Das Schloss zu Braunschweig besteht aus einem Hauptgebäude, woran sich zwei lange, in stumpfe Winkel ablaufende Flügel anschließen. In dem rechten Flügel dieses Gebäudes befinden sich die neu eingerichteten Wohnungen des Königs und der Königin von Westfalen. Vor der Wohnung des Königs liegen die Prunkzimmer. In dem unverändert gebliebenen Teil des Hauptgebäudes ist die neu eingerichtete Haupttreppe angebracht. Diese führt zu einem großen Saal, an welchem das erste Vorzimmer liegt; aus diesem tritt man dann in das zweite Vorzimmer, welches das erste Zimmer derjenigen Folgereihe von Zimmern ist, deren Verzierungen hier beschrieben werden sollen. Der Leser oder Beschauer folge daher dem Kommentar Zimmer vor Zimmer auf dieser Wanderung.
1) Vorzimmer
Zuerst betritt man das eben genannte Vorzimmer. Durch die geöffnete Tür zeigt sich im Hintergrund in einer halbkreisförmigen Bogenöffnung eine Aussicht auf die berühmte Wesergegend bei Minden, Porta Westfalica genannt. Man sieht auf diesem Bilde hinten den offenen Bergschlund, durch welchen die Weser schlängelnd sich ihr Bett gewunden, die Stadt Minden liegen; ein ferner Horizont begrenzt das Bild. Dieses Gemälde von 14 Fuß Durchmesser, in Öl gemalt, ist ein würdiges Werk des Herrn Malers Hartmann zu Braunschweig. Die dem Bilde entgegenstehende Eingangstür des Zimmers hat die Gestalt eines Triumphbogens. Die daneben liegenden Wandflächen sind mit Feldern, in welchen Trophäen in erhobener Arbeit angebracht, geschmückt. Über diesen befinden sich, mit Lorbeerkränzen umwunden, die halberhobenen Brustbilder Napoleons und Julius Cäsars, hindeutend auf die siegreichen Feldzüge der Römer und der Neufranken, bei ihren Märschen durch jenes durch sie verewigte Wesertor, welches jetzt das Grenztor des durch Napoleons Macht begründeten Westfälischen Reichs geworden ist. Die Decke des Zimmers bildet ein doppeltes Balkennetz, dessen kleineres in Täfelungen geteilt ist; diese sind mit Rosen in durchbrochener Arbeit gefüllt. Vier größere Felder enthalten Donnerkeile. Die Seitenwände des Zimmers haben mit grauen atlassenen Vorhängen verhangene Bogenstellungen, in welchen die übrigen Türen und Fenster angebracht sind. Gruppen von Armaturen füllen die Felder zwischen den Bogen. Die Färbung des Zimmers ist ein rötliches Grau in dem Ton des bekannten Wedgwood Geschirrs.
2) Gesandtenzimmer
Auf dieses Vorzimmer folgt das Zimmer zum Empfange der Gesandten. Eine reiche Tapete von gelbem Gros-de-tour bedeckt die Wände. Sie ist von einer gewirkten Borte und einer vergoldeten Tapetenleiste umgeben, auf welcher abwechseln Eichen- und Lorbeerzweige ranken. Im Hintergrunde des Zimmers steht in einer Nische, welche die Form eines Triumphbogens hat, die Statue Napoleons des Großen, des Begründers dieser neuen Dynastie. Die von einem durch dorische Pilaster gestützten umgürteten Türen dieses Zimmers sind mit zwei Basreliefs gekrönt, welche sitzende an einen Obelisk gelehnte Sybillen vorstellen. Geheimnisvolle Gesetzgeberinnen der Politik der Staaten, enthüllen sie die Schriftrollen, welche die Sprüche ihrer Orakel enthalten Die Decke dieses Zimmers bildet ein Balkennetz von 20 Feldern, in welchen abwechselnd, in Laubwerk verschlugen, goldne Kronen und Sterne des neuen Westfälischen Ordens angebracht sind. Die Lehnstühle sind mit liegenden Sphinxen verziert, welche die Armlehnen bilden.
