Pressemitteilung: Piraten kritisieren geplante Stadionordnung

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In der kommenden Sitzung des Braunschweiger Rats soll eine neue Stadionordnung für das Eintracht-Stadion verabschiedet werden. Die Piratenfraktion hatte bereits im Vorfeld massive juristische und inhaltliche Mängel angemahnt, und sieht diese auch in der nun bereits dritten Überarbeitung keineswegs ausgeräumt.

„Diese Vorlage trägt die Handschrift von Polizei und DFB, es wurde auf maximale Einschränkung von eigentlich Allem gesetzt. Es wäre eigentlich Aufgabe der Stadt und des Rates, die Interessen der Bürger mit einzuarbeiten. Das ist aber nicht passiert. Stattdessen soll nun eine neue Stadionordnung verabschiedet werden, in der grundlegende bürgerliche Freiheiten eingeschränkt werden.“, meint Ratsherr
Jens-Wolfhard Schicke-Uffmann von den Piraten.

„Ohne unsere Änderungsanträge wären sogar Bier und Pommes auf dem Stadiongelände verboten worden. Nach Hinweisen unsererseits und letzten Beratungen will die Verwaltung nun immerhin prüfen, ob das vollständige Verbot des Mitführens von religiösen Symbolen überhaupt mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Fragwürdig ist z.B. genauso die Regelung, dass auf dem Parkplatz stehende PKWs auf Kosten des Besuchers abgeschleppt werden können – laut Stadionordnung im Zweifel auch ohne konkreten Grund‘. Von einer städtischen Stadionordnung erwarte ich klare Regeln, welche nicht willkürlich auslegbar sind. Die
Sicherheitsverantwortlichen sollten im Notfall Handlungsmöglichkeiten haben, gar keine Frage. In der aktuell geplanten Fassung habe ich als Stadionbesucher aber keinerlei Rechtssicherheit. Diese Stadionordnung ist kaputt. Und ich habe leider den Eindruck, dass sich der Rat nun um die Interessenabwägung zwischen Ordnungsbehörden und Stadionbesuchern drücken möchte. Die Stadionordnung sollte zurück in die Ausschüsse verwiesen und dort mit den Interessen der Besucher im Hinterkopf komplett neu gefasst werden.“

Die Piraten kritisieren die bundesweite Tendenz, mittels repressiver Ordnungsmaßnahmen und verstärkter Überwachung auf Probleme in einem kleinen Teil der Fanszene zu reagieren. Ein friedliches und
respektvolles Miteinander lässt sich nicht durch Drohkulissen und staatliche Gewalt erzwingen. Diese können außerdem für die oftmals jugendlichen Betroffenen langfristig stark negative Folgen haben.

Eine Reihe (ausgewählter) sprachlich und formal fehlerhafter Regelungen haben die Piraten bereits in ihrem jüngsten Änderungsantrag zur Stadionordnung thematisiert. Ein Teil davon wurde durch die Verwaltung daraufhin behoben. Anlage

Es folgen einige ausgewählte Auszüge der Stadionordnung, welche aus Sicht der Piraten inhaltlich problematisch sind:

§ 6 Verhalten im Stadion

* (1) […] Es ist des Weiteren untersagt, ein provozierendes Verhalten zu zeigen, das geeignet sein kann, eine Auseinandersetzung mit den übrigen Zuschauern herbeizuführen.

Diese Regelung vermisst jede Klarheit. Bereits eher harmlose Fangesänge wie „Zieht den Bayern die Lederhosen aus“ oder „Ihr könnt nach Hause fahrn“ können als provozierend ausgelegt werden.

§ 7 Verbote

* (1) Den Besuchern des Stadions ist das Mitführen folgender Gegenstände untersagt:

* a) Gegenstände, Materialien und/oder Medien mit […] rechts- und/oder linksradikalen Inhalt; entsprechendes gilt insbesondere für Kleidung […], und/oder Körperschmuck, die bzw. der Schriftzüge oder Symbole mit eindeutiger […] rechts- und/oder linksradikaler
Tendenz/Inhalten aufweisen bzw. aufweist;

Auch hier lässt die Formulierung jede Klarheit vermissen. Was eine eindeutige […] Tendenz (sic!) sein mag, erschließt sich uns jedenfalls nicht.

