Kanzler Scholz zum Bürokratieabbau

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Ein fiktives Interview von Klaus Knodt

„Sehr geehrter Herr Bundeskanzler, das Bundeskabinett hat gestern zum Thema Bürokratieabbau getagt und einen neuen Vorschlag vorgelegt. Wie sieht der, in aller Kürze, aus?“

OS: „Uns ist seit Langem bekannt, dass die Bürokratie in Deutschland Firmeninvestitionen hemmt, ausländische Fachkräfte von einer Arbeitsaufnahme in Deutschland abhält, Planungsvorgänge verzögert und – nicht zuletzt – auch immer wieder BürgerInnen verärgert, wenn sie beispielsweise einen neuen Reisepass oder eine Baugenehmigung benötigen. Dagegen wollen wir mit diesem Gesetz vorgehen. Es kann ja nicht sein, dass Jemandem seine Steuererklärung abgefordert wird, wenn er die erforderlichen Unterlagen – zum Beispiel von der Krankenversicherung oder der Arbeitsagentur – noch gar nicht vorliegen hat. Oder ein Unternehmen Einfuhren aus Westafrika einstellt, weil die bürokratischen Hürden für eine Einfuhr der Produkte zu hoch sind.“

„Nun haben Sie gestern im Kabinett beschlossen und möchten diese Hindernisse zusammen mit Ihrer Koalition verringern. Welche konkreten Massnahmen schlägt die Bundesregierung hier dem Parlament vor?“

OS: „Zunächst geht es der Bundesregierung erstmal um eine sehr sorgfältige Bestandsaufnahme der Schwachstellen des bisherigen Systems. Diese haben wir – lautlos, aber nicht ineffektiv – in den vergangenen 3 Jahren geleistet.“

„Dadurch ist aber noch keine Vorschrift weggefallen. Können Sie uns sagen, was Ihrem Plan zufolge tatsächlich zum Bürokratieabbau führen soll?“

OS: „In unserer noch bestehenden Koalition aus SPD und Grünen sowie des damaligen Partners  FDP haben wir uns gemeinsam darauf geeinigt, den Sachverstand für den Bürokratieabbau zu bündeln. Wir schlagen dem Parlament daher die Einrichtung eines Ministeriums für Bürokratieabbau vor. Dieses wird zügig, aber sorgfältig dafür sorgen, dass die Belastung der Unternehmen und BürgerInnen durch Vorschriften stetig abnimmt. Schon in 2029 werden wir nennenswerte Effekte erzielen. Das haben uns unabhängige Studien bestätigt.“

„Sie wollen auf gut deutsch ein neues Ministerium, um Bürokratie abzubauen?“

OS: „Ja.“

 „Was kostet das neue Ministerium und wie viele MitarbeiterInnen benötigen Sie dafür?“

OS: „Sehen Sie mir bitte nach, dass es sich hier nur um einen Kabinettsvorschlag und noch keine fertige Regierungsvorlage handelt. Ich als Bundeskanzler habe das in die Diskussion gebracht, damit in den Köpfen – auch unserer Staatsbediensteten! – ein neues Diskussionsmodell Einzug findet, das unsere Republik für die nächsten Jahre auch international auf einem guten Kurs hält. Dabei spielen Zahlen gar nicht so eine große Rolle, sondern nur der Geist, etwas verändern zu wollen. Wir leben in schwierigen Zeiten und helfen dabei auch noch der Ukraine. Das sollte und darf nicht vergessen werden, weil die vielen tausend unschuldigen Zivilistinnen und Zivilisten unserer stetigen Hilfe bedürfen.“

„Darf ich Sie jetzt provokativ fragen, ob die Bundesregierung die Kosten für das neue Bürokratie-Abbauministerium noch gar nicht durchgerechnet hat?“

OS: „Natürlich haben wir belastbare Zahlen. In den Feinheiten rechnen unsere Fachleute…“ (wird unterbrochen)

„Gibt es schon einen Stellenplan? Wieviel Leute brauchen Sie? Welche Liegenschaften plant die Regierung, hierfür anzumieten?“

OS: „Also zuerst einmal verwahre ich mich gegen den Vorwurf, Geld zu vergeuden. Die Bundesregierung hat in den letzten 3 Jahren strenge Haushaltsdisziplin auch vor den scharfen Kriterien der EU gewahrt. Deutschland ist das finanziell solideste Land in der EU und kann alle Verpflichtungen erfüllen. Es liegt nicht immer nur an der Politik, wenn die Wirtschaft nicht läuft.“

„Wie viele Leute brauchen Sie für das Bürokratie-Abbauministerium und was kosten die? Wie viel können Sie überhaupt noch bezahlen?“

OS: „Wir liegen da in der Größenordnung von maximal 6000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Das entspricht einer mittleren Landesbehörde. Etwa eines Rathauses in Ihrem schönen Braunschweig. Und das ist doch nicht zu viel, vor den Aufgaben, vor denen wir stehen! Ich verwahre mich dagegen, hier in die Ecke gedrängt zu werden, dass ich nicht genug Geld für sinnvolle Massnahmen ausgebe. Wer Leistung will, muss auch für die Leistung bezahlen, und das gilt sowohl für den Staat als auch für jede Bürgerin und jeden Bürger. Wir achten auf Kosteneffizienz und Kosteneffektivität, und werden im günstigsten Fall eine kostenneutrale Bilanz ausweisen.“

„6000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und ein eigene Dienststelle kosten Sie vermut…“

OS (unterbricht): „Da legen Sie mir etwas in den Mund, das ich noch gar nicht gesagt habe. Ich bedanke mich für das Interview.“

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