3) Der Thronsaal
Von dem Gesandtenzimmer betritt man den Thronsaal. Im Hintergrund erhebt sich auf einer Erhöhung, zu der mehrere Stufen führen, der Thron, zu dessen Seiten zwei vergoldete Löwen ruhen. Jede Seite des Saals ist durch zwei Vorsprünge von weißem Marmor mit rotmarmornen Füllungen begrenzt. Die zwischen diesen Feldern entstehenden Flächen sind mit in Falten hängenden Vorhängen von dunkelrotem Samt bedeckt, welche vom Fries des Gesimses herab durch die Klauen einer Reihe vergoldeter Adler gehalten werden. An der Fensterseite sind diese Vorhänge aufgeschürzt. In den eben bemerkten Vorsprüngen befinden sich vier Türen, welche zwischen einer Umfassung von zwei korinthischen Wandpfeilern mit Gebälk angebracht sind. Über diese vier Türen sind als Türstücke vier Basreliefs von der Meisterhand des Herrn Direktor und Hofbildhauer Schadow in Berlin aufgestellt. Das erstere zeigt die Huldigung der Landstände, dem Fürsten dargebracht. Der Fürst auf einem Thronsessel, von seinen Dienern und Räten umgeben, empfängt die Huldigung der Volksrepräsentanten. Viehzucht, Ackerbau, Gärtnerei, Fischerei u.s.w., als allegorische Personen, folgen den Vorstehern. Das zweite stellt die Huldigung der Künste und Wissenschaften vor. Der Fürst auf seinem Sessel, den Codex Napoleon vor sich, empfängt die Huldigung der allegorisch personifizierten Theologie, Jurisprudenz, Medizin, der drei bildenden Künste, der Dichtkunst, Musik, Naturlehre, Mathematik und Chemie. Das dritte bezeichnet die Huldigung der Gewerbe und Handwerke. Der Fürst mit seinem Hof sieht von einem Altan herab einen Zug der Gewerbe und Handwerker vorüber ziehen. Der Tischler, der Drechsler, der Erzgießer, der Uhrmacher, der Buchdrucker, der Mechanikus zeigen sich jeder mit den Attributen seines Gewerbes. Das vierte Türstück enthält die Huldigung der Krieger. Der Fürst ist vom Pferde gestiegen; in umgeben die verschiedenen Arten von Kriegsvölkern mit ihren besonderen Waffen.
Die Decke dieses Saals ist in größere und kleinere Balkenfelder abgeteilt und mit reich vergoldetem Gliederwerk geschmückt. Die Füllungen enthalten allegorische Gemälde, eintönig gemalt. In dem Mittelfelde schwebt das Westfälische Wappen in den Farben, welche die Wappenkunst bestimmt. Um dasselbe sind in vier länglichen Feldern Siegesgöttinnen angebracht, welche in ihre Schilde die Taten der Geschichten einschreiben. In vier Eckfeldern befinden sich die Brustschilder Napoleons, Carls des Großen, Julius Cäsars und Alexanders. In den übrigens Feldern sind Zepter mit der Wage der Gerechtigkeit, Kronen mit den Lorbeerzweigen und Donnerkeile, welche Füllhörner befruchten, angebracht. In vier anderen Feldern befinden sich über Keulen gespannte Stierhäute, worauf die Wappentiere der vier deutschen Provinzen, aus welchen das neue Westfälische Reich zusammengesetzt ist, geheftet sind. Auf zwei altarförmigen Öfen dieses Saals stehen die kolossalen Büsten der Kaiser Trajan und Antonin von Marmor; antike Arbeit.
