Von Wolfgang Lieb
Mit gerade mal 9 Zeilen einer „gemeinsamen Erklärung der Vereinigten Staaten von Amerika und der Bundesrepublik Deutschland zur Stationierung weitreichender Waffensysteme in Deutschland“ wird der nach der Aufkündigung seitens der USA im Jahre 2019 der tatsächliche Abschied vom Mittelstrecken-Nuklearstreitkräfte-Vertrag (INF) aus dem Jahre 1987 besiegelt, der Ost und West von atomarer Aufrüstung abhielt.
Die Erklärung lautet:
„Die Vereinigten Staaten von Amerika werden, beginnend 2026, als Teil der Planung zu deren künftiger dauerhafter Stationierung, zeitweilig weitreichende Waffensysteme ihrer Multi-Domain Task Force in Deutschland stationieren.
Diese konventionellen Einheiten werden bei voller Entwicklung SM-6, Tomahawks und derzeit in Entwicklung befindliche hypersonische Waffen umfassen. Diese werden über deutlich größere Reichweite als die derzeitigen landgestützten Systeme in Europa verfügen.
Die Beübung dieser fortgeschrittenen Fähigkeiten verdeutlicht die Verpflichtung der Vereinigten Staaten von Amerika zur NATO sowie ihren Beitrag zur integrierten europäischen Abschreckung.“
Olaf Scholz erklärte zwar, dass diese Entscheidung lange vorbereitet worden sei, eine politische oder gar öffentliche Debatte gab es über diese – laut Kanzler – „sehr gute Entscheidung“ nicht. Zurecht beklagt die sicherheitspolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Sara Nanni, eine fehlende Erklärung zu dieser Entscheidung und es gebe keine Antwort darauf, auf welche Bedrohungslage der NATO mit dieser geplanten Stationierung reagiert werden soll. Scholz bleibt einmal mehr eine argumentative Begründung für seine Entscheidungen schuldig.
Quelle: Wolfgang Lieb in Blog der Republik
Neue “Nachrüstung” – neue Friedensbewegung?
Kanzler Scholz tritt in die Fußstapfen von Ex-Kanzler Schmidt – er will mit US-Mittelstreckenraketen in Deutschland “nachrüsten”. Höchste Zeit für eine neue Friedensbewegung!?
Im Europawahlkampf empfahlt er sich als “Friedenskanzler”. Noch vor der Wahl gab er dann deutsche Waffen zum Abschuß auf russische Ziele frei. Nun geht Kanzler Scholz noch weiter. Angeblich, um eine “Fähigkeitslücke” zu schließen, haben Scholz und US- Präsident Joe Biden die Stationierung weitreichender US-Waffensysteme in Deutschland vereinbart.
Es ist das erst Mal, seit 1991 auf Grundlage des INF-Vertrages zwischen den USA und der Sowjetunion die letzten Mittelstreckensysteme der USA abgerüstet und verschrottet worden waren.
Den Vertrag hatten die USA gekündigt – doch niemand danach redete von einer “Fähigkeitslücke”. Die wurde erst jetzt ge- bzw. erfunden, weil Russland angeblich mit Angriffen auf EUropa droht.
Dabei hat sogar der deutsche Oberguru für die Sicherheitspolitik, W. Ischinger, festgestellt, dass es bisher keinerlei Anzeichen für eine Ausweitung des Ukraine-Krieges auf Nato-Gebiet gebe!
Mit der ab 2026 geplanten Stationierung von Tomahawk-Marschflugkörpern wächst die Kriegsgefahr. Denn damit kann von deutschem Boden aus Moskau zerstört werden, mit gefährlich kurzer Vorwarnzeit.
Das erinnert an die “Nachrüstungs”-Debatte der 80er Jahre. Damals erhob sich eine mächtige Friedensbewegung gegen die Pläne von Ex-Kanzler Schmidt. Wird es auch diesmal große Proteste geben?
Bisher sieht es nicht so aus, leider. Denn zumindest eine Partei, die damals gegen Schmidt mobil machte – die Grünen – ist heute voll auf Aufrüstungs- und Kriegskurs…
Quelle: Lost in Europe
Die Entscheidung zur Aufstellung neuer Mittelstreckenwaffen zeigt einmal mehr, wie sehr die „transatlantische Freundschaft“ eine Einbahnstraße ist: die NATO-Führungsnation beschließt, die alte Strategie der permanenten Hochrüstung gegen Russland, um dieses finanziell und wirtschaftlich zu überfordern, die deutsche Regierung nimmt das brav zur Kenntnis, wie sie auch die Zerstörung von Nordstream 2 hingenommen hat und bietet sich zur Zielscheibe russischer Atomwaffen an. Unsere nationale Souveränität wird von SPD, GRÜNEN, FDP und Union beerdigt, ebenso die parlamentarische Debatte und Kontrolle.
Mir erscheint in der zeitlichen Abfolge der Ereignisse etwas nicht schlüssig.
Bereits Anfang 2022 (Jan.) wurde in der Bundespressekonferenz nachgefragt, ob denn die Hyperschallraketen bereits auf deutschen Standorten deponiert/installiert seien. Siehe unter:
https://merkurist.de/wiesbaden/us-militaer-das-sagt-die-us-regierung-zu-den-raketengeruechten-in-mainz-kastel_XLP
Nach anfänglichen Fragen zum Standort Mainz erweiterte der Journalist Journalist Thilo Jung auf der Bundespressekonferenz die Nachfrage auf andere Standorte und auf mögliche künftige Stationierungen: – der o.g. Artikel formuliert es wie folgt – :
…“Die Bundesregierung habe von der Regierung der Vereinigten Staaten die Auskunft erhalten, dass keine Raketensysteme in Wiesbaden stationiert seien. „Und es gibt auch keine dahingehenden Pläne der USA.“ Auf die kritische Nachfrage des Journalisten Tilo Jung hin, ob es zukünftig Raketen in Wiesbaden oder an einem anderen Standort geben könne, äußerte sich die Pressesprecherin der Bundesregierung jedoch nicht.“
Die Art der Nachfrage bei den Amerikanern zeigt jedenfalls, dass man sich von Seiten der Bundesregierung ohne weiteres vorstellen konnte, in der Frage der Stationierung völlig übergangen worden zu sein.
Des weiteren gab es diverse Ankündigungen der Stationierung von US-Hyperschallraketen vom Typ „Dark Eagle“ in deutschen Medien, für einen Zeitraum etwa ab Juli 2022.
Irgendwann verschwand das Thema jedoch wieder aus der deutschsprachigen Presselandschaft, was bei der üblichen Anbindung unserer Leitmedien an transatlantische Interessenvertretungen keine durch die Realität gedeckte Bedeutung haben muss… (siehe auch div. ältere Sendungen von „Die Anstalt“)
Die Kleine Anfrage im Bundestag vom April 2022
https://dserver.bundestag.de/btd/20/017/2001714.pdf
zeigt mit ihrer detaillierten Fragestellung noch einmal das fundamentale Misstrauen auf, möglicherweise vollkommen hintergangen worden zu sein.