Von Verkehrswendeinitiative Amsel44
Letzten Mittwoch um 8.30 Uhr stehen Aktivist Rosswog, Anwältin Onér und eine Reihe interessierter Versammlungsteilnehmer*innen vor dem Landgericht in Braunschweig und feiern mit alkoholfreiem Sekt zu dem Lied von Danger Dan „Das ist alles von der Kunstfreiheit gedeckt“, das von einer sechsköpfigen Gruppe der Protestmusiker*innen Lebenslaute performt wurde. Denn: Volkswagen hat im letzten Moment ihren Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen den Aktivisten Tobi Rosswog zurück genommen.
Was war passiert:
VW hat versucht, eine öffentlichkeitswirksame Meinungsäußerung zu unterdrücken. Konkret ging es im Verfahren um die Webseite volkswagen-umbauen.de. Diese an das Corporate Design des Auto-Konzerns angelehnte Seite hatten Aktivist*innen genutzt, um ihre Vorschläge für eine zukünftige Produktion Volkswagens vorzustellen – nämlich Busse, Bahnen und Lastenräder. Nachdem das Landgericht Braunschweig Anfang Juli in einer mündlichen Verhandlung deutlich gemacht hat, dass auch VW keine meinungsfreie Zone errichten kann und Kritik aushalten muss, ziehen sie nun ihren Antrag auf Eilrechtsschutz zurück. Die Strategie dahinter ist offensichtlich: VW will eine auch über diesen Fall hinauswirkende Rechtsprechung vermeiden, die den Schutz der Meinungs- und Kunstfreiheit bestätigt, auch wenn dies bei Großkonzernen Befindlickeiten verursacht.
Das ist schade, denn auch das Gericht fand den Fall äußerst interessant und fand auch keine bisherige Rechtsprechung zu ähnlich gelagerten Fällen.
Beim Gerichtstermin hatte sich ein Konzernanwalt von VW gewünscht, das Problem dieser Verkehrswende-Aktionen ein für alle mal zu beerdigen. Dem ist der Aktivist sogar mit einem Vergleichsangebot entgegengekommen. Wenn VW endlich die Machbarkeitsstudie zur Produktionsumstellung auf zukunftsfähige Produkte in Auftrag gibt und ihrerseits die Verfolgung von Menschen, die sich für eine lebenswerte Zukunft einsetzen, einstellt, würden die Forderungen von VW sogar gerne erfüllt.
Dazu kam es nun nicht und Volkswagen zieht sich im letzten Moment vor dem Scheitern aus dem Verfahren zurück.
„Es war absehbar“, meint der Aktivist Tobi Rosswog zu diesem Prozessausgang. „Die völlig hilflosen Star-Anwälte von VW haben ihre Hausaufgaben einfach nicht gemacht. Und bei der Verhandlung betonte das Gericht, dass sich weder das Urheber- noch das Markenrecht, noch (Unternehmens-)persönlichkeitsrechte nutzen lassen um derartige Kommunikationsguerilla zu unterbinden. Auch in Wolfsburg gibt es Kunsfreiheit und Meinungsfreiheit.“ Und er fügt hinzu: „Es ist doch unverständlich, wie VW dem Sparzwang zum Trotz unnötige und teure Prozesse führt, um damit Kritik und Utopie zu unterbinden. Aber es ist ganz klar: Sie können es wieder versuchen und werden erneut scheitern. Wir freuen uns schon auf den nächsten Prozess“.
Die Webseite volkswagen-umbauen.de ist nach Ende des Rechtstreits nun wieder online.