Sichtbar Unsichtbares

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Der Juni ist reich, vielleicht überreich an lohnendem Kulturangebot ? Wieder einmal können wir uns wie in einer richtigen Großstadt fühlen: da gibt es die Theaterformen, da wird im Kunstverein eröffnet, der Lichtparcours beginnt, das Festival der Braunschweiger Schulen ?Walk´n Art?, Braunschweig liest, Braunschweig macht Straßenmusik und dann gibt es auch noch einen neuen Kunstort zu entdecken: In der Villa Amsberg wird am 23. Juni um 18.00 Uhr die Abschluss-Ausstellung der Stipendien 2015/16 der Braunschweigischen Stiftung eröffnet ? Anna.laclaque, Christine Schulz und Lucie Marcandal sind die ersten, die an diesem Ort ihre Kunst zeigen.

Und  in den Allgemeinen Konsumverein führen Sie hoffentlich auch die Wege. Auch hier ist Ihre Aktivität gefragt  ? Aktiv im Schauen muss jeder werden, um mit Lorenz Olivier Schmid das Unsichtbare der Staubbilder sichtbar werden zu lassen. Eine stille, fast labormäßige Ausstellungssituation ist aufgebaut: Tische, Glasplatten unterschiedlicher Größen und konische Gebilde. Man ahnt, dass es noch mehr geben müsste.
Lorenz Olivier Schmid lebt und arbeitet im Aargau und in Luzern. Der 1982 geborene Künstler sammelt die Spur der Zeit. Vielfältig werden Schmetterlinge und Pflanzen sorgsam hinter Glas arrangiert. So hängen die toten Gebilde in Wohnzimmern oder sonst wo bis sie entsorgt werden oder Lorenz sie erwirbt. Sehr vorsichtig entfernt er die die Pflanzen und Falter von den Glasplatten. Ein Hauch, ihr Abdruck bleibt zurück ? fast unsichtbar.

Dieser Abdruck kann wie ein fotografisches Negativ benutzt werden, was Lorenz Schmid auch tut, oder aber und dies geschieht hier in der Ausstellung durch Abschattung für unser Auge sichtbar werden. Schauen wir mit den Blicktrichtern auf die Glasscheibe erleben wir etwas Seltsames: Es entfaltet sich die Naturschönheit obgleich diese ja vergangen ist, mehr noch: ein fluoreszierendes Flimmern, ein Blitzen früheren Lebens ist zu sehen. Und noch seltsamer: Wir sehen unser eigenes Auge. Nicht von ungefähr kommt Man Rays Metronom in den Sinn, mit dem der Augenblick, der Taktgeber ? Zeit und Raum verbunden werden. Lorenz Schmid lässt uns durch Sehtrichter auf die Staubbilder, die Ready Mades schauen, so eröffnet er eine poetische Welt des wahren Abbilds und ein weites Feld der Reflexionen.
Ohne die Förderung durch die Stadt Braunschweig und die Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz sowie einen Zuschuss aus der Schweiz wäre dieses sinnliche Nachdenken über Zeit, über gegenwärtig Vergangenes nicht ermöglichen, sichtbar Unsichtbares nicht zeigen.

© 2015 Allgemeiner Konsumverein e.V.
Dr. Anne Mueller von der Haegen (1.Vors.)
Hinter Liebfrauen 2
38100 Braunschweig

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