4) Kabinett
Ein zierliches Kabinett von einem Fenster Breite liegt zunächst an dem Thronsaal. Da es die Bestimmung hat, der vertrauten Unterhaltung zu dienen, so gibt es ein allegorisches Bild der Harmonie. Neben einem Ofen, dessen Flächen mit Lyren verziert, stehen zu beiden Seiten zwei Ruhebetten, welche zum traulichen Gespräch einladen. Die Armlehnen dieser Ruhebetten werden von Schwänen gebildet, welche mit ihren Schnäbeln die Saiten einer Lyra berühren. Die Ecken des Zimmers sind von korinthischen gereiften Wandpfeilern begrenzt, deren Knäufe mit der in Laubwerk gehüllten Lyra geschmückt sind. Über den Türen befinden sich zwei erhobenen Arbeiten, welche den Liebesgott zeigen, der mit zwei brennenden Fackeln Schäfer und Schäferin, in üppigen Laubwerk liegend, zur musikalischen Begeisterung entzündet. Die Decke ist in zwei Hälften durch ein vorspringendes Balkenfeld geteilt. An dem mittleren Teil befindet sich eine Rosette zur Befestigung des Kronleuchters, welche von konzentrisch gestellten Lyren gebildet wird; in zwei Nebenfeldern sind Orion und Orpheus en camaieu auf blauen Grund gemalt. In den Seitenfeldern schweben in zwei von Rosenkränzen umgebenen Feldern die unzertrennlichen Brüder Castor und Pollux. Musikalische Instrumente, Blumenkränze und Laubwerk mit eingeflochtenen Gemmen füllen den übrigen Raum der Verzierung. Die Tapete des Zimmers ist dunkel lila gefärbt.
5) Pracht-Schlafzimmer des Königs
Von diesem Boudoir tritt man unmittelbar in der Pracht-Schlafzimmer des Königs, welches zu seinem Levers bestimmt ist. In einer im Hintergrunde des Zimmers befindlichen halbrunden Nische, deren Wände mit reichen blausamtnen Drapperien behängt sind, steht auf einer Erhöhung des Prunkbett. Über der Nische breitet sich eine Art von geöffnetem Zeltdach aus, durch dessen Sprossen man den freien Himmel sieht. In dem mittlern Halbkreise dieses Zeltdachs erhebt sich in seinem Wagen, von vier Sonnenpferden gezogen, Helios und verkündet den angehenden Morgen. Die empor fliegenden Boten des Tages, liebliche Singvögel, umflattern den Zug des Gottes. Verdängt vom dem ausstrahlenden Glanze, entfliegen die Sterne der Nacht dem hinteren Rand des Zeltdaches.
Die Wände des Zimmers sind mit Wandpfeilern von Zedernholz umgeben und in Zwischenweiten von Täfelung von Mahagoniholz gefüllt; reiches vergoldetes Schnitzwerk verziert diese Flächen. Die Knäufe dieser Wandpfeiler enthalten einen Genius der Nacht, dessen ausgebreitete Flügel die Eckschnecken der Knäufe bilden. Statt der obern Rosette befindet sich an deren Stelle der Morgenstern mit dem Bilde der Liebesgöttin.
Über vier Spiegeln sind in vier Füllungen in lebendigen Farben auf dunklem Grund gemalt vier schwebende Horen angebracht. Die Hore der Jugend schwebt mit dem Mirtenkranze die Hore des männlichen Alters trägt den Lorbeerkranz, diejenige der dritten Altersstufe zeigt den Alterskranz, und die letztere habt den Sternenkranz empor. Sowie jene Göttinnen der Jahres-, Tages- und Lebenszeiten durch jene Symbole den Beruf des Menschenlebens bezeichnen, so verkündigen die über den vier Türen angebrachten en camaieu gemalten Basreliefs dieses Verhältnis in Beziehung auf das Fürstenleben noch bestimmter durch folgende Darstellungen. Die Erziehung Achills durch den Zentaur Chiron; der Kampf um die Waffen des bei Troja gefallenen Patroclos, Die Rückkehr Ulysses zu seiner Familie und Herkules Vergötterung. Wenn die an den Wänden des Zimmers angebrachten allegorischen Bezeichnungen den Beruf des Fürsten als Mensch verkünden, und den Erwachenden sogleich beim Beginnen des neuen Tages an seine erhabenen Menschenpflichten erinnern, so deuten dagegen die an der Decke des Zimmers angebrachten allegorischen Verzierungen auf sein Verhältnis als Herrscher, der das Staatsruder führt und das wogende Staatsschiff auf der Bahn der Weltgeschichte leitet. Für diesen Zweck war wohl kein passenderes Bild zu finden, als die Staatsklugheit, die Leiterin auf dem stürmischen Meere der Zeit, durch eine Windrose zu bezeichnen. Sie bildet als Rosette den Mittelpunkt der Decke und dient zur Tragung des Kronleuchters. Um sie gürtet sich der Tierkreis, und in vier länglichen Feldern, welche nach den vier Himmelsgegenden gerichtet, sind jene durch Arabeske angeordnete Allegorien bildlich dargestellt.
