Von Wolfgang Bischoff, WAAG
Das Bundesministerium für Umwelt- und Verbraucherschutz (BMUV) ist dazu verpflichtet, jährlich gegenüber dem Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages über den Fortgang der Bergung des Atommülls aus der Schachtanlage Asse II zu berichten. Im Bericht aus dem Juni 2024 musste das BGE eingestehen:
„Grundstücke für die Abfallbehandlungsanlage und das Zwischenlager können nicht wie geplant beschafft werden… Zur Risikobewältigung verhandelt die BGE einerseits weiter, um die noch benötigten Grundstücke entsprechend ihrer Planungen zu erwerben. Andererseits sondiert sie den Erwerb alternativer Grundstücke, die in westlich/nordwestlicher Richtung an bereits erworbene Flächen angrenzen…“
Der Bundestagsabgeordnete Victor Perli hat daraufhin nach einem Plan B für den Fall gefragt, dass die Grundstücke auch nach weiteren Verhandlungen nicht von der BGE angekauft werden können. Eine Enteignung ist nämlich für die Errichtung von Zwischenlagern nach geltendem Recht nicht möglich.
In der Antwort an Victor Perli vom 10.1.2025 wird zwar weiterhin betont, dass die BGE davon ausgeht, die noch fehlenden Grundstücke erwerben zu können. Vom Erwerb „alternativer Grundstücke, die in westlich/nordwestlicher Richtung an bereits erworbene Flächen angrenzen“ ist allerdings nicht mehr die Rede.
„Nach Kenntnis der Bundesregierung geht die Bundesgesellschaft für Endlagerung mbH (BGE) weiterhin davon aus, die noch notwendigen Grundstücke für die geplante Errichtung der Abfallbehandlungsanlage inklusive des Zwischenlagers im sogenannten Kuhlager erwerben zu können.
Im öffentlich zugänglichen Bericht „Standortauswahl für ein übertägiges Zwischenlager für die rückgeholten radioaktiven Abfälle aus der Schachtanlage Asse II“ finden sich weitere vier standortnahe Flächen, die ebenfalls für die benötigten Anlagen geeignet scheinen. Sollte wider Erwarten ein Erwerb der noch benötigten Flächen im sogenannten Kuhlager nicht möglich sein, wird die BGE die anderen bereits in der Standortauswahl erwogenen Flächen als Alternativstandorte prüfen, beispielsweise im Hinblick auf die Anbindung an das bestehende Betriebsgelände.„
Wer die Umgebung um das bestgehende Betriebsgelände kennt, kann bei dieser Aussage nur den Kopf schütteln und muss zu dem Schluss kommen, dass eine politisch blinde Umweltministerin von der Farbe redet.
Schauen wir uns die „Alternativ-Standorte“, in der Karte mit 2 bis 5 gekennzeichnet, einmal genauer an.

Grafik: Bundesgesellschaft für Endlagerung mbH
„Alternativ“-Standort 2: Der „Alternativ“-Standort grenzt zumindest an einer Ecke an das bestehende Betriebsgelände. Eine Realisierung der Atomanlagen an diesem Standort würde mit einer großflächigen Vernichtung von Naturschutzgebieten verbunden sein und wird sich kaum realisieren lassen.
„Alternativ“-Standort 3: Dieser „Alternativ-Standort“ liegt genau entgegengerichtet zum bestehenden Betriebsgelände. Die Entfernung zum bestehenden Betriebsgelände ist absurd groß. Wenn man von diesem „Alternativ“-Standort eine Verbindung zum bestehenden Betriebsgelände herstellen wollte, wäre dies zudem mit noch mehr Eingriffen in Naturschutzgebiete verbunden und würde sich wahrscheinlich aus Gründen des Naturschutzes nicht realisieren lassen.
„Alternativ“-Standorte 4 und 5: Eine Verbindung zum bestehenden Betriebsgelände könnte zwar ohne die Vernichtung von Naturschutzgebieten hergestellt werden. Es würden allerdings wertvolle Ackerböden großflächig vernichtet. Die „Alternativ“-Standorte lägen jedoch noch näher an der Wohnbebauung und dem Schulstandort und dem Freibad. Daher wären auch diese „Alternativ“-Standorte keine wirklichen Alternativen.
Ein realistischer Plan B existiert nicht
Gegen alle von der BGE und dem BMUV angeführten „Alternativ“-Standorte gibt es sachlich-fachliche Gründe, die deutlich machen, dass es keine realistischen Alternativen sind.
Soll die Region, sollen die Landbesitzer „erpresst“ werden?
Warum bringt das BMUV (sicher nicht ohne Abstimmung mit der BGE, dessen Aufsichtsvorsitzender der Staatssekretär Geenhuysen – Bündnis 90 – ist) solche Scheinalternativen ins Gespräch?
Eine Antwort findet man, wenn man die „Alternativ“-Standorte als politische „Alternativ-Standorte“ versteht.
Die BGE betont immer wieder, dass es Voraussetzung für die Bergung oder Rückholung des Atommülls ist, dass eine Möglichkeit für eine anschließende Zwischenlagerung besteht.
Da die BGE vermeintlich nur im Bereich der Asse nach einem Standort sucht, kann eine Situation entstehen, in der die BGE verkündet, sie habe die Voraussetzung für die Bergung des Atommülls geschaffen. Schacht V sei gebaut, die Bergetechnik stehe zur Verfügung. Die BGE habe alles ihr Mögliche getan, um mit der Bergung zu beginnen. Die Verantwortung dafür, dass mit der Bergung des Atommülls trotzdem nicht begonnen werden könnte, läge in der Region und konkret bei den Landbesitzern/-besitzerinnen, die ihre Grundstücke nicht an die BGE verkaufen.
Es liegt einzig und allein bei der BGE, diesen Eindruck zu widerlegen und endlich einen ehrlichen Dialog mit der Region zu suchen.