Deutschland – Russland – USA

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94 Prozent der Deutschen halten gute Beziehungen zu Russland für wichtig .

Auszug aus dem soeben erschienenen Buch „Der neue West-Ost-Konflikt – Inszenierung einer Krise von Wolfgang Bittner

Seit der Vereinigung der beiden deutschen Staaten im Jahre 1990 hat sich der Konflikt zwischen den USA und Russland immer mehr zugespitzt. Die NATO ist entgegen allen Versprechungen bis an die Grenzen Russlands vorgerückt, in den baltischen Staaten, in Polen, Rumänien und Bulgarien wurden Raketen, Panzerdivisionen, Artillerie und Tausende Soldaten stationiert, die NATO hielt Manöver mit bis zu 50 000 Soldaten an den russischen Grenzen ab. Russland fühlt sich dadurch bedroht, hat Gegenmaßnahmen getroffen und sich zudem verstärkt in die internationale Politik eingebracht. Das führte zu weiteren Spannungen, unter anderem in der Ukraine, in Syrien und Venezuela. Um die Einkreisungspolitik der USA abzuwehren und einer Isolation zu entgehen, hat sich das Land unter Präsident Wladimir Putin mehr und mehr der dritten Weltmacht China angenähert.

Unbemerkt von der breiten Öffentlichkeit, hat sich nach Ende des Kalten Krieges ein neuer West-Ost-Konflikt herausgebildet – die NATO gegen Russland –, der nun zu eskalieren droht.

Ausgelöst durch den monopolaren Anspruch der USA in einer inzwischen multipolaren Welt, ist eine brisante, die gesamte Weltgemeinschaft gefährdende, unerträgliche Situation entstanden. Dabei ist nicht zu übersehen, dass Wladimir Putin bisher versucht hat, der westlichen Aggressionspolitik mäßigend entgegenzuwirken und ein zuträgliches Verhältnis zu Westeuropa, insbesondere zu Deutschland, zu bewahren. Auch in Deutschland gibt es starke Kräfte, eine Spaltung des Kontinents zu verhindern und sich den bevormundenden Vorgaben aus Washington zu entziehen. Das kann nicht bedeuten, die bestehenden vielfältigen politischen sowie wirtschaftlichen, kulturellen und wissenschaftlichen Verbindungen zu den Vereinigten Staaten grundsätzlich infrage zu stellen. Vielmehr muss es darum gehen, mit dem großen östlichen Nachbarn wieder ins Gespräch zu kommen, verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen und erneut ein vernünftiges Miteinander herzustellen.

Russland, das sich bis an die Beringstraße erstreckt, ist das größte Land der Welt, und bis zum Ural ist es das größte Land Europas – das wird verdrängt und droht allmählich in Vergessenheit zu geraten. Zwischen Deutschen und Russen gab es jahrhundertelang intensive Handelsbeziehungen, kulturellen und wissenschaftlichen Austausch. Was wäre die deutsche Kultur ohne die russische Literatur, Kunst, Musik, ohne das russische Theater? (…) Literatur und Kunst eröffnen die Möglichkeit, voneinander zu erfahren, Fremdheit zu überwinden, sich näherzukommen.

In seiner Rede vor dem Deutschen Bundestag am 25. September 2001 – das war damals noch möglich! – nannte der russische Präsident Goethe, Schiller und Kant, und er sagte, dass die Kultur immer unser gemeinsames, völkerverbindendes Gut war. Sollte das wirklich der Vergangenheit angehören? Es sieht danach aus. Obwohl nach einer Studie des forsa-Instituts für Politik und Sozialforschung 94 Prozent der Deutschen gute Beziehungen zu Russland für wichtig halten.(1) Das wird von den Berliner Politikern und ihren Medien, die sich in Verkennung ihrer Aufgabe als „staatstragend“ verstehen, weitgehend ignoriert.

Über das Deutsch-Russische Jahr der kommunalen und regionalen Partnerschaften 2017/2018 wurde kaum berichtet, ebenso wenig war über das Jahr des wissenschaftlichen Austauschs 2018/2019 zu erfahren. Zur Olympiade und zur Fußballweltmeisterschaft 2018 bemühte sich Russland, ein guter Gastgeber zu sein, doch wie gewohnt berichteten die westlichen Medien – als seien sie die fünfte Kolonne Washingtons – schon vorab über Regimegegner, Doping oder die „grausame Abschlachtung“ streunender Hunde: „Putin lässt WM-Städte durch ‚Hunde-KGB‘ säubern“, titelte die Bild-Zeitung.(2)

Während der allseits beliebte amerikanische Präsident Barack Obama sieben Kriege führte, unzählige Drohnenmorde befahl und sich als Friedensnobelpreisträger feiern ließ, wurde der um Ausgleich und Annäherung bemühte russische Präsident von der Mehrzahl westlicher Politiker und den transatlantischen Medien zunehmend dämonisiert, zur Unperson erklärt und in der westlichen „Wertegemeinschaft“, die schon lange ihre Werte verraten hat, zum Synonym für das Böse an sich.