Mitternacht ist bezeichnet durch die Eigentümlichkeiten Europas. Im Mittelpunkt der Arabeske erhebt sich ein Tempel, in welchem Pallas Athene mit der erhellenden Fackel sitzend einen auf ihrem Schoße ruhenden Erdball erleuchtet. Aus dem Laubwerke streben zwei symbolische Tiere hervor: der Adler und das Einhorn, hindeutend auf die streitenden Kräfte der europäischen Politik. Auf beiden Seiten der Arabeske sind, in Laubwerk gehüllt, Oceanus und Merkur angebracht, Schifffahrt und Industrie bezeichnend. Die Passionsblume deutet auf die Ausübung des Christentums.
Mittag entlehnt seine symbolische Bedeutsamkeit aus den Eigentümlichkeiten des heißen Afrika. In der Mitte der Arabeske steht der Tempel der Isis. Leoparden und Löwen entwickeln sich aus dem emporstrebenden Laubwerk, in dessen äußersten Schnörkeln Nil und Tigris angebracht sind. Lotusblumen entquellen dem Laube.
Die Morgen zeichnen Asiens Eigentümlichkeiten. Auf seinem Throne ruhend, tritt der asiatische Despot seine Sklaven mit Füßen. Ihm zur Seite stehen der Bewohner des Hindus mit der Gazelle und der Araber mit dem mutigen Pferde. Aus dem Laubwerk schauen Affen und Chinesen hervor. Strauß und Kamel, Pisan und Brotfrucht deuten auf Asiens Naturerzeugnisse.
Amerika bezeichnet den Abend. In der Mitte sitzt die Freiheit der amerikanischen Freistaaten mit dem Pfeilbündel und dem Hut. Ihr zur Seite stehen der Kolonist mit dem pflugziehenden Stier und der eingeborene Inder mit dem Lama. In dem Laubwerk windet sich die furchtbare Boa, von den Speeren der Wilden verfolgt. Kakao und Biber deuten auf die Naturerzeugnisse dieses Erdteils.
Die in diesem Zimmer befindlichen Wand- und Deckengemälde sind verdienstvolle Arbeiten des Herrn Maler Bartel aus Leipzig.
6) Blumenkabinett
An dieses Zimmer stößt ein zierlich eingerichtetes Blumenkabinett, welches auf der Folgereihe der Zimmer von dem ersten Vorzimmer bis zum Prunkschlafzimmer den Gesichtspunkt bildet. Ein Fenster begrenzt denselben. Zu dessen beiden Seiten sind zwei Nischen angebracht, worin Lehnstühle aufgestellt werden. Die Nischen und das Fenster werden mit Blumengefäßen besetzt.
7) Arbeitszimmer
Dem Prunkschlafzimmer folgt das Arbeitszimmer des Königs. Es bildet ein kreisförmiges, von sechs Zeltsäulen getragenes römisches Zelt, dessen obere Kuppel durch einen mit einem Donnerkeile versehenen vergoldeten Adler verziert ist. Nachtblaue, mit Sternen besäte Vorhänge umgeben das Zelt und bilden dessen Himmeldach. Unter dieser Draperie ist eine andere nanquinfarben, welche hinter sich eine das Zelt umgebende Reihe von Aktenschränken verbirgt.
8) Bad des Königs
Das an diesem Arbeitszimmer gelegene Bad hat eine kreisförmige Kuppel mit reichen Cassetten von erhobener Arbeit. In zwei Nischen, mit Muscheln überdeckt, sind in der einen eine große, porphyrne Badewanne und in der andern ein Ruhebett aufgestellt. Der Grund der Nischen ist mit meergrünen Draperien behangen. Dies ganze Zimmer ist von weißem geschliffenen Marmor. In der Mitte der Kuppel hängt eine durchsichtige Kristall-Lampe, welche über die geschliffene Oberfläche einen magischen Glanz verbreitet.
