Solar- und Windenergie kann sich das jedoch schnell ändern. Zusätzlich dazu gibt es auch in der Wissenschaft viele neue Entwicklungen in Richtung Wasserstoff wie z.B. die LOHC-Technologie, welche die Effizienz von Wasserstoff verbessern.
Weitere spannende Entwicklungen zu Wasserstoff findet man auch in dem Kanal von Norio:
http://www.youtube.com/watch?v=3I8RG5Aw4qs
Es wundert mich daher sehr, dass die Braunschweiger Grünen aus vermutlich ideologischen Gründen sich auf eine Technologie einschießen und hier schon in der zweiten Pressemitteilung gegen die Wasserstofftechnologie Stimmung machen.
Wer schon heute weiß, welche Form der Energiegewinnung und -speicherung morgen die richtige ist, werfe den ersten Stein! Bis dahin sollten wir offen gegenüber allen Technologien sein, die langfristig nachhaltig Energie erzeugen und speichern können.