Großmut nach Gutsherrenart

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Der niedersächsische Innenminister Schünemann hatte es anscheinend satt, immer nur als Migrantenschreck in den Medien zu erscheinen. Er beschloss, einem Teil der Abschiebekandidaten eine Chance zu gewähren, und weil er ein praktischer Mann ist, sollte es derjenige Teil sein, der der Wirtschaft nützlich werden könnte. Also verkündete er, dass gute Schüler bleiben dürften (und wenn sie noch nicht volljährig seien, ihre Angehörigen auch, zumindest bis zum 18. Geburtstag der guten Schüler).
Ende der sechziger Jahre war ich Tutorin für amerikanische Austauschstudenten an einer deutschen Universität. Unter den Tutoren hatte es sich bald herumgesprochen, dass die männlichen jungen Amerikaner, wenn sie nicht die Bestnote A erreichten, nach Vietnam geschickt würden. Worauf alle ein A erhielten. Und aus Gleichheitsgründen die jungen Mädchen auch.
Wahrscheinlich wird Schünemanns Vorschlag, sollte er umgesetzt werden, ähnliche Probleme, jedoch in potenzierter Form, erzeugen. Welcher Druck lastet dann auf dem jungen Migranten, wenn das Schicksal seiner Familie von seinen Zensuren abhängt? Und welcher anständige Lehrer wird dem Abschiebekandidaten in spe noch andere als gute Noten geben?
Es wird Zeit, dass Niedersachsen seine Asylpolitik ändert, und zwar prinzipiell, nicht nur mit „großmütigen Gnadenbeweisen“ gegen einzelne.

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