9) Billard-Zimmer
Hinter dem Zimmer zum Empfange der Gesandten befindet sich das Billard-Zimmer. Es hat in der Fensterwand entgegen liegenden Seite eine sehr geräumige Nische von geschliffenem in Füllungen abgeteilten Marmo. Ein Divan, der auf einem erhöhten Tritt steht, umgibt ihren Umfang. Vor demselben ist ein Ofen von der Höhe eines Tisches angebracht, welcher mit einer Marmorplatte überdeckt ist. Zuschauer des Spiels können von diesem erhöhten Sitze ab dasselbe bequem überschauen und ihre Kaffeetassen auf die erwärmte Oberfläche des Ofens aufstellen. Die Wände des Zimmers sind in Füllungen getäfelt; die daran angebrachten Wandpfeiler haben Knäufe, in deren Laubwerk eine geflügelte Kugel verflochten ist. Die Decke zeit ein allegorisches Bild des Billardspiels. In der Mitte eines länglichen Feldes schweben auf den drei bekannten Kugeln des Spiels: Honos, Voluptas und Plutus; Ehre, Wollust und Reichtum, die drei Hauptleidenschaften des Menschen, die die Richtung seiner Bestrebungen auf der Erdenbahn bestimmen. Die Ziele dieser Bestrebungen sind durch sechs Tempel bezeichnet, welche über die sechs Blusen des Spiels angebracht. Alcides und Athene für Honos; Aphrodite und Demeter für Voluptas Here und Hephaistos für Plutus. Ehre zielt nach Macht und Weisheit; Wollust erstrebt Schönheit und Überfluss; Reichtum bemüht sich nach Schätzen und Segen des Himmels. Den inneren Raum des mittleren länglichen Feldes umgeben einige in erhobener Arbeit gemalte Abbildungen von lieblichen Kinderspielen, welche auf menschliche Kraft und Gewandtheit hindeuten. Sie beziehen sich auf Wettrennen, Diskusspiel, Zielen nach der Scheibe und Ringen. In zwei Nebenfeldern sich zwei sich entgegenstehende Kugelwerfer angebracht; sie bezeichnen die beiden Spieler. Zu ihren Seiten sind in vier Füllungen aus dem gestirnten Himmel die Bilder des Löwen, des Pferdes, des Füllen und des Adlers entlehnt und daselbst mit ihren Gestirnen abgebildet. Einerseits stehen diese Sternbilder in Beziehung auf das Westfälische Wappen, andererseits sind Sterne den Gesetzen der Anziehung und des Stoßes unterworfen, daher gleichen Grundgesetzen als denjenigen des Billardspiels untergeordnet. Vier in einem Rhombus zusammengefügte Pfeile, als Verzierung in einigen Nebenfeldern angebracht, deuten das Gesetz des Parallelogramms der Kräfte, worauf sich die Theorie des Billardspiels stützt, noch näher an.
10) Gewöhnliches Schlafzimmer
Zu dem Arbeitszimmer des Königs zurückkehrend, betritt man von demselben sein gewöhnliches Schlafzimmer. Dasselbe bildet ein Achteck, dessen Seiten durch Pfeiler gebildet werden, welche das Hauptgesims und die Decke tragen. Die zwischen den acht Pfeilern befindlichen Öffnungen führen zu einer Nische für das Bett, zu einer zweiten für den Ofen, zu einer dritten zur Aufbewahrung der Toilette; in zwei anderen sind große Spiegel, und in den übrigen befinden sich Türen und Fenster. Alle diese Pfeileröffnungen können durch große grüne seidene Vorhänge geschlossen werden, so dass dann das ganze Gemacht eigentlich nur einen einzigen großen Betthimmel bildet, dessen Vorhänge alle äußere Berührung der Luft und des Lichts abhalten. Die Nische, welche das Bett enthält, ist wie eine Matratze gesteppt.
