Podiumsdiskussion zum Gewerbegebiet bei Scheppau: Gegenwind

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Grafik: Koreg- Flächensteckbriefe Landkreis Helmstedt

Gestern, zwei Wochen vor den Kommunalwahlen hat die Bürgerinitiative „Gegenwind Scheppau“ eine Veranstaltung zum geplanten Gewerbegebiet bei Scheppau organisiert. Auf dem Hof Beese in Bornum am Elm konnten die Besucher am Freitag eine interessante und sogar unterhaltsame Freiluft – Veranstaltung erleben. Da der Verfasser dieser Zeilen nur bis zur Pause bleiben konnte, kann hier kein vollständiger Überblick gegeben werden. Einige wichtige Eindrücke sollen aber doch kurz festgehalten werden.

Eins vorweg: die Bürgerinitiative hat mit der Veranstaltung eine beachtliche Leistung abgeliefert. Die gut durchdachte Planung des Ablaufs und der professionelle, sachkundige und schlagfertige Moderator (Andreas Haase) sorgten dafür, dass es nicht langweilig wurde und dass man stets den Überblick behielt. Keine leichte Aufgabe bei einem Podium von sechs Politikern, einem Wissenschaftler, einem Vertreter des Landvolks, einem Vertreter des BUND und einem der Jägerschaft. Ganz davon abgesehen, dass die Besucher so manche nützliche Information bekamen und sich selber einen Eindruck von den verantwortlichen Politikern machen konnten, hat die Bürgerinitiative mit der Veranstaltung eine eindrucksvolle Visitenkarte abgegeben. Die anwesenden Politiker dürften deutlich gemerkt haben, dass sie mit dieser Initiative – und ihrer recht breiten Unterstützung zumindest in der Umgebung – rechnen müssen.

Aus den Äußerungen der Hauptprotagonisten des Projekts, Landrätin Steinbrügge und Landrat Radeck, ließ sich Einiges ablesen. Grundsätzlich vertraten sie die oft wiederholte Auffassung, mit dem Auftrag für eine Machbarkeitsstudie (für 200.000 Euro) sei nichts entschieden, alles sei offen. Herr Radek betonte sogar, dass das Gebiet um Scheppau ja nur eines von 52 sei, die in der KOREG – Studie aufgeführt seien. Allerdings: nur für dieses Gebiet beschlossen Braunschweig, Wolfsburg und die Landkreise Wolfenbüttel und Helmstedt eine derart aufwendige Machbarkeitsstudie. Für das Gebiet „Buschhaus“, das aus Brach- und Schüttungsfläche besteht, also keine weitere Zerstörung von Natur und Ackerflächen erfordern würde, und mit über 500 Hektar fast doppelt so groß wie „Scheppau“ ist, gibt es eine solche Machbarkeitsstudie jedenfalls nicht. Seltsam – zumal in der KOREG -Studie angegeben wird, dass das Gebiet in 5 – 10 Jahren verfügbar gemacht werden könne, während bei „Scheppau“ von 10 – 15 Jahren ausgegangen wird. Auch das Argument von Herrn Radek, das Gebiet sei in privaten Händen, vermag nicht recht zu überzeugen, denn in der KOREG – Studie wird auch für „Scheppau“ unter der Rubrik „Eigentümerstruktur“ angegeben: Privat!

Hellhörig wurden die Zuhörer auch, als Landrätin Steinbrügge als Vorteil von „Scheppau“ hervorhob, dort sei etwas machbar, was in den Städten kaum möglich sei: „24/7“ war das Stichwort; man kann dort also an sieben Tagen der Woche jeweils 24 Stunden arbeiten. Auch wegen der Begleiterscheinungen entsprechender 24/7 – Betriebe (gemeint waren wohl Lärm, Abgase, wohl auch der begleitende Verkehr) sei so etwas leichter in „Scheppau“ durchzusetzen, da es dort nicht so viele Menschen betreffe wie in den Städten. Diese Äußerungen erzeugten erhebliche Unruhe in der Zuhörerschaft.

Dessen ungeachtet sprach Frau Steinbrügge an anderer Stelle von einem neuartigen, „grünen“ Gewerbegebiet. Zum einen betreffe das die Art, wie das Gebiet geplant werde, also mit möglichst wenig Versiegelung des Bodens, mit Grünflächen, Solardächern und anderem mehr. Zum andern könne man hier ein Gewerbegebiet einrichten, das sich auf Techniken der Zukunft und Innovation spezialisiert. Andere Diskussionsteilnehmer machten deutlich, dass dann sehr hohe und kostspielige Anforderungen an die investierenden Unternehmen gestellt werden müssten. Das wiederum kann den „Erfolg“ in Frage stellen. Jeder kann sich ausmalen, wie die Politik reagieren würde, wenn ihr Angebot von fertig erschlossenen Flächen eines riesigen Gewerbegebietes nur von wenigen Unternehmen angenommen würde. Wie Frau Steinbrügge ihre Ausführungen zu „24/7“ mit denen zu einem „grünen Modellprojekt“ zusammenbringen will, bleibt ihr Geheimnis.

Landrat Radeck veranschlagt 1 – 2 Jahre, bis die Machbarkeitsstudie vorliegen wird. Der Bürgerinitiative ist zu wünschen, dass sie diese Zeit nutzt, um in der Region um Unterstützung zu werben, und dies nicht zuletzt in den Städten Braunschweig und Wolfsburg. Je mehr Menschen die Vorzüge und die Bedeutung des Gebietes um Scheppau erkennen und erleben, desto weniger sind noch bereit, das Projekt Gewerbegebiet schulterzuckend hinzunehmen. Würde man dagegen warten, bis die Machbarkeitsstudie vorliegt, etwa in der Hoffnung, es werde „schon nicht so dicke kommen“, wäre die Sache wahrscheinlich schon halb verloren.

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