Mobilität: Was sagen die OB-Kandidat*innen? Beitrag vom 29.07.21 mit Ergänzungen

1

Zu Beginn dieser Dokumentationsreihe hat die Redaktion die OB-Kandidat*innen vorgestellt. Die zu den Themenblöcken gehörenden Antworten folgen nun weiter schrittweise in gewürfelter Reihenfolge. Leider haben die Kandidat*innen nicht zu allen Fragen geantwortet.

Herr Kornblum hat seine Antworten zum Thema Mobilität nachgereicht und um Veröffentlichung gebeten. Zur besseren Vergleichbarkeit der politischen Konzepte der einzelnen Bürgermeister- Kandidaten, sind auch die Antworten, die die Kandidaten bisher gegeben haben, im Beitrag enthalten.

Frage 1:  Mobilitätsentwicklung allgemein: Was wollen Sie unternehmen um in Braunschweig klima- und umweltfreundliche Mobilität zu ermöglichen, bzw. zu verbessern?

Kaspar Haller (unabhängiger Kandidat für die CDU, FDP und VOLT)

Zu Frage 1: Ich stehe für eine zuverlässige und umweltfreundliche Mobilität in unserer Löwenstadt und im Braunschweiger Land. Wir sind in der Wissenschaft und Wirtschaft Weltklasse in Fragen der Mobilität, doch wenn ich mir das Stadtbild ansehe und mich in meiner Heimatstadt fortbewege, erlebe ich ein anderes Bild.

Ich werde Unternehmen und Wissenschaft in und um Braunschweig in die Verantwortung nehmen, Braunschweig auf unseren Straßen tatsachlich zur Vorzeige-Region Mobilität zu entwickeln.

Anke Schneider (Die Linke)

Zu Frage 1: Das Rückgrat einer klima- und umweltfreundlichen Mobilität ist ein gut ausgebauter, dicht getakteter, attraktiver ÖPNV. Ich strebe mittelfristig einen ÖPNV zum Nulltarif an. Bis dahin muss es mindestens ein kostenloses Schüler*innenticket geben, und die zeitlichen Nutzungsbeschränkungen des Mobil-Tickets für Inhaber:innen des Braunschweig-Passes müssen vollständig aufgehoben werden.

Rad- und Fußverkehr müssen sicherer und attraktiver gemacht und im Gegenzug der Autoverkehr verringert werden. Dies ist mit einer Umverteilung und Verringerung der Verkehrsflächen verbunden.

Noch ist die Realität eine andere: Die KFZ-Dichte in Relation zur Zahl der Einwohner:innen nimmt immer noch zu. Bei gleichzeitig steigender Einwohner:innenzahl droht der Stadt der Kollaps. Nur durch o. g. Maßnahmen in Verbindung mit einem verstärkten Ausbau von Sharing-Systemen sowohl für (Elektro-) Autos als auch für Lastenräder werden wir entscheidend mehr Menschen zum Verzicht auf das eigene Auto bewegen können.

Birgit Huvendieck (BIBS)

Zu Frage 1: Wir wollen den Straßenraum und das Geld umverteilen zu Gunsten des Umweltverbundes. Stichworte: Rad- und Fußverkehr fördern gemäß den Vorschlägen der Verkehrsinitiativen, Nulltarif im ÖV, Taktverbesserung und Netzausbau auch in der Region, insbesondere Straba-Ausbau, Stadt der kurzen Wege (Verdichtung mit Augenmaß), Güter auf die (Straßen-)Bahn, Flughafen zurückstufen und nicht mehr subventionieren, autoarme Stadt, autofreie Stadtviertel, Ende des Ausbaus von Infrastruktur für den Kfz-Verkehr auf allen Ebenen (die Ersparnis finanziert alle Klimaschutzmaßnahmen!).

Tatjana Schneider (unabhängige Kandidatin für B90/Die Grünen)

Zu Frage 1: Zunächst die gute Nachricht: Eine klima- und umweltfreundliche Mobilität in Braunschweig ist bereits jetzt möglich! Die Mobilitätsarten des sogenannten Umweltverbundes bestehend aus ÖPNV, Rad- und Fußverkehr haben bereits jetzt einen Anteil am Modal Split von deutlich mehr als 50 %. Der Modal Split gibt an, welche Wege, die Menschen täglich zurücklegen, mit dem Auto, dem Rad, dem ÖPNV oder zu Fuß absolviert werden. Dass der Umweltverbund in Braunschweig auch im Vergleich mit anderen Kommunen so stark ist, ist ein sehr positives Zeichen. Hieran lässt sich hervorragend anknüpfen, um noch mehr Menschen davon zu überzeugen, das Auto häufiger stehen zu lassen.

Eine weitere gute Nachricht lautet: Wir wissen bereits an ganz vielen Stellen, wie wir den Umweltverbund weiter verