Nachruf auf Theo Rasehorn

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Nachruf von Dr. Helmut Kramer

 

In Theo Rasehorn habe ich einen im Geiste gleichgesinnten Freund gesehen, noch bevor ich seinen wirklichen Namen kannte. Das war Mitte 1966. Da wurde erst in einem Vorabdruck im SPIEGEL (Nr. 27/1966), dann in DIE ZEIT ein Xaver Berra erwähnt, mit einem kritischen Buch „Im Paragraphenturm“ über die damalige Justiz (Richard Schmid in DIE ZEIT vom 23.09.1966). Auch ich hatte ja in meiner Referendarzeit und in den ersten Richterjahren ähnliche Erfahrungen mit einer rückwärtsgewandten und kritikresistenten Justiz gemacht und damit, wie schwer der bloße Versuch war, in einer Zivil- und dann einer Strafkammer, über ein soziales bürgerliches Recht und über eine einigermaßen humane Strafmaßpraxis zu diskutieren. Als ich im Jahr 1965 die Rehabilitierung eines vom Sondergericht als „Volkschädling“ zum Tode verurteilten jungen Mädchens empfahl, führte das zu einem Eklat.

Empört waren nicht nur die noch immer im Amt befindlichen Richter des Sondergerichts Braunschweig, sondern auch viele mit mir gleichaltrige Kollegen. Ähnlich ging es zu, als ich 1967 im Schwurgericht die Verurteilung eines ehemaligen KZ-Kommandanten vorschlug. Wie noch vor der Beratung von mir vorausgesehen, wurde ich mit 8:1 Stimmen überstimmt. Mit dieser Ablehnung bei den Kollegen waren die Fronten aber geklärt. Umso wichtiger war es, mit Theo Rasehorn jemand auf der Seite reflektierten Denkens zu wissen. Aufklärerisch hatte Theo auch den Weg durch das Dickicht von Justizstrukturen und Juristenmentalität mitgewiesen und mir den Blick dafür geöffnet, wie oft die Justiz nach dem Prinzip eines zweierlei Maß urteilt und wie wenig das Bild des aufrechten „unabhängigen“ Richters mit der Wirklichkeit zu tun hat. Auch für die, die Theo nie persönlich kennen lernen konnten, war er eine Institution. Schon mit dem Paukenschlag des „Paragraphenturm“ hat er das Signal zu einer überfälligen Justizreform gegeben, genauer gesagt: es war ein Appell an die Juristen zum selbstkritischen Nachdenken, zum Nachdenken über das eigene Tun und ihre Funktion im sozialen Rechtsstaat und über ihr unreflektiertes Funktionieren in einer veränderungsbedürftigen Gesellschaft. 

Weiteres siehe in „Justizgeschichte Aktuell„.

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