Es war wie fast immer. Wenn es um das Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus in den Konzentrationslagern geht oder gar um die Täter, dann ist zuerst die Zivilgesellschaft gefordert. Von historisch wissenschaftlichen Institution oder der Politik kommt erst mal wenig bis nichts. Wenn dann die Bürger/-innen Gedenkorte fordern, wird zunächst abgelehnt, dann wird abgewiegelt, dann zaghaft zugestimmt und Provisorien erstellt und abschließend wird Steuer- und Stiftungsgeld in die Hand genommen und ein angemessener Gedenkort errichtet. Viele Täter und KZ-Insassen sind dann schon tot. So war es in der Braunschweiger Schillstraße und vor allem bei der Gedenkstätte im Gefängnis Wolfenbüttel. Und so war es auch mit der KZ-Gedenkstätte in Schandelah-Wohld.
Oft sind es einzelne Bürger die Druck machen. Nun ist ein wichtiges Buch von Dr. Diethelm Krause-Hotopp aus Destedt über die Geschichte der Gedenkstätte erschienen, und das zum 75. Jahrestag der Befreiung. Das Buch verlegte EINERT & KRINK und kann als ein Meilenstein zur NS-Geschichte unserer Region betrachtet werden.
„Das Buch ermöglicht einen exemplarischen Blick in die Geschichte des menschenverachtenden NS-Konzentrationslagersystems und gleichzeitig auf die Erinnerungskultur nach 1945 – bis hin zur Auseinandersetzung mit diesem Geschichtsort durch Schülerinnen und Schüler heute“, so ist auf dem Einband zu lesen.
Lesen sie hier die Pressemitteilung von Diethelm Krause-Hotopp und Benedigt Einert:
Vor 75 Jahren wurde das KZ Schandelah aufgelöst
Neuerscheinung informiert über diesen historischen Ort
Schandelah. Von Mai 1944 bis April 1945 bestand das Konzentrationslager Schandelah, ein Außenlager des KZ Neuengamme. Vor 75 Jahren löste die SS das Lager auf und transportierte die Gefangenen in Güterwaggons unter schrecklichen Bedingungen ins KZ Wöbbelin.
„Bis zu 800 männlich Inhaftierte aus Belgien, Dänemark, Deutschland, Frankreich, den Niederlanden, Polen, Spanien, der Sowjetunion und der Tschechoslowakei waren gezwungen, unter unmenschlichen Bedingungen Ölschiefer abzubauen….
Aufgrund extrem schlechter Arbeitsbedingungen, Unterernährung, Misshandlungen und Erschießungen durch das Wachpersonal starben 200 Häftlingen, 97 von ihnen sind auf dem Friedhof von Scheppau begraben“, so lautet der Text auf der Informationstafel der Gedenkstätte.
Mit der Herausgabe dieses Buches, in dem die wichtigsten bisher erschienenen Beiträge zum KZ Schandelah erstmals zusammenhängend veröffentlicht werden, soll auch ein Zeichen gegen das Vergessen, Verharmlosen oder gar Leugnen der NS-Verbrechen gesetzt werden. Gleichzeitig soll es aber auch allen Interessierten die Möglichkeit geben, sich über das KZ vor ihrer Haustür zu informieren, getreu dem Motto: „Aus der Geschichte lernen, um für die Zukunft zu handeln“
Das Buch, herausgegeben von Dr. Diethelm Krause-Hotopp, erschienen im Verlag Einert und Krink, gliedert sich in drei Teile. Im ersten Teil wird das KZ Schandelah-Wohld aus unterschiedlichen Perspektiven betrachtet, u.a.: die Öl-Schieferlagerstätte als Beitrag zur Industriegeschichte, die Rolle der SS und der Deutschen Asphalt AG in Schandelah, der Alltag der Gefangenen unter Zwangsarbeit und das Ende des KZ.
Im zweiten Teil des Buches wird die schwierige Entstehungsgeschichte der Gedenkstätte Schandelah-Wohld nachgezeichnet. Dabei geht der Autor im Kapitel über den mühsamen Weg zur Entstehung der Gedenkstätte auch auf die damalige Rolle der Kommunalpolitik ein. Die erste Gedenkfeier 1982, organisiert von der Grünen Bürgerliste und die Feier 1985 zur Einweihung der Gedenkstätte organisiert von der Gemeinde Cremlingen, spielen eine zentrale Rolle in diesem Kapitel. Auf den weiteren jährlich stattfindenden Gedenkfeiern wurden wichtige Reden gehalten, u.a. von ehemaligen Gefangenen Eugène Marion und Viktor Malbecq, die im Buch nachzulesen sind.
Im dritten Teil des Buches wird die Zusammenarbeit der Gemeinde Cremlingen mit der Oberschule in Sickte anhand der durchgeführten Projekte anschaulich dargestellt. Für die Schülerinnen und Schüler konnte nationalsozialistische Geschichte vor Ort so erlebbar gemacht werden, u.a. im Rahmen eines Workshops mit der Fotokünstlerin Yvonne Salzmann.
„Ohne die Unterstützung zahlreicher Institutionen, allen voran die Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz, Die Braunschweig Stiftung, dem Landkreis Wolfenbüttel, der Gemeinde Cremlingen und der Ortschaft Schandelah hätte das Buch nicht erscheinen können“, dafür sagt Diethelm Krause-Hotopp herzlich Dank.
„Wir lernen nur, wenn wir nicht vergessen“
Diethelm Krause-Hotopp (Hrsg.): Das Konzentrationslager Schandelah-Wohld 1944-1945. Ein Außenlager des KZ Neuengamme. Einert & Krink, Schellerten 2020.
Lesen sie hier auch: „Gedenkstätte KZ Schandelah-Wohld – und seine Friedhöfe„
„Fakten & Stationen: Konzentrationslager Schandelah-Wohld“ Dr. Scheller Stiftung