grund.stein.sein.: FÜNF HÄUSER ERZÄHLEN IHRE GESCHICHTEN

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Poetische Performance Kunst in Wolfenbüttel

Noch lange Jahre kann ich stehn,
bin fest genug gegründet,
und ob sich mit der Stürme Wehn
ein Wolkenbruch verbündet,
kühn rag′ ich wie ein Fels empor,
und was ich auch an Schmuck verlor,
gewann ich′s nicht an Würde?
(aus dem Gedicht “Das alte Haus” von Friedrich Hebbel)

Wie erlebt ein Haus seine Umwelt, seine Geschichte, seine Menschen?
Wie behält es seine Würde?
Welche Gedanken, Erfahrungen, Wünsche und Sehnsüchte hat es?
Was davon würde ein Haus uns gern wissen lassen?

Viele Gebäude in Wolfenbüttel sind alt.

Vielleicht nicht so alt wie die Steine, auf denen sie stehen oder das Holz, das sie stützt, doch sie übersteigen mit ihrem Alter weit die Lebensspanne eines Menschen.

So alt diese Häuser sind, so viel haben sie erlebt und so vieles können sie erzählen.

Wenn ich heute einen Raum betrete, der mich berührt, ist es, als hörte ich Musik. Für mich haben Objekte, Kunstwerke und Möbel eine Lebendigkeit wie Menschen. Sie haben eine Stärke und Kraft. Eine Seele. (Francois Halard, Architekturfotograf)

grund.stein.sein: dieses schöne, phantasievolle, wirklich außergewöhnliche interdisziplinäre Kunstprojekt bringt fünf Häuser in Stadt und Landkreis Wolfenbüttel in den eigenen Wänden, auf ihren eigenen, phantastisch-poetischen Bühnen zum Sprechen, zum Erzählen, zum Agieren; es lässt uns vielleicht etwas von ihrer Seele entdecken.

v.l.n.r. Stine Hollmann (Kunstverein Wolfenbüttel), Lea Lichtwitz (folklicht_), Folkert Dücker

Leah Lichtwitz ist in Wolfenbüttel geboren und aufgewachsen, arbeitet als Kostüm- und Bühnenbildnerin bei Film und Theater. Folkert Dücker ist Schauspieler, Regisseur, Autor.
Sie sind die kreativen „Master Minds“ dieses tollen Projekts.

Die beiden Künstler haben Geschichte und Geschichten der fünf ausgewählten Häusern intensiv recherchiert und dann gemeinsam die künstlerische Gesamtidee für die Umsetzung entwickelt.

Auch bald Spielort – das Feierabendhaus in der Wolfenbütteler Leibnizstraße (Abbildung: alte Postkarte, Anfang 1900er)

Für jedes Haus laden sie ein:e Künstler:in ein, eine individuelle Perfomance zu entwickeln und so „ihrem“ Gebäude eine individuelle Stimme zu verleihen – durch Videokunst, Lichtkunst, Tanz, Perfomance, Schauspiel, Musik.

Unser Ziel ist dabei nicht das Finden einer Wahrheit, sondern das Suchen danach. Wir wollen mit unterschiedlichsten künstlerischen Mitteln historische und aktuelle gesellschaftliche Fragen, Debatten und Ereignisse der menschlichen Sichtweise entkoppeln und so neue Perspektiven ermöglichen“ so beschreiben Leah Lichtwitz und Folkert Dücker ihre Intentionen.

Vielleicht gelingt es so, den Häusern Schönes, Geheimnisvolles oder vielleicht auch Verstörendes zu entlocken, in einen Dialog zu treten und damit ein Haus so ganz anders zum Erzählen zu bringen, als es oft Historiker tun.

Prinzenpalais in der Reichsstraße © Stadt Wolfenbüttel _ Christian Bierwagen

Das Prinzenpalais in der Reichsstraße wird am 20. September 2024 der erste Spiel- und Kommunikationsort sein.

Bespielt werden während der Laufzeit des Projekts noch das Feierabendhaus in der Leibnizstraße, der Eiskeller der ehemaligen Germania-Brauerei, die Donnerburg 15 in Klein Denkte und ein noch unbekanntes Haus.

