Schwache Bilanz: Wollen wir noch Leistungsmessung? Ist der Medaillenspiegel unwichtig? Stimmen aus den Medien. Vier deutsche Kernprobleme.
Von Rüdiger Suchsland aus Telepolis
Franzosen und Russen gehört das Land,
Das Meer gehört den Britten,
Wir aber besitzen im Luftreich’ des Traums
Die Herrschaft unbestritten.Heinrich Heine
Alles Schönreden während der Spiele zum Trotz – am Ende hat Deutschland bei den Olympischen Spielen in Paris so schlecht abgeschnitten wie noch nie: Der zehnte Platz im Medaillenspiegel ist ein Tiefpunkt der letzten Jahrzehnte. Oder sollte man dieses Abschneiden als vorläufigen Höhepunkt eines Zivilisierungsprozesses werten?
Vielleicht sind wir hier bei Telepolis auch nur besonders kritisch. Vielleicht ist es ja ein gutes Zeichen für die deutsche Gesellschaft, dass die Deutschen keinen Wert mehr darauf legen, unter den Top-Nationen zu sein, Wettkämpfe zu gewinnen, sich sportlich zu messen? Dass sie weniger kampfbereit ist, sich zivilisiert und sie mit Plätzen unter „ferner liefen“ zufrieden ist. Weiter
Ingo Froböse ist nur zuzustimmen: „Die Wertigkeit des Sports für die Gesellschaft wird in Deutschland nicht gesehen“. Das Problem beginnt im Kindes- und Jugendalter. Hand in Hand mit Fehlernährung und zu hohem Medienkonsum führt Bewegungsmangel zu immer häufigerem Übergewicht, inzwischen sind wir in Deutschland bei etwa 20% der Jugendlichen angekommen. Man braucht kein Hellseher zu sein, um vorauszusagen, dass die Häufigkeit von Kreislauf- und Tumorkrankheiten sowie Diabetes zunehmen und die Lebenserwartung bei der jüngeren Generation abnehmen wird. In dieser Situation den Sport in Schule und Vereinen zu vernachlässigen, ist politisch dumm und verantwortungslos. Überhaupt nicht zu verstehen, dass in Braunschweig Schwimmbäder geschlossen und nötige Sporthallen nicht gebaut werden, dass für Vereine Trainerstellen unter- oder gar nicht finanziert werden. Und zum Schulsport gehören auch Wettkampf und Bundesjugendspiele. Und wenn die Basis nicht stimmt, braucht sich keiner zu wundern, wenn es mit dem Spitzensport nicht klappt. Und der ist wichtig. Bei den Olympischen Spielen geht es auch immer darum, dass durch Vorbilder Freude am eigenen Sport geweckt und unterstützt wird.
Naja – wenn man schon beim Bildungsministerium (als einzigem FDP-Ministerium) schon kuerzt und Bildung sowieso kaputtspart und schleifen laesst, warum sollte man beim Sport eine Ausnahme machen?
Arme Leute sterben frueher (das bekannte „sozialvertraegliche Fruehableben“), da reicht es doch, wenn man bis zur Rente durchhaelt. Das entlastet die Sozialversicherungen.
Nach dem Motto: „Kann kein Mathe oder Geschichte, da braucht es auch kein Schwimmen oder Dauerlauf.“