Zypern – Fakten und kritische Reaktionen

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Welche Werte sind gemeint? Monetäre oder gesellschaftliche Bearbeitung Corinna Senftleben

Das Hilfspaket für Zypern in Kürze

Die Euro-Finanzminister und der Internationale Währungsfonds haben sich mit Zypern auf eine Abwandlung des Hilfspakets geeinigt, das im zyprischen Parlament durchgefallen war. Milliardenkredite fließen demnach nur, wenn der Bankensektor schrumpft und Vermögende zur Kasse gebeten werden. Ein Überblick:

Hilfskredite: Bis zu zehn Milliarden Euro umfasst das Hilfspaket der internationalen Geldgeber. Den größten Teil soll der Euro-Stabilitätsmechanismus ESM zur Verfügung stellen. Der Internationale Währungsfonds soll sich ebenfalls beteiligen.

Abgabe auf Bankeinlagen: Die ursprünglich vorgesehene Abgabe auf Guthaben aller Bankkunden in Zypern ist vom Tisch. Die Einigung sieht ausdrücklich vor, dass Vermögen bis zu 100.000 Euro nicht angetastet werden. Um trotzdem die von den Euro-Staaten geforderten 5,8 Milliarden Euro als eigenen Beitrag aufbringen zu können, werden nun Bankkunden mit großen Guthaben deutlich stärker zur Kasse gebeten.

Reform des Bankensektors: Bis 2018 soll der zyprische Bankensektor auf eine Dimension im Vergleich zur Wirtschaftsleistung schrumpfen, wie sie im EU-Schnitt üblich ist.

Schuldentragfähigkeit: Die Staatsverschuldung wird mit dem Hilfsprogramm deutlich steigen. Sie soll bis Ende 2020 auf 100 Prozent der Wirtschaftsleistung begrenzt werden.

Steuern: Ein Teil der Sanierung der Staatsfinanzen sollen auch über höhere Steuern hereinkommen.

Beitrag der zyprischen Regierung: Zyperns Regierung muss die Ausgaben senken. Staatsfirmen müssen privatisiert werden. Zudem muss Zypern die Kredite aus dem ESM zurückzahlen.

Bedeutung für deutsche Steuerzahler: Solange Zypern Kredite aus dem bestehen Krisenfonds ESM erhält und diese auch zurückzahlen kann, hat das Hilfspaket keine Auswirkungen auf die deutschen Staatsfinanzen. Erst wenn Zypern zahlungsunfähig würde und seine Kredite nicht mehr bedienen könnte, müssten die deutschen Steuerzahler einspringen.

Pressereaktionen außerhalb des Üblichen (z. T. aus: www.nachdenkseiten.de)

Die Währungsunion ist Geschichte“ von Ulrike Herrmann (TAZ)

S.P.O.N. – Im Zweifel links: Starrsinn, Machthunger, Egoismus) von Jakob Augstein (Spiegel online)

„Merkels Vorstellung von europäischer Integration sieht so aus: Europa soll sich Deutschlands Politik beugen.“

„Noch jubeln die Deutschen ihrer Kanzlerin zu. Sie sollten an die Worte des Luxemburgers Jean-Claude Juncker denken: „Wer glaubt, dass sich die ewige Frage von Krieg und Frieden in Europa nie mehr stellt, könnte sich gewaltig irren. Die Dämonen sind nicht weg, sie schlafen nur.“

„Kommentar zum Augstein-Beitrag: Vom generellen Tenor ist Augstein voll und ganz zu zustimmen. Merkel und Schäuble verspielen gerade das gesamte Vertrauen, das sich Deutschland in mehr als 50 Jahren europäischer Einigung Aufgebaut hat. Dabei ist es schon fast mehr als nur eine Ironie der Geschichte, dass gerade eine aus der ehemaligen DDR – deren wesentliches Element der Staatsräson ja der Antiimperialismus war – stammende Bundeskanzlerin Merkel die alten bösen Geister deutschen Strebens nach Suprematie wieder aus der Flasche lässt. Umso tragischer ist das, als auch hier wieder alles im Namen einer menschenfeindlichen Ideologie, der Ideologie des Neoliberalismus geschieht.“

Zypern-Rettung: Moskau bezichtigt Euro-Gruppe des Diebstahls“ von Benjamin Bidder, Moskau ((Spiegel online))

„Zypern ist gerettet, aber das Vertrauen ist dahin“ DER STANDARD aus Wien

„…und zwar jenes der Bürger in den Euro, in die Europäische Union und die Lösungsfähigkeit von Politikern. Das miserable Krisenmanagement hat nachhaltigere Folgen als das monatelange Tauziehen um finanzielle Hilfen für Griechenland. Dieser Vertrauensverlust bei der Bevölkerung wiegt noch schwerer als Reaktionen an den Börsen, die diesmal überraschend verhalten ausfielen. Dass sich jetzt selbst dem europäischen Projekt positiv gestimmte Menschen fragen, was das soll und wie es weitergehen wird, zeigt das Ausmaß der Verstörung.“

Volker Pispers zu Zypern

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