Weihnachtsmann für 74 Tage in Gewahrsam

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Kurz bevor Oberbürgermeister Ulrich Markurth am Mittwochabend, 28.11.2018, den Braunschweiger Weihnachtsmarkt eröffnete, konnten Sicherheitskräfte noch rechtzeitig einen terroristischen Gefährder in Gewahrsam nehmen. Der Mann hatte sich vermummt am Rande des Weihnachtsmarktes unter die Gäste gemischt.

Die Ermittlungsbehörden rechtfertigten die Festsetzung des Mannes mit der Annahme, dass dieser innerhalb eines übersehbaren Zeitraums auf eine zumindest ihrer Art nach konkretisierte Weise eine terroristische Straftat oder eine schwere organisierte Gewaltstraftat begehen könnte. Dafür spreche die Tatsache, dass der grauhaarige Mann bereits Vorbereitungshandlungen zum Versand von verdächtigen Paketen ohne Absender in einer kaum zu beziffernden Anzahl an eine unbestimmte Menge von Adressaten getätigt habe. Präventiv wurde der Mann mit langem weißen Bart nun für 30 Tage in Gewahrsam genommen. Da er sich uneinsichtig zeigte, ist mit einer Verlängerung seiner Zeit hinter Gittern auf bis zu 74 Tage zu rechnen.

Der Mann, der zeitweise mit einem Schlitten unterwegs ist, hatte in den letzten Jahren bereits zur Winterzeit in gleicher Weise agiert, jedoch hatten die Ermittler*innen damals noch keine entsprechenden Eingriffsbefugnisse. Zur Terrorabwehr belegten die Behörden den Mann im roten Anzug mit weißem Pelzbesatz zudem in diesem Jahr mit der Vorgabe, in der Zeit vom 1.11. bis 31.12.2018 nicht den Wald zu verlassen. Dagegen hatte der Zipfelmützenträger verstoßen. Dafür droht ihm nun noch zusätzlich eine Geld- oder Haftstrafe bis zu 2 Jahren.

Dem in Ketten gelegten Mann mit Rauschebart folgten bei seiner Festnahme rund ein Dutzend Personen mit großen Protestschildern, um auf die Folgen des von SPD und CDU geplanten niedersächsischen Polizei- und Ordnungsbehördengesetzes (NPOG) aufmerksam zu machen, nach dem derartige Eingriffsmöglichkeiten zukünftig ohne begangene Straftat, lediglich auf bloßen Mutmaßungen der zukünftigen Begehung fußend, ermöglicht werden sollen.

Das Bündnis „#noNPOG – Nein zum neuen niedersächsischen Polizeigesetz!“ verdeutlichte mit diesem Straßentheater, dass das geplante Gesetz, das der Gesetzgebungs- und Beratungsdienst des Landtages in vielen Teilen als verfassungsrechtlich bedenklich oder gar als verfassungswidrig einstuft, jeden treffen kann. Ob Meldeauflagen, Aufenthaltsvorgaben und Kontaktverbote, Fußfesseln, Präventivgewahrsam, Quellen-Telekommunikationsüberwachung, Online-Überwachung (Niedersachsentrojaner), V-Leute-Einsatz, grenzenlose Videoüberwachung oder die Dauerobservation von Demonstrierenden: Das geplante Gesetz schaffe nicht mehr Sicherheit vor Terrorist*innen, sondern führe zu einer grenzenlosen Überwachung und Kriminalisierung der gesamten Bevölkerung, die unter Generalverdacht gestellt werde.

Zudem würden der Polizei zunehmend Geheimdienstaufgaben übertragen. Die strikte Trennung beider Organisationen sei jedoch mit Verabschiedung des Grundgesetzes eine Lehre aus den bitteren Erfahrungen der Nazi-Zeit gewesen.

Insbesondere die CDU hatte auf eine Verabschiedung des Gesetzes noch in diesem Jahr gedrungen. Die vielen kritischen Stellungnahmen während der Anhörungen im Innenausschuss im August dieses Jahres, auch aus den Reihen der #noNPOG-Bündnispartner*innen, und die noch nicht abgeschlossene Prüfung seitens des GBD hatten jedoch kürzlich für eine Verschiebung der Abstimmung bis ins nächste Jahr gesorgt.

Davon lässt sich das Bündnis #noNPOG jedoch nicht beirren, sondern ruft zur Großdemonstration am 8.12.2018 um 13 Uhr in Hannover, ab Opernplatz, auf (https://bit.ly/2QtdLd2).

Den Kindern wurde versprochen, dass der Weihnachtsmann nach den Protesten in Hannover garantiert rechtzeitig vor dem Fest wieder freigelassen und wie gewohnt Geschenke verteilen werde.

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