Die Diskreditierung und Diffamierung Putins kennt keine Grenzen, sie nahm groteske Formen an. „Stoppt Putin jetzt!“, lautete ein Spiegel-Titel, und im Deutschlandfunk wurde gefragt: „Ist Putin noch zu stoppen?“, oder wir erfuhren: „Russland schürt den Konflikt.“ NDR-Weltbilder klärte uns über „die Psyche von Wladimir Putin“ auf, der sich laut ZDF als „der neue Zar“ fühlt und den Prinz Charles mit Hitler verglich. „Dem Mann fehlt Menschlichkeit“, hieß es im Tagesspiegel. Von „prorussischem Mob“ (Spiegel Online, Tagesschau) in der Ostukraine war die Rede, in der Welt erinnerte „die Ruchlosigkeit der Putin-Propaganda erschreckend an die Hochzeiten des Stalinismus“, die Bild-Zeitung schrieb über „Moskaus Kriegshetze“, im ZDF wurde gefragt: „Ist die Angst vieler Menschen in den baltischen Staaten berechtigt?“

Es ging und geht darum, Russland als Machtfaktor und Regulativ in der internationalen Politik auszuschalten und das Land den westlichen Kapitalinteressen zu unterwerfen, was allerdings nicht gelungen ist. Die westliche Propaganda ignorierend, tritt Wladimir Putin weiterhin für eine Verständigung zwischen Ost und West ein, für Abrüstung sowie einen gemeinsamen Wirtschafts- und Kulturraum von Wladiwostok bis Lissabon. Er betonte mehrmals, dass er sich ein besseres Verhältnis zu den USA wünsche und dass Russland nicht die Absicht habe, die Sowjetunion wiederherzustellen. In einem Fernsehinterview mit dem US-Sender CBS am 29. September 2015 bekräftigte er: „Bei uns gibt es keine Obsession, dass Russland eine Supermacht sein muss.“(3)

Vor dem Deutschen Bundestag sagte er 2001: „Niemand bezweifelt den großen Wert der Beziehungen Europas zu den Vereinigten Staaten. Aber ich bin der Meinung, dass Europa seinen Ruf als mächtiger und selbstständiger Mittelpunkt der Weltpolitik langfristig nur festigen wird, wenn es seine eigenen Möglichkeiten mit den russischen menschlichen, territorialen und Natur-Ressourcen sowie mit den Wirtschafts-, Kultur- und Verteidigungs-Potenzialen Russlands vereinigen wird. Die ersten Schritte in diese Richtung haben wir schon gemeinsam gemacht. Jetzt ist es an der Zeit, daran zu denken, was zu tun ist, damit das einheitliche und sichere Europa zum Vorboten einer einheitlichen und sicheren Welt wird.“(4)

Aber die weiteren Schritte dahin haben die Strategen in den USA verhindert. Dem Kooperationsangebot des russischen Präsidenten steht der imperiale Anspruch der USA gegenüber, den Barack Obama – nicht als erster US-Präsident – am 28. Mai 2014 in einer Rede vor der US-Militärakademie Westpoint betonte: „Von Europa bis Asien sind wir der Dreh- und Angelpunkt aller Allianzen, unübertroffen in der Geschichte der Nationen … So sind und bleiben die Vereinigten Staaten die einzige unverzichtbare Nation [„the one indispensable nation“]. Dies ist für das vergangene Jahrhundert wahr gewesen und das wird für das nächste Jahrhundert gelten.“(5)

Quellennachweise

1) Russland und der Westen, forsa-Umfrage im Auftrag der Wiese Consult GmbH,

(2) Bild, 1.2.2018, (8.11.2018)

(4) Wortprotokoll der Rede Wladimir Putins im Deutschen Bundestag am 25.9.2001, www.bundestag.de/kulturundgeschichte/geschichte/gastredner/putin/putin_wort/244966

(5) www.whitehouse.gov/the-press-office/2014/05/28/remarks-president-united-states-military-academy-commencement-ceremony

Der Schriftsteller und Publizist Dr. jur. Wolfgang Bittner lebt in Göttingen. 2017 erschien von ihm „Die Eroberung Europas durch die USA – Eine Strategie der Destabilisierung, Eskalation und Militarisierung“, und im März 2019 im Verlag zeitgeist der Roman „Die Heimat, der Krieg und der Goldene Westen“.

Taschenbuch: 320 Seiten Verlag: Verlag zeitgeist Print & Online; ISBN-10: 3943007251 ISBN-13: 978-3943007251

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