Abriss der Burgpassage – möglicherweise ein schwerer Fehler

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Die Burgpassage

Nach Ostern soll nach dem Willen der Stadtspitze der Abriss der Burgpassage angegangen werden. Dadurch würden Fakten geschaffen, die nicht mehr rückgängig gemacht werden könnten – die Suche nach der besten Lösung im Sinne der Bürger wäre abrupt gestoppt. Der Rat der Stadt hat bisher darauf verzichtet, sich zum Forum dieser Suche und der Diskussion darüber zu machen. Statt dessen wurden die Weichen seitens der Stadtspitze gestellt und dann die weitere Entwicklung der abhängigen städtischen Tochter SFB übertragen. Dabei gibt es ernst zu nehmende alternative Pläne; auf einen weiteren, als Kompromissvorschlag vom Architekten Michael Drewitz entwickelt, gehen wir am Ende dieses Artikels kurz ein.

Es gibt also gute Gründe, die Suche nach der besten Lösung im Sinne der Bürger fortzusetzen:

Die wundersame Vergrößerung des vorgesehenen Hotelbaus um mehr als ein Drittel

Bekanntlich sehen die aktuellen Pläne des SFB drei Riegel vor: ein Hotel, einen Erweiterungsbau des Gymnasiums „Kleine Burg“ und einen Baukörper mit sehr teuren Wohnungen. Als die Stadt die Burgpassage aus der Konkursmasse herauskaufte, war als Grundlage für diesen Kauf Folgendes festgelegt: das Hotel sollte 4.800 qm Fläche bekommen, der Schulbau ebenfalls 4.800 qm und die Luxuswohnungen 2.800 qm. Inzwischen nennt man aber, davon abweichend, deutlich andere Zahlen : für die Luxuswohnungen 2.550 qm (also 250 qm weniger), für den Schulbau 4.500 qm (also 300 qm weniger), für das Hotel aber 6.600 qm (also 37,5 Prozent mehr!) (Quelle: Präsentation der SFB zur Veranstaltung vom 15.2.25). Warum diese Änderung? Dazu war bisher unsres Wissens nichts öffentlich zu erfahren. Was bedeutet die Änderung für den Baukörper des Hotels? Wo werden die 1.800 qm zusätzliche Fläche verbaut? Unwahrscheinlich, dass die ohnehin kleinen, schlauchförmigen Flächen der sogenannten Höfe zwischen den Baukörpern weiter verringert werden soll (Spötter sprechen inzwischen ohnehin von „Stiftsschläuchen“ statt von „Stiftshöfen“; der ursprüngliche Stiftshof war übrigens zweigeschossig, die neuen Gebäude dagegen werden fünf- bis sechsgeschossig geplant). Soll also die Zusatzfläche „oben drauf“ kommen? Ursprünglich war vorgesehen, 155-170 Zimmer in 4 bis 6 Geschossen unterzubringen, bei 1800 qm mehr ginge es wohl um 220-240 Zimmer in 7 bis 9 Geschossen. Und ab 8 Geschossen spricht man in der Regel von einem Hochhaus! Dann wäre vielleicht der Name „Hotel Domblick“ angeraten?

Vorhandenes Gebäude für Schulerweiterung umbauen? Dezernent Leppa: geht nicht, Architekt: geht doch!

Michael Drewitz hat in seinem Entwurf für einen Umbau der Burgpassage vorgeschlagen, einen schon vorhandenen Baukörper für die Schulerweiterung zu nutzen, was die Kosten um etwa 15 Millionen Euro vermindern würde. Der teure Abbruch des Gebäudes wäre überflüssig, und ökologisch ist es sinnvoll, vorhandene Substanz zu bewahren anstatt sie auf die Mülldeponie zu verfrachten. In der Ratssitzung vom 1. April hat deshalb der Ratsherr Stefan Wirtz die Frage gestellt, ob man denn geprüft habe, das Gebäude für die Schulerweiterung zu nutzen. Dezernent Leppa antwortete, die Prüfung habe ergeben, dass das nicht möglich sei, weil die Geschosshöhe in drei Ebenen unter 3,00 m liege, im Bereich der Unterzüge bei 2,60 m. Damit seien die Voraussetzungen für einen Schulneubau unterschritten.