* g) […] Wunderkerzen;

Dass zum Schutz umstehender Personen Pyrotechnik derzeit verboten ist, erscheint logisch. Das Verbot von Wunderkerzen hingegen ist spätestens bei Konzertveranstaltungen überzogen. Ausnahmen von diesem Verbot sind laut Stadionordnung selbst in Rücksprache mit dem Veranstalter nicht
zulässig.

* n) Werbende oder kommerzielle Gegenstände sowie politische oder religiöse Gegenstände aller Art, wie Banner, Schilder, Flugblätter o.ä. ohne ausdrückliche Genehmigung durch den Veranstalter;

Es ist uns nicht ersichtlich, welche Gefahr von politischen oder religiösen Gegenständen im allgemeinen ausgeht. Zudem handelt es sich beim Stadion um ein Gelände in öffentlicher Hand, welche in besonderem
Maße dem Grundgesetz verpflichtet ist. Das vollständige Verbot von politischen und religiösen Inhalten ohne Not erscheint uns nicht nur abwegig, sondern auch verfassungswidrig.

* (2) Verboten ist den Besuchern weiterhin:

* k) Sich zu vermummen bzw. Gegenstände mit sich zu führen, die geeignet und den Umständen nach dazu bestimmt sind, die Feststellung der Identität zu verhindern;

Diese Regelung stammt aus dem Versammlungsrecht und wird immer wieder im Umfeld von Demonstrationen von der Polizei genutzt, um Menschen aufgrund von mitgeführten Sonnenbrillen, Schals oder Regenschirmen die Teilnahme zu verweigern. Sie ist in unseren Augen zu unklar formuliert.

* l) Das Mitführen und/oder Präsentieren von (rechtswidrig erlangten) Fanartikeln/Fanutensilien jeglicher Art der gegnerischen Mannschaft, soweit diese zur Provokation anderer Fangruppen genutzt werden;

Es ist rechtswidrig, Gegenstände rechtswidrig zu erlangen. Woran die Ordnungsverantwortlichen zudem Fanartikeln ansehen sollen, ob sie rechtswidrig erlangt worden sind, ist uns ein Rätsel. Absurditätslevel
+100.

* j) Die Mitnahme von Fotokameras und sonstige Bild- und Tonaufnahmegeräten einschließlich Videokameras […]

Die Stadionordnung gilt für alle Veranstaltungen, welche im Stadion durchgeführt werden. Den jeweiligen Veranstaltern ist es ohnehin möglich, Aufnahmen zu reglementieren. Eine städtische Stadionordnung
sollte vorrangig der Ordnung dienen und nicht voreilig auf kommerzielle Verwertbarkeit abzielende Regelungen vorschreiben, welche möglicherweise nicht einmal bei allen Veranstaltungen gewünscht ist.

 


Kommentare   
 
0 #2 Horscht 2013-08-26 14:14
Oh Mannomann. Hab mir mal die Anlage mit den Korrekturen durchgelesen. Wer hat das bloß im Original geschrieben?
In der Verwaltung können sie echt froh und dankbar sein, dass Schicke-Uffmann ihr Geschreibsel nochmal Korrektur liest.
 
 
 
+1 #1 Fan 2013-08-23 11:55
Das Thema Sport und Eintracht sind ja den Parteien zufolge von größter Wichtigkeit in Braunschweig. Da wird selbst übliche Wahlwerbung auf „Eintracht“ umgeschrieben. Merkwürdig nur, dass hierbei die Parteien wie CDU, FDP als angebliche Bürgerrechtspar tei und die SPD solche Stadionregeln zuließen wollten und sich nicht dagegen gewehrt haben.
Wie gut, dass sich wenigstens die Piraten um die Rechte von uns Fans und Stadionbesucher als bei anderen Bürgerrechten so engagiert zeigen. Respekt!
 
 

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