Auftritt von J.D. Vance in München: Mit der flachen Hand in die Suppe

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J.C.Vance: US-Amerikanischer Vize-Präsident

Seit Tagen steht die geopolitische Welt Kopf – und Trumps Vize liest Europa die demokratischen Leviten. Unser Reporter ist in München dabei.

Von Thomas Fasbender (Berliner Zeitung) vom 14.02.2025

Es ist lange her, dass die Münchener Sicherheitskonferenz ähnlich im Rampenlicht stand wie in diesem Jahr. Seit Donald Trumps eineinhalbstündigem Telefonat mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin am Mittwoch steht die geopolitische Welt Kopf. Will Trump die Ostukraine herschenken, für Kiew auf die Krim verzichten, desgleichen auf die ukrainische Nato-Mitgliedschaft?

So hatte es der neue amerikanische Verteidigungsminister Pete Hegseth am Freitag im Brüsseler Nato-Hauptquartier verkündet. Auch die Stationierung von US-Soldaten in der Ukraine oder ein Nato-Mandat für eine Friedenstruppe komme für die Amerikaner nicht infrage. Inzwischen versucht der Washingtoner Apparat zwar, Hegseths Worte wieder einzufangen, doch der Eindruck bleibt: Das Team Trump legt seine Karten ohne alle Not offen auf den Tisch.

In Europa herrscht helles Entsetzen. Zumal der Mann im Weißen Haus keinen Zweifel daran lässt, dass der Alte Kontinent den Wiederaufbau in Osteuropa aus eigener Tasche zu finanzieren hat – die Rede ist von tausenden Milliarden Euro. Plus Rüstungsausgaben im Umfang von bis zu fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts.

Christoph Heusgen, dessen Ära als Konferenzchef nach nur zwei Veranstaltungen zu Ende geht, startet mit einer Gedenkminute für die Opfer des Münchener Terroranschlags am Vortag. Dann begrüßt er die Delegationen aus den USA und der Ukraine. Der Akt vermittelt ein Vorgefühl: zögerlicher, kurzer Applaus für die Gäste aus Washington, kräftiger, langanhaltender Applaus für die Kiewer.

Auch die Worte des Bundespräsidenten verdeutlichten die Bauchschmerzen, mit denen die europäische politische Klasse auf den Paradigmenwechsel in den USA reagiert. Knallharte Realpolitik statt blumiger Wertepolitik, Kraft des Willens und der Macht statt Kraft der Normen und Regeln – daran werden die Europäer noch zu kauen haben.

Zeitgeist-Chamäleon Ursula von der Leyen

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1 Kommentar

  1. Endlich zeigt sich eine reelle Chance, diesen furchtbaren Krieg und dieses sinnlose Sterben zu beenden. Peinlich nur, dass es die Europäer nicht geschafft haben, einen diplomatischen Weg zur Beendigung des Krieges zu schaffen. Bis zuletzt herrschte das tödliche Narrativ, dass Russland den Krieg verlieren müsse, selbst um die Gefahr einer atomaren Eskalation. Hat Russland nun den Krieg gewonnen, wie manche sagen? Der Krieg hat Zehntausende Tote und viele Milliarden auf beiden Seiten gekostet und hinterlässt ein zerstörtes Land, dessen Wiederaufbau ebenfalls viele Milliarden kosten wird. Ein Gewinner steht schon fest: Die USA haben zwar eine militärische Schlappe hinnehmen müssen, in ihrem strategischen Ziel, Russland massiv zu schwächen, jedoch profitieren sie wirtschaftlich von den milliardenschweren Rüstungskäufen der europäischen NATO-Partner und von den Fracking-Gas Exporten nach Europa. Nach Trumps Auffassung vermutlich ein gutes Geschäft. Die europäische wertebasierte Außenpolitik aber steht als Verlierer da. Trumps Telefonat mit Putin zeigt, dieser Krieg war und ist ein verdeckter Krieg zwischen den geopolitischen Ambitionen der USA und Russlands und wird nur von diesen beiden Groß- bzw. Supermächten beendet werden können. Europa muss sich neu orientieren.

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