Die Stadt und ihr Straßenbahn-„geschäft“ – Kopf in den Sand?

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12 Straßenbahnen hat die Stadt-Tochter Verkehrs AG im Jahre 2003 im sogenannten „Cross-Corder-Leasing“-Verfahren in die USA verkauft und zurück geleast. Sie tat dies, obwohl der Städte- und Gemeindebund seit Anfang der neunziger Jahre vor dieser Art von Geschäften gewarnt hatte, im Jahre 2003 noch einmal besonders nachdrücklich. Ein Jahr später stufte die amerikanische Regierung die CBL-Verträge als Scheingeschäfte und als Betrug am (amerikanischen) Steuerzahler ein. Im selben Jahr forderte die oberste amerikanische Steuerbehörde IRS die rund hundert amerikanischen Investoren dazu auf, ihre Verträge mit den deutschen Partnern bis Ende 2008 zu beenden.

Die Stadt Braunschweig verweigert die konkrete Antwort auf neun Fragen zum Braunschweiger CBL-Geschäft (sie sind im Anhang aufgeführt).

Die Pressestelle ist direkt dem Oberbürgermeister unterstellt. Nun ist es sicher peinlich, wenn den Bürgern bewusst wird, auf welch fragwürdige und riskante Geschäfte man sich in ihrem Namen und mit ihrem Geld eingelassen hat. Aber: totschweigen und den Kopf in den Sand stecken, das wird jetzt nicht mehr funktionieren.

Viele Städte beenden derzeit CBL-Projekte vorzeitig

Denn überall in Deutschland werden zur Zeit die vertraglich noch lange laufenden CBL-Projekte vorzeitig beendet. Der Wirtschaftsdienst  EUWID schreibt:

„CBL-Projekte deutschlandweit vor dem Aus“ (EUWID Nr.15, 7.04.2009)

Zuletzt hat die Stadt Köln ihren Vertrag gelöst, Recklinghausen und Bochum sind gerade dabei. Nürnberg überlegt. Bei der Stadt Köln ging es immerhin um ein Volumen von 800 Millionen Euro (Kanalnetz und Kläranlagen). Nach eigener Aussage ist die Stadt sogar zu recht günstigen Bedingungen aus dem Vertrag gekommen. Die Verhältnisse liegen allerdings in jedem Fall anders, da zum Beispiel unterschiedliche Papiere zur Absicherung gewählt wurden und da die Interessenlagen der amerikanischen Vertragspartner sehr unterschiedlich sind. Während der Partner der Stadt Köln ein eigenes Interesse an der Beendigung des Vertrages hatte, wollte im Falle der Stadt Bochum die Bank Wells Fargo fast 90 Millionen Euro für die Auflösung haben.   

Die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) streiten sich derzeit mit JPMorgan um den Gerichtsort im Falle eines Rechtsstreits (Berlin oder London?). Berlin hatte das Geschäft mit Wertpapieren abgesichert, die mittlerweile als Schrottpapiere gelten. Schon 2008 musste die BVG daher Rückstellungen in Höhe von 157 Millionen vornehmen. Die Stadt wirft der Bank vor, sie falsch beraten zu haben.

Und Braunschweig? Verwaltungsausschuss und Rat täten gut daran, sich um die Angelegenheit mit Nachdruck zu kümmern. Sonst könnte es uns Bürger teuer zu stehen kommen.

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ANHANG: FRAGEN an die PRESSESTELLE der STADT BRAUNSCHWEIG (17.03.2009)

1. Wann wurden die CBL-Verträge über die 12 Straßenbahnen abgeschlossen?
2. Welche Laufzeiten wurden vereinbart?
3. Um welches Finanzvolumen ging es bei diesem Geschäft?
4. Welchen seitenmäßigen Umfang hat das Vertragswerk?
5. Ist der Vertragstext wie bei den meisten Verträgen anderer Kommunen in Englisch abgefasst?
6. Welche politischen Gremien der Stadt waren in Verhandlungen und Entscheidung mit einbezogen?
7. In welcher Weise waren die Gremien oder Personen aus diesen Gremien einbezogen?
8. Welche externen Beratungsgesellschaften haben die Stadt im Verhandlungsprozess beraten?
9. Gibt es heute Bemühungen, wegen möglicher Risiken aus dem Vertag „auszusteigen“?

ANTWORT der PRESSESTELLE: KEINE

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