Die Verzierungen des Zimmers bilden eine Allegorie des Traumlebens in Beziehung auf den Stand des Fürsten. In vier an der Decke verteilten Feldern befinden sich vier allegorische Bilder in bunten Farben. Der Traum des Fürsten: eine Fama reicht dem schlafenden Jüngling die Krone. Der Traum des Kriegers: eine Victorie bietet dem schlafenden Krieger den Lorbeerkranz und das Schwert. Der Traum des Weisen: Pallas Athene reicht dem schlummernden Weisen den Palmenzweig. Der Traum des Liebenden: Aphrodite zeigt dem schlafenden Jüngling im Traum das Ideal der Schönheit. In vier anderen Medaillons an der Decke sind vier berühmte Seher und Seherinnen des Altertums gemalt: Manto, Tiresias, Kassandra und Kalchas. In vier rhomboidisch gestalteten Feldern befinden sich die Abbildungen von vier phantastischen Tieren der alten Mythe: dem Zentaur, dem Sphinx, dem Pegasus und der Chimere. In acht länglichen kleinen Feldern ist das Grillenleben der spielenden Phantasie angedeutet. Amor fährt auf einem Wagen, von Schmetterlingen gezogen; Grillen fahren die Attribute des Krieges und der Wissenschaften.
Diese verschiedenen Füllungen sind zu einem Ganzen durch mancherlei Abteilungen von Gliederwerk und Laubwerk verbunden. Überall waltet die Form des Mohnlaubes vor, welches, mit Mohnblumen und Mohnköpfen verschlungen, die lieblichsten Verzierungen bildet. Der Mittelpunkt der Decke ist durch eine Rosette von Mohnlaub zur Befreiung des Kronleuchters angedeutet. Die Knäufe der Pfeiler bilden Körbe mit Mohnblumen, und selbst die Eier in dem Hauptgesimse haben die Gestalt von Mohnköpfen erhalten. Die Farbenharmonie des Zimmers ist eine sanfte Tönung ins Grüne, in welcher die einzelnen kolorierten Portionen beinahe ganz verschwinden.
11) Gesellschaftszimmer der Königin
Mit dem eben beschriebenen Schlafzimmer des Königs schließt sich dessen Wohnung, und es beginnt die der Königin mit ihrem Gesellschaftszimmer oder Sallon de compagnie. Fröhliche und zur Geselligkeit stimmende Heiterkeit ist der Charakter dieses Zimmers. Lange und dünne Säulen, schwarz lackiert, mit darauf angebrachten reichen Vergoldungen, tragen Bogen, welche oben so wie die Säulen verziert sind. Diese Bogenstellungen dienen zur Befestigung der reichen orange gefärbten mit einer Borte umgebenen Tapeten. In den Halbkreisen der Bogen schweben auf dunklem Grund liebliche Bacchantinnen und Tänzerinnen, in bunte Farben gemalt. Den Mittelpunkt der Decke ziert eine strahlende Lyra in freier Luft, mit den Tönen der Morgenröte umgeben. Auf einer den Himmelskreis begrenzenden Ballustrade stehen die Statuen der neun Musen zwischen Kassenkünsten von strahlspeienden Delphinen. Ein Fries von Greisen mit Lyren umgibt den äußeren Rand des Deckengemäldes.
12) Speisezimmer
Das darauf folgende Speisezimmer, welches für den gewöhnlichen Gebrauch des Königs und der Königin bestimmt und nur von mäßiger Größe ist, hat mit leichten Mahlzeiten verzierte Boiserien. Fruchtgehänge, kleine an Thyrsusstäben aufgehangene Bündel mit Speisewaren als Vögel, Fische, Wildbret und Gemüsen schmücken die Füllungen der Täfelungen. An der Decke befinden sich ebenfalls Fruchtgehänge, und in vier Füllungen sind Nymphen und Halbgötter angebracht, welche die Erzeugnisse der vier Jahreszeiten tragen. Zwei Öfen von der Höhe des Tisches mit Marmorplatten dienen zur Erwärmung der Speisen. Dieses Zimmer bildet die Grenze zwischen der Wohnung des Königs und dem als gemeinschaftliche zu betrachtenden Salon und Speisezimmer und der besonderen Wohnung der Königin, zu der der eigentliche Eingang sich bei der langen Galerie befindet, welche zunächst an der großen Haupttreppe zur Wohnung der Königin gelegen ist.
13) 14) Galerie und Bedientenzimmer
Von dieser Haupttreppe betritt man durch die bemerkte Tür die Galerie und erreicht durch diese ein dahinter gelegenes Bedientenzimmer. Beide Räume sind mit marmorartig gemaltem Stuck in Füllungen verziert.
15) Pagenzimmer
Das auf diese Zimmer folgende Pagenzimmer, von ovaler Form in einem lichtrötlichen Ton gehalten, hat einen en camaieu gemalten Fries von fruchttragenden Genien.
16) Erstes Vorzimmer der Königin
Das auf das Pagenzimmer folgende erste Dienstzimmer, ganz im Arabeskenstil gemalt, hat einen Fries von Pfauen, welche ihre Schweife ausbreiten. Die Decke ist reich mit Fruchgehängen, Korbträgerinnen und anderen Arabesken verziert. An den Wänden sind in den Wandpfeilern aufsteigende Arabesken angebracht.
17) Zweites Vorzimmer der Königin
Ein darauf folgendes Zimmer mit grünen seidenen Tapeten hat eine mit Weinlaub, Thyrsusstäben und Masken verzierte Decke. Die Tapetenleisten sind mit Weinranken geschmückt, und die Fenstergardinen sind an Thyrsusstäben aufgehangen.
18) Drittes Vorzimmer der Königin
Dieses Zimmer mit lilaseidenen Tapeten hat eine Verzierung von Schwänen und Lilien an der Decke. Die Tapetenleisten sind mit Lilien verziert, und Schwäne tragen in ihren Schnäbeln die Fenstervorhänge.
19) Thronzimmer der Königin
Das auf jene Vorzimmer, welche zum Aufenthalt der Hofdamen und der Oberhofmeisterin bestimmt sind, folgende Thronzimmer der Königin hat eine mäßige Größe, indem es nur zu kleinen Privataudienzen bestimmt ist. Im Hintergrund befindet sich eine halbkreisförmige Nische, welche dessen ganze Breite einnimmt. Auf einer erhöhten Stufe steht ein Thronsessel. Die Wände sind mit blausamtenen Vorhängen drapiert. Die Kuppel dieser Nische besteht aus einem Netz von Cassetten, deren Mittelpunkte mit vergoldeten Sternen verziert sind;) jeder Stern enthält das Anagramm der Königin. Im Mittelpunkt schweben in einem halbrunden Felde die Tauben der Liebesgöttin. Die Wände des Zimmers sind von weißem Marmor mit Füllungen, welche aus Bruchstücken von echtem Alabaster gebildet und die Ecke mit vergoldeten Gliedern besetzt sind. Die Decke zeigt in ihrer Mitte in einer kreisförmigen Füllung das Bild der aus dem Wagen aussteigenden Liebesgöttin, von einem Kreis von Amorinen umringt, welche ihre Attribute und die Werkzeuge ihrer Toilette tragen. Dieses Gemälde hat der Herr Maler Bartel in Deckfarben ausgeführt. Ein das Bild umgebender äußerer Reif enthält Abbildungen von 16 Meergöttern und Meergöttinnen, welche triumphierend die neugeborene Göttin umgaukeln. In vier runden Feldern der Decke ist Amor als Überwinder der vier Elemente angebracht, welcher auf dem Löwen reitet, den Drachen bezwingt, auf einem Delphin schwimmt und einen Adler leitet. Die übrigen die Decke füllenden Verzierungen bestehen aus Laubwerk, in welchem Köcher und Pfeile des Liebesgottes gefällig eingehüllt sind.
20) Toilettzimmer der Königin
Das an den Thronsaal der Königin anstoßende Toilettzimmer hat im Mittelpunkt der Decke einen aus Spiegelstücken und Glasperlen gebildeten Stern, zwischen dessen Strahlen kleine Liebesgötter, in Rosenkränze gestellt, ihre Pfeile herab schießen. Die den Plafond ausfüllenden und den Stern umgebenden Verzierungen sind ganz im Geiste der leichten und zierlichen herkulanischen Verzierungen gehalten; sie bestehen aus leichten Verbindungen von Blumenketten, Korbträgerinnen, gemmenartigen Medaillons mit Liebesgöttern und anderen dergleichen zierlichen Spielen der Phantasie. Das obere Glied des Hauptgesimses wird durch eine Reihe von Zephirsköpfen gebildet. Ein breiter Fries mit einer Malerei von in Laubwerk verschlungenen Liebesgöttern, auf dunklen Grund gemalt, umgibt das zierliche Zimmer, dessen Wände mit Spiegel und Gehängen von weißen und rosenroten beblümten seidenen Vorhängen bedeckt sind.