Das Prinzenpalais ist einfach wunderbar. Man sieht von außen gar nicht, was sich im Inneren verbirgt. Der Festsaal wurde seit vielen Jahren nicht mehr verändert und strahlt die Magie der Vergangenheit aus“, sagt Folkert Dücker.

Das (von außen eher unspektakuläre) Palais wurde besonders von Klang und Musik geprägt.

Prinzenpalais, Musiksaal © Stadt Wolfenbüttel / Christian Bierwagen

Und so wird das Spiel im Prinzenpalais beginnen: wie zufällig erscheint ein Astronaut von einem anderen Stern, der mit seinem merkwürdigen Forschungsinstrument KONTAKT Geräuschen, Klängen und anderen akustischen Informationen folgt, die in allen Materialen, aus denen das Prinzenpalais besteht, nachzuschwingen scheinen.

Seine Intention: diese Geräusche, diese Laute finden, diese akustischen Erinnerungen in der Materie, im Holz, in den Steinen oder im Lehm des Gebäudes freilegen und mit seinem audio-installativen Musikinstrument KONTAKT leiten, verstärken, entschlüsseln und auf die Kopfhörer des Publikums übertragen.

Besucher:in begleitet als Teil der Expeditionsgruppe den „Astronauten“ und Medienkünstler Felix Kruis – der gemeinsam mit Regisseur Nicolaus Witty KONTAKT entwickel hat – beim audio-performativen Rundgang durch die einzelnen Räume des Prinzenpalais.

Prinzenpalais Innenraum © Deutsche Stiftung Denkmalschutz/Zimpel

Was wird das Haus erzählen? Was will das Haus überhaupt erzählen? Welche Klänge schweben noch im Haus? An welche Begegnungen erinnert es sich? Lange Zeit war es ja die Vorstellung, es sei Aufgabe der Frau , die Seele des Hauses zu sein. Ob sich davon wohl noch etwas findet? Kann KONTAKT etwas einfangen von Lauten und Geräuschen unsichtbarer Bewohner?

Es wird spannend!

grund.stein.stein. – folklicht* und der Kunstverein Wolfenbüttel wollen gemeinsam mit der am 20. September startenden Pilotreihe ein Identifikationsprojekt für die gesamte Stadtgesellschaft schaffen. „Menschen mit unterschiedlichsten Hintergründen sollen die Möglichkeit haben, ihre Umgebung neu zu entdecken und sich mit ihr auseinander zu setzen. Jeder soll Zugang finden können.“ sagt Leah Lichtwitz.

Der Kunstverein Wolfenbüttel bietet als Vorbereitung am 31. August und 01. September einen generationsübergreifenden, zweitägigen Workshop (H)AUSSPRACHE, in dem unterschiedliche künstlerische Mittel und Methoden ausprobiert werden, ein Haus zum Sprechen zu bewegen.

Mit den Hilfsmitteln Kamera, Mikrofon oder Zeichenstift sollen die Teilnehmer sich der baulichen Substanz des Prinzenpalais nähern, dabei versuchen, Erinnerungen sicht- und hörbar zu machen und in eine künstlerische Form zu übersetzen (weitere Infos auf der Website).

Die Termine:

Vorpremiere: 20. September 2024 | 17.00 Uhr (für Förderer)
Eröffnung: 20. September 2024 | 18.30 Uhr
Premiere: 20. September 2024 | 20.00 Uhr

Weitere Vorstellungen: 20. September 2024 | 22.00 Uhr
21. September 2024 | 15.00 Uhr | 17.00 Uhr | 20.00 Uhr | 22.00 Uhr
22. September 2024 | 11.00 Uhr

Ort: Prinzenpalais, Kunstverein Wolfenbüttel e.V., Reichsstraße 1, 38300 Wolfenbüttel (Tickets über grund.stein.sein.de + rausgegangen.de). Die Teilnehmerzahl ist limitiert.

https://grundsteinsein.de
https://www.kunstverein-wf.de/grundsteinsein

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