„Das Gewissen der niedersächsischen Justiz“

0
Dr. Helmut Kramer bei der Verleihung des Fritz Bauer-Preises. Eine Ehrung durch die Humanistische Union

Von Pressemitteilung Niedersächsisches Justizministerium

Justizministerin Dr. Wahlmann rehabilitiert Fritz-Bauer-Preisträger Dr. Helmut Kramer nach dessen vorbildlichem Engagement in der sogenannten Puvogel-Affäre.

„Es steht dem Richter ebenso wenig wie dem Beamten zu, seinem Vorgesetzten Verfehlungen vorzuwerfen oder dessen Ansehen durch Verbreitung von Tatsachen im Bereich der Behörde zu untergraben, selbst wenn die Tatsachen zutreffend sind.“ – mit diesen heute anachronistisch anmutenden Zeilen rügte das OLG Braunschweig im September 1978 den Richter am Oberlandesgericht Dr. Helmut Kramer für dessen Verhalten in der sogenannten Puvogel-Affäre.

Was war passiert?

Nachdem Dr. Hans Puvogel im Jahr 1976 zum niedersächsischen Justizminister ernannt worden war, wurde 1978 der Inhalt seiner Dissertation aus dem Jahr 1937 publik – Titel: „Die leitenden Grundgedanken bei der Entmannung gefährlicher Sittlichkeitsverbrecher“. Hierin findet sich unter anderem die folgende Passage (S. 34):

„Der Wert des Einzelnen für die Gemeinschaft bemißt sich nach seiner rassischen Persönlichkeit. Nur ein rassisch wertvoller Mensch hat innerhalb der Gemeinschaft eine Daseinsberechtigung. Ein wegen seiner Minderwertigkeit für die Gesamtheit nutzloser, ja schädlicher Mensch ist dagegen auszuscheiden. […] Ob das Volk für eine Ausscheidung des Minderwertigen durch Tötung bereits Verständnis aufzubringen vermag, mag dahingestellt bleiben, sicher aber begrüßt es heute zumindest die Ausrottung des Sittlichkeitsverbrechers und damit die Verhütung einer asozialen Nachkommenschaft.“

Als sich Minister Dr. Puvogel von diesem Gedankengut auch nach Bekanntwerden der Dissertation nicht distanzierte, versandte Dr. Kramer kommentarlos Auszüge des Werkes an einige seiner Kollegen. Dr. Puvogel trat im Anschluss schließlich zurück.

v. l. Uwe Boysen, Dr. Gerd Hankel, Justizministerin Dr. Kathrin Wahlmann, Christian Kramer, Dr. Viktor Rogalla

Und Dr. Kramer? Anstelle von Lob und Anerkennung erhielt dieser einen Bescheid des OLG Braunschweig mit der Feststellung, dass er durch die Versendung der Auszüge aus der Dissertation die Achtungspflicht gegenüber seinem dienstvorgesetzten Minister verletzt habe. Diese Disziplinarverfügung wurde schließlich bestandskräftig. Weiter

Möchten Sie den Artikel kommentieren

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.