21) Schlafzimmer der Königin
Das an das Toilettzimmer anstoßende Schlafzimmer der Königin bildet eine große Rosenlaube, welche durch ein Balkennetz gestaltet wird, über welches auf einem darauf liegenden Lattenwerke die Rosenlaube ruht. Durch eine mittlere Öffnung derselben, welche von einem reich vergoldeten, mit Schwänen verzierten Rahmen umrandet wird, erblickt man die Göttin Luna, welche von der Scheibe des Mondes umgeben sanft lächelnd ins Zimmer hinabschaut. Dieses Gemälde ist von dem Rektor und Hofmaler Weitsch zu Berlin in Ölfarbe gemalt. Im Grunde des Zimmers befindet sich eine ovale Nische mit dem reich verzierten Bette der Königin. An den Wänden des Zimmers, welche mit rotem Samt tapeziert sind, befinden sich lange Säulen von Mahagoniholz zur Haltung der Tapeten. Die Öfen im Ägyptischen Stil dienen zwei Vestalinnen zu Fußgestellen, welche in ihren Armen zwei durchsichtige Alabasterlampen tragen.
22) Bibliothekzimmer der Königin
Dem Schlafzimmer folgt das Bibliothekzimmer der Königin. Es bildet ein von vier Gurtbogen eingeschlossenes Kreuzgewölbe. Die Bogen sind mit Bücherschränken von Mahagoniholz ausgefüllt. Der Stil der Dekoration ist etruskisch. Die Schränke mit ihren Bogenfenstern haben etruskische, in Holz mosaisch eingelegte Verzierungen. Die Flächen der Bogen über den Schränken sind ebenfalls ganz mit etruskischen Verzierungen in Stuck mosaisch ausgelegt. Sie zeigen in einer Menge länglicher und runder Füllungen Abbildungen aus den berühmten Hamiltonschen Basengemälden.
Auf den Schränken stehen kleine Tempel mit den Bruststücken der vier Koryphäen der vier neuen Literaturen, nämlich Goethe für die Deutsche, Voltaire für die Französische, Shakespeare für die Englische und Tasso für die Italienische.
In der Mitte jeder Füllung des Kreuzgewölbes befinden sich vier Medaillons mit den Brustbildern vier berühmter Königinnen der neueren Geschichte. Elisabeth von England, Christine von Schweden, Katharine von Russland, Maria Theresie von Österreich. Die Einfassung hat die Gestalt von antiken Spiegelrahmen, deren Stiele von den Genien der Kunst und der Wissenschaft gehalten werden. Der ganze Raum der dreieckigen Felder des Kreuzgewölbes ist mit reichem Laubwerk ausgefüllt, in welchem zwei Füllhörner angebracht sind, aus denen ein kleiner Genius zwei anderen, auf dem oberen Rande des Spiegels sitzenden, mit den Attributen der Kunst und Wissenschaften geschmückten Genien Rosengehänge zureicht, welche dies um eine über den Spiegel angebrachte Krone winden.
23) Bad der Königin
Das an das Bibliothekzimmer stoßende Bad der Königin von weißem Marmor hat zwei gegen einander überstehende geräumige Nischen, welche von einer zeltartigen Decke gethront werden. In einer dieser Nischen steht die Badewanne von weißem Marmor, mit Schwänen verziert; die andere enthält ein Ruhebett. Der Grund der Nischen ist mit weißem Linon drapiert. Die mittlere Decke des Zimmers sowohl, als die Zeltdecken über den Nischen sind mit reichem Muschelwerk, in bunten Farben gemalt, geschmückt. Die Zeltdecken sind ebenfalls von geschliffenem Marmor. In ihren Mittelpunkten hängen zwei durchsichtige geschliffene Glaslampen, welche einen magischen Glanz über die kolorierten Flächen dieser Zeltdecken verbreiten.
Louis Catel, 1811