Jugendverbände und Vertreter*innen aus Politik und Verwaltung diskutierten zu jugendpolitischen Themen

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Von: Jugendring Braunschweig e.V.

Am Dienstag, den 8. Juni 2021, trafen sich ca. 50 Vertreter*innen von Jugendverbänden und aus Politik und Verwaltung im Kufa-Haus, um sich über die Themen „Klimaschutz“, „Verkehrspolitik“, „Auswirkungen der Corona-Pandemie auf junge Menschen“ sowie „Bedrohungen von Jugendverbänden durch Neonazis“ auszutauschen.

Unter den Gästen waren unter anderem drei DezernentInnen, der gemeinsame Oberbürgermeisterkandidat von CDU, FDP und Volt, die jeweiligen Oberbürgermeisterkandidat*innen von Bündnis 90/Die Grünen, SPD und Linken, die Bundestagsdirektkandidaten von SPD, BIBS und Linken, Landtagsabgeordnete von SPD und CDU sowie Vertreter*innen der Ratsfraktionen von CDU, SPD, Bündnis 90/die Grünen, Linksfraktion, P², BIBS und FDP.

Insgesamt gab es vier Arbeitsräume, in denen jeweils ein Thema diskutiert wurde. Nach einer Stunde wurde ein Wechsel vorgenommen, sodass alle Teilnehmer*innen ihre Positionen und ihr Fachwissen in einer zweiten Runde noch zu einem weiteren Thema in einen anderen Raum einbringen konnten.

Zum Thema „Klimaschutz“ wurde in der ersten Runde vor allem über die Frage der Erreichung der Klimaziele in Braunschweig und die Forderungen von Fridays for Future als ein von vielen jungen Menschen getragenes Bündnis gesprochen. Einigkeit herrschte darüber, dass „Umwelt und Klima“ lokal als auch global eines der wichtigsten Zukunftsthemen sei. Der Umweltdezernent der Stadt gab zudem ein umfangreiches und interessantes Update. Dabei kam zur Sprache, dass die Stadt Braunschweig das Klimaziel für 2030 voraussichtlich nicht erreichen werde. Dies werde vermutlich erst 2050 der Fall sein. Ändern bzw. beschleunigen ließe sich dies nur durch erhebliche zusätzliche finanzielle Mittel.

In der zweiten Runde lag der Fokus im Raum zum Thema „Klimaschutz“ auf dem Bildungsbereich mit dem Schwerpunkt der Stärkung ökologischen Bewusstseins. Betont wurde, dass es wichtig sei, möglichst viele Menschen inhaltlich mitzunehmen und auch aktiv einzubinden. Die anwesenden Jugendverbände wiesen zudem darauf hin, dass grundsätzlich alle politischen Maßnahmen auf ökologische und soziale Verträglichkeit abgestimmt werden sollten.

Beim Thema „Verkehrspolitik“ ging es in beiden Runden um die Stärkung des ÖPNV sowie des Fuß- und Radverkehrs zulasten des motorisierten Individualverkehrs. Während einige Aspekte dazu durchaus kontrovers diskutiert wurden (zum Beispiel ob und bis zu welchem Punkt der motorisierte Individualverkehr eingeschränkt werden sollte), herrschte bei einem Thema weitgehend Einigkeit: Die geplante Einrichtung von Veloruten in Braunschweig sind eine gute und wichtige Sache, die rasch umgesetzt werden sollte.

Frust von Seiten der Jugendverbände, dass politische Beschlüsse zur Umsetzung von Velorouten durch die Verwaltung verschleppt würden, konnten in der zweiten Runde durch den anwesenden Personal- und Ordnungsdezernenten entkräftet werden, der versicherte, dass die Verwaltung das Thema ernst nehme und alles getan werde, dass politische Beschlüsse schnellstmöglich umgesetzt würden.

Thematisiert wurden auch die bisher noch nicht umgesetzten Versprechen der Landesregierung bezüglich Schüler*innenfahrkarten. Stadt und Region waren durch die Einführung der Schüler*innenmonatsfahrkarten für das Stadtgebiet und die Region für 15 bzw. 30 € in Vorleistung gegangen. Die Landesregierung hatte angekündigt, sich an der Finanzierung regionaler Schüler*innenfahrkarten zu beteiligen. Geschehen ist bisher jedoch nichts. Der Jugendring wird daher zeitnah noch einmal die Landtagsabgeordneten aus Braunschweig von SPD, CDU und FDP einladen, um gemeinsam zu beraten, inwieweit die Braunschweiger Abgeordneten gegebenenfalls darauf hinwirken können, dass noch in dieser Legislaturperiode Bewegung in die Sache kommt.

In der Arbeitsgruppe zu den Auswirkungen der Corona-Pandemie auf junge Menschen wurde in beiden Runden zur Diskussion gestellt, dass Kinder und Jugendliche erlebt hätten, dass sie bei Entscheidungen über Coronamaßnahmen kaum beachtet und sie darauf reduziert würden, Schüler*innen und mitzählende Familienmitglieder zu sein. Zudem seien wichtige Übergangsrituale von Kindern und Jugendlichen ausgefallen und gravierende Lebensentscheidungen (Schule, Studium, Ausbildung) durch die Pandemie massiv beeinflusst worden. Auch bei bisherigen Lockerungen seien besonders Jugendliche kaum berücksichtigt worden. Während Kinder Geburtstage feiern können und Erwachsene in Restaurants, Theatern etc. ihre Freizeit verbringen, bleibt für Jugendliche das Treffen mit mehreren Freund*innen weiterhin verboten.

Diese Einschätzungen wurde von den meisten Teilnehmer*innen grundsätzlich geteilt. Viele zeigten sich beeindruckt, wie verantwortlich Kinder und Jugendliche mit den Einschränkungen und Verboten umgegangen seien. Einige Teilnehmer*innen erwarten zudem, dass die pandemiebedingten psychischen Probleme erst jetzt und in Zukunft sichtbar werden. Hier könne u.a. der Ausbau der Schulsozialarbeit hilfreich sein.

Viele merkten auch selbstkritisch an, dass Kinder und Jugendliche und die Jugendarbeit besonders in den ersten Monaten der Krise kaum eine Rolle gespielt haben. In diesem Zusammenhang wurde geäußert, dass jungen Menschen für ihr Durchhalten gedankt und über ein Nachholen oder eine Wiedergutmachung für Versäumtes nachgedacht werden müsse. Zudem wurde die Dringlichkeit gesehen, Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit zu geben, sich dazu zu äußern, wie es ihnen in der Corona-Pandemie ergangen ist und was ihnen nun wichtig sei.

In der Gruppe, in der über die Übergriffe und Bedrohungen von Neonazis gegen Kinder- und Jugendverbänden beraten wurden, stellten die Vertreter*innen der Jugendverbände die Forderungen des vor kurzen zu diesem Thema gegründeten Bündnisses „Youth against fascism“ vor.

So sei es wichtig, die Betroffenen ernstzunehmen und eine Beratungsstelle einzurichten, die Opfer rechter Gewalt unterstützt. Zudem müssten auch Lösungen ausgearbeitet werden, was gegen Bedrohungen unterhalb der Strafbarkeitsgrenze zum Beispiel in Form von rechten Stickern und Plakaten getan werden könne, die nicht nur überall im Stadtgebiet, sondern auch an den Räumlichkeiten von Jugendverbänden oder Briefkästen von Privatpersonen, die sich für eine offene und solidarische Gesellschaft engagieren, von teils bekannten rechten Gewalttätern angebracht werden. Auch verpflichtende Bildungsarbeit an Schulen zur Aufklärung über rechte Ideologie und Strukturen, die von zivilgesellschaftlichen Organisationen organisiert wird, sowie eine klare Kante aller zivilgesellschaftlichen Akteur*innen gegen rechte Ideologie sei wichtig. Die Thematisierung rechter Gewalt und Bedrohungen könne nicht nur dem Betroffenen überlassen werden, stattdessen müsse eine breite Öffentlichkeit klar Position beziehen.

In beiden Runden zeigten alle Teilnehmer*innen großes Interesse an dem Thema und signalisierten Unterstützung für die aufgestellten Forderungen. Es herrschte Einigkeit darüber, dass es in Braunschweig ein Problem mit Neonazis gibt, gegen das gemeinsame vorgegangen werden müsse. Zur Konkretisierung und Ausarbeitung der weiteren Schritte sollen weitere Gespräche folgen.

Zum Ende der Veranstaltung wurden die Ergebnisse zu den einzelnen Themen in einer gemeinsamen Abschlussrunde vor dem Kufa-Haus allen Teilnehmer*innen präsentiert. In informellen Gesprächen im Anschluss gaben zahlreiche Gäste ein positives Feedback und dankten für die Organisation und Durchführung der Veranstaltung.

Auch der Jugendring zeigt sich zufrieden: „Wir waren sehr glücklich, unsere Gäste endlich wieder außerhalb von Online-Meetings persönlich treffen und uns mit ihnen austauschen zu können“, sagt Kai Fricke vom Jugendring Braunschweig. „In Anbetracht der Komplexität der Themen sind natürlich auch noch viele Fragen offen geblieben. Wir würden uns daher gerne zu einigen Aspekten noch einmal mit den entsprechenden Vertreter*innen aus Politik und Verwaltung treffen, um die konstruktiven Gespräche vorzuführen“, ergänzt Ina Breitfelder ebenfalls vom Jugendring Braunschweig.

Web: www.jurb.de

Aktuelle Kinder- und Jugendinfos (nicht nur) für Braunschweig: www.bs4u.net

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