Warum werden die EU-Bürger seit der EU-Wahl mit Personaldebatten genervt?

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Dazu einige grundsätzliche Überlegungen von Thomas Damrau:

Sofern der Regierungschef nicht direkt vom Volk gewählt wird oder eine Partei die absolute Mehrheit der Stimmen erreicht, gilt: Erst Inhalt – dann Personal. Im Parlament müssen sich Koalitionen hinter einem Regierungsprogramm versammeln. Nachdem das Programm steht, kann das Regierungspersonal bestimmt werden.

Warum ist das in der EU anders?

Grund 1: Die EVP. Wenn Herr Larsson den schwedischen Christdemokraten seine Stimme gibt, wird ihm unterstellt, dass er auch Herrn Webers CSU mag – eine Regionalpartei, deren europapolitisches Programm in deutscher Sprache verfasst wurde, die Herr Larsson nicht versteht. Angeblich mag er auch Herrn Berlusconi, den Österreicher Kurz und außerdem vier bulgarische Parteien, die im eigenen Land gegeneinander antreten. Und möglicherweise muss Herr Larsson bald auch wieder Herrn Orban mögen. Die EVP versammelt mehrere Dutzend Parteien, die inhaltlich lediglich die Abneigung gegen linke und grüne Umstürzler eint. Da ist es einfacher über Personal zu diskutieren als über Umweltschutz, Finanzen, soziale Fragen oder Migration.

Grund 2: Jeder Regierungschef pflegt sein Hobby: Autoindustrie und Export (Deutschland), Beihilfe zur Steuerverkürzung (Irland, Niederlande, Luxemburg und andere), Autokratie (Polen und Ungarn als Vorbild – andere üben noch), Subventionserschleichung (einige). Und diesen Hobbys darf das EU-Spitzenpersonal nicht in die Quere kommen. Da trifft es sich gut, dass die Regierungschefs die Vormundschaft über das EU-Parlament ausüben.

Grund 3: Die Personaldebatte erweckt den Anschein, dass es wirklich wichtig sei, unter wessen Leitung kontraproduktive Agrarsubventionen verteilt werden, oder wer die Freihandelsabkommen verkündet, die den Bedarf an Containertransporten auf den Ozeanen und an LKW-Fahrten steigern – und dadurch die Erdatmosphäre anheizen.

Foto: Pixabay

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