Allerdings würde es sich ja nicht um einen Schulneubau handeln. Entsprechend stellt Drewitz dazu fest: „Ich habe mir die Aussagen von Herrn Leppa sehr genau angehört. Leppa spricht von bestehenden Geschosshöhen von knapp 3.00 und von 2,60 im Bereich der Unterzüge. Das ist, wenn man noch einige cm für Fußbodenaufbau und Unterdecke abzieht, nicht üppig. Ich füge als Anlagen mehrere Auszüge der Raumhöhenforderungen an Schulräume bei.  Wie man daraus entnehmen kann, gibt es z.T. erhebliche Unterschiede. Hamburg und Niedersachsen gehen von 2.40 aus. Es gibt aber auch deutschlandweit die Forderung nach 3.00. Das hängt einmal mit den Beständen zusammen – Schulen, die geringere Höhen aufweisen, kann man ja nicht einfach abreissen -, aber auch mit Umnutzungen und Denkmalschutz. D.h. 3.00 ist die Richtschnur für Neubauten,- bei Umbauten sind Abweichungen bis auf 2,40 möglich. Auch die Ausführungen bzgl. Splittlevel sind bei schlüssiger Gesamtplanung kein Problem!“

Drewitz ergänzt, er habe in seiner Architektenlaufbahn immer wieder festgestellt, dass aufgrund verschiedener Zwänge in Verhandlungen mit Behörden Ausnahmegenehmigungen möglich waren. Zum Beleg legt er diverse Fotoaufnahmen von modernen, hellen Unterrichtsräumen vor, die alle niedriger sind als 3 m, teilweise sogar erheblich. Er verweist auch darauf, dass durch Änderung der Unterrichtsformate oft kleinere Unterrichtsräume mit veränderten Tiefen- und Höhenschnitten gebraucht werden. Drewitz schließt seine Ausführungen mit der Bemerkung, wenn man wolle, gebe es fast immer einen Weg. Er habe allerdings den Eindruck, dass Herr Leppa gar nicht wolle. – Man könnte hinzufügen: selbst wenn man nicht 15 Millionen Euro einsparen könnte, sondern nur 10 Millionen – das wäre es doch wert, die Pläne noch einmal gründlich zu überdenken. Von dem Lärm und Schutt gar nicht zu reden, der bei Abriss des massiven Gebäudes entstände, durch den Umbau aber zu vermeiden wäre.

Urheberrecht des Architekten Heio Vahjen? Rechtslage soll frühestens am 21. Mai geklärt werden

Wie die Braunschweiger Zeitung vom 4. April mitteilt, gibt es einen Rechtsstreit um die Pläne für das Gesamtprojekt „Stiftshöfe“. Es geht um das Urheberrecht: der Architekt Heio Vahjen beansprucht es für sich (wenn man seine Pläne mit denen der SFB vergleicht, kann man ihn gut verstehen, auch als Laie), die SFB sieht darin kein Problem. Der Richter hat in einer ersten Sitzung das Urheberrecht bejaht. Vor allem aber hat er darauf hingewiesen, dass für den Fall, dass die SFB die Pläne Vahjens umsetzen würde, dieser Rechtsansprüche geltend machen könne, die zu einem Baustopp oder gar einem Abriss der Stiftshöfe führen könnten. Das wäre natürlich die ultimative Katastrophe für das Projekt. Vermutlich wird die Stadt versuchen, sich im Vorfeld mit dem Architekten zu einigen, allerdings wurden zwei Kompromissvorschläge des Richters von beiden Seiten abgelehnt. Das Urteil in dieser Sache soll am 21. Mai verkündet werden. Den Abriss der Passage anzugehen, bevor die Rechtslage geklärt ist, wäre natürlich besonders unklug.

Der neue Kompromiss-Entwurf des Architekten Drewitz

Den Vorschlag des Architekten Michael Drewitz zum Umbau der Burgpassage haben wir bereits vorgestellt. Nun hat er einen Kompromissvorschlag skizziert, der darauf abzielt, die Anliegen der SFB und der drei bisher mit dem Projekt befassten Architekturbüros einzubeziehen. Das geplante Hotel entfällt, die Passage bleibt erhalten, integriert aber neue Funktionen (u. a. Studentenwohnungen), zwei neue Wohnriegel kommen hinzu. Diese könnten „in kosten- und gewichtsgünstiger Holzskelettkonstruktion“ erstellt werden, so dass hier Sozialwohnungen statt Luxuswohnungen entstehen könnten. Der Vorschlag zeigt einmal mehr: es gibt verschiedene Planungsvarianten, die den Interessen der Bürger an einer lebendigen Innenstadt viel näher kommen als der gegenwärtig verfolgte Entwurf. Und es wäre angebracht, dass darüber öffentlich diskutiert wird, anstatt voreilig Fakten zu schaffen.

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