Ricarda Huch, 2014 als „„Botschafterin Deutschlands“ vom Bundesfinanzministerium im Zusammenhang einer Sondermarkenherausgabe geehrte und seit 2015 Namensgeberin der Poetik Dozentur für Frauen und Gender in der literarischen Welt an der TU Braunschweig auch diverse Schulen werden nach ihr benannt, sah Fremde zum Beispiel so:
„Vor Jahren lernte ich ein paar junge Japaner kennen, die sich zu Studienzwecken in Europa aufhielten. Sie führten ein sehr ordentliches und ehrbares Leben, sie tranken nichts Alkoholisches, schweiften nach keiner Richtung aus und hielten sich im Grunde für viel kultivierter als uns Europäer. Sie mißbilligten, daß man sich bei uns öffentlich küsse, überhaupt im Ausdruck der Gefühle gehen lasse. Einer erzählte, wenn er nach Jahre langer Abwesenheit heimkäme, würde er die Seinigen, die ihn vom Landungsplatze des Schiffes abholten, mit einer Verbeugung, höchstens mit einem Händedruck begrüßen. Selbstbeherrschung werde bei ihnen vom Menschen verlangt.
Mir hat das einen befremdenden und unauslöschlichen Eindruck gemacht, den ich damals nicht weiter auslegte und verfolgte: ich fand, daß die einwandfreien Japaner eher künstlichen Affen als Menschen glichen, von schönen, liebenswerten Menschen ganz zu schweigen. Es kam mir komisch vor, daß sie sich für Menschen hielten und mit Selbstbeherrschung protzten, obwohl gar nichts zu beherrschen da war, höchstens daß ein Rädchen hätte kaputt gehen können. Als Menschen genommen flößten sie mir Ekel ein.“
Ricarda Huch: Entpersönlichung, 1921; zit. R. H.: Quellen des Lebens, Insel-Verlag, 1938, S. 56.
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