Der Porsche-Piech-Deal

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von Prof. Dr.-Ing. Hans-Joachim Selenz

Porsche übernimmt 20 Prozent von VW. Die Nachricht geht am Samstag, den 24. September über die Ticker. Als exklusive SPIEGEL-Meldung. Tags darauf, am 25. September, bestätigt Porsche-Chef Wendelin Wiedeking die Aktion. Das Ziel: Die Abwendung einer „feindlichen“ übernahme von VW zusammen mit Merril-Lynch.

Der Porsche-Chef begründet den Milliardendeal damit, dass VW ein bedeutender Entwicklungspartner sei. Porsche wickele mit und über VW ca. 30 Prozent seines Absatzvolumens ab. „Wir wollen damit in unserem eigenen Interesse die Unabhängigkeit des Volkswagen-Konzerns sicherstellen,“ so Wiedeking. Deutlicher wird ein Porsche-Sprecher: „Wir sichern unser Geschäftssystem ab, weil wir sehr eng verbandelt sind.“ Angestrebt werde eine „deutsche Lösung“. Mit übernahme von 20 Prozent der Stammaktien wäre Porsche größter Anteilseigner bei VW. Noch vor dem Land Niedersachsen. Das hält 18,2 Prozent der VW-Aktien. Man plane jedoch auf keinen Fall eine Beteiligung von 30 Prozent, so Wiedeking. In diesem Fall müsste Porsche ein öffentliches Angebot zur vollständigen übernahme von VW abgeben. Porsche habe in letzter Zeit über die Börse VW-Aktien gekauft. „Wir liegen aber noch unter fünf Prozent“, meldet der Konzern. Doch wieviel liegen bei Merril-Lynch?

In den Tagen zuvor waren über die Medien gezielt Meldungen gestreut worden. Z. B. über einen Einstieg des US-Investors Kirk Kerkorian. Mit ihm hatte man das Schreckgespenst einer „feindlichen“ übernahme in die Gerüchteküche gestellt. In der 38. KW, insbesondere am 22. und am 23. September verzeichnete die Börse dramatische Anstiege der Umsätze mit VW-Aktien. Just an diesen Tagen trafen sich die Mitglieder des VW-Aufsichtsrates in Wolfsburg. An ihrer Spitze: Porsche-Gesellschafter und Porsche-Aufsichtsrat Ferdinand Piech. Porsche und VW arbeiten z. B. auf dem Sektor Geländewagen eng zusammen. Der Porsche-Cayenne und das VW-Schwestermodell Touareg besitzen eine identische Plattform. Damit wurde Porsche der Einstieg in ein völlig neues Segment ermöglicht. Diese Entscheidung fiel, als Piech VW-Chef war. Porsche hätte ohne diese Hilfe eine derartige Ausweitung seines Produktspektrums wohl nur schwerlich bzw. sehr viel teuerer bewerkstelligen können. Zur Zeit plant man eine intensive Zusammenarbeit auf dem Gebiet des von VW sträflich lange vernachlässigten Hybrid-Antriebs.

Bei Porsche hat sich nicht zuletzt durch das „Geschäftssystem“ Porsche-Piech ein ansehnliches Finanzpolster gebildet. Mehr als drei Milliarden Euro! Mit diesem Polster greift nun Piech über Porsche nach VW. Mit seinen intimen Kenntnissen beider Unternehmen ist er der Treiber des Deals. Während Porsche-Chef Wiedeking seinen Aktionären Quartalsberichte vorenthält, wird Porsche-Aufsichtsrat Piech „kontinuierlich, zeitnah und umfassend informiert“. Z. B. über das monatliche Berichtswesen, „das wesentliche aktuelle Mengen- und Finanzdaten im Vergleich zu den Budget- und Vorjahreszahlen aufzeigt und erläutert.“ Der Porsche-Chef stemmt sich mit Unterstützung des Porsche-Hauptaktionärs Piech auch erfolgreich gegen die Empfehlung der Regierungskommission für eine Veröffentlichung seines Einkommens als Vorstand einer AG.

VW-Chef Pischetsrieder erklärt, er begrüße das Interesse von Porsche. Eine stabile Aktionärs-struktur sei wichtig für das Geschäft. Derweil ist zu lesen, VW und Porsche verhandelten bereits über den Deal! Ist das „Geschäftssystem Porsche-Piech“ für VW so nachteilig, dass sich Porsche die „deutsche Lösung“ drei Milliarden kosten lässt? Hat Piech Angst, dass unter anderen Umständen das zumindest für ihn lukrative „Geschäftssystem“ auf den Prüfstand kommt? Ist mit einem Großaktionär Porsche auch an der Aufklärungsfront der VW-Skandale Nebel statt frischer Wind zu erwarten? Die Skandale haben ihre Wurzeln schließlich alle in der Ära Piech. Wer hat an den Tagen vor der inoffiziellen Bekanntgabe des Porsche-VW-Deals Geschäfte gemacht? Der Kursanstieg war schließlich durch nichts als Spekulation bestimmt! Haben Vorstand und Aufsichtsrat beider Firmen gegen Transparenz-Vorschriften verstoßen? Insider-Geschäften sind bei den diffusen Porsche-Piech-VW-Konstellationen Tür und Tor geöffnet. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht ist gut beraten, den Porsche-Piech-VW-Deal sorgfältig zu prüfen.

Peine, den 26. September 2005

gez.: Prof. Dr.-Ing. Hans-Joachim Selenz

http://www.hans-joachim-selenz.de

HINWEIS: Lesen Sie zu diesem Thema auch die aktuelle Buchbesprechung von H.-J. Selenz.

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