Sind die Rettungsschirme wirklich notwendig?

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Welche Werte sind gemeint? Monetäre oder gesellschaftliche Bearbeitung Corinna Senftleben

Herr Bernd Krauß nimmt im B-S nicht zum ersten Mal Stellung zum Wirtschaftsgeschehen, insbesondere zur Finanzkrise. Sein letzter Beitrag: „Zahlenwirrwarr beim ESM und EFSF„. Hier nun ein weiterer Beitrag, der dankenswerterweise auch verständlich ist. (Red.)

Sind die Rettungsschirme wirklich notwendig, um die europäische Wirtschaft zu sichern?

Ich meine nein. Die Europäische Zentralbank (EZB) ist für den Euro zuständig. Sie hat den europäischen Banken in diesem Jahr 1000 Milliarden € neues Geld zu einem 1 Prozent Zinsen verliehen. Ohne großes Prozedere, ohne irgendwelche Parlamente, halt unabhängig (von wem?). Verleiht nun eine Bank nur eine Milliarde davon an Spanien zu 5% aus, so hat sie für das Weiterverleihen 40 Millionen € in einem Jahr verdient. So leicht kann man sein Geld anderswo nicht verdienen.

Die Alternative ist, dass dieses Geld für 1% an die Staaten ausgeliehen wird. Damit sinkt die Zinsbelastung enorm und die gefährdeten südeuropäischen Staaten haben eine reale Möglichkeit einen ausgeglichenen Haushalt zu erreichen, ohne durch dramatische Sparmaßnahmen ihre Wirtschaft abzuwürgen und damit übrigens auch in der Folge die deutsche. Das ganze Gerede um die Eurokrise wäre damit weitgehend zu ende, denn die Staaten müssten nicht mehr bei den Banken um Geld betteln, dass diese zum Teil selbst von der EZB, der Bank der Eurozone geliehen haben. Dann kann auch ganz in Ruhe geprüft werden, wie mit den alten Schulden umgegangen wird, ohne sie auf alle Steuerzahler der Eurozone zu verteilen.

Das Verleihen von Geld durch die Europäische Zentralbank ist eine Form des Gelddruckens, das solange gut geht, wie die Kaufkraft des Landes im Gleichgewicht zu den produzierten Waren des entsprechenden Landes steht, ansonsten kommt es zur Auslandsverschuldung oder zur Inflation. Eine ausgeglichene Wirtschaft ist also auf Dauer sehr wohl notwendig. Da die EZB dieses Jahr 1000 Milliarden an die Banken verliehen hat, scheint sie diese Gefahr noch nicht für gegeben zu halten.

Der Fiskalpakt, der ebenfalls bis Mitte des Jahres für die Eurozone beschlossen werden soll, um ausgeglichene Haushalte der Eurostaaten zu erzwingen, macht für völlig überschuldete Staaten keinen Sinn, egal ob man ihn an sich für richtig hält oder nicht. Einem zahlungsunfähigem Schuldner mit einer hohen Geldstrafe zu drohen hat schon etwas albernes. Brutale Sparmaßnahmen, wie in Griechenland, sind Strafaktionen gegen schuldlose Lohnabhängige und den Mittelstand, aber keine Wirtschaftssanierung, die irgendjemandem nutzt. Wenn man Griechenland kaputt saniert, dann müssen eben die übrigen Europäer um so mehr Geld zahlen – an Griechenland? – nein überwiegend an die Banken!

Den Bock zum Gärtner gemacht

Ach übrigens ist der Vorsitzende der Europäische Zentralbank sei einigen Monaten Mario Draghi. Dieser war von 2002 bis 2005 Vizepräsident und Europaverantwortlicher bei Goldman Sachs (Goldman Sachs ist ein sehr großes amerikanisches Investment Bankhaus). Dieses Bankhaus war führend bei der Verschleierung der griechischen Schulden, so dass Griechenland in die Eurozone aufgenommen wurde und die Schulden unbemerkt weiter und weiter anwachsen konnten. Wen wundert es, dass Draghi lieber den Banken Geld ausleiht, als den europäischen Staaten.

(Quellen zu Goldman Sachs und zu Draghi: New York Times 24.2.2011 und Le Monde 20.11.2011)

 


Kommentare   
 
0 #1 Ingeborg Gerlach 2012-04-15 20:57
Inzwischen hat die einstige Bundesjustizmin isterin Herta Däubler-Gmelin
(SPD) beim Bundesverfassun gsgericht Klage gegen beide Rettunsschirme
eingereicht, da sie einen Einschnitt in das Haushaltsrecht des
Parlaments bedeuteten. (Bericht der Frankfurter Rundschau vom 11. 4. 2012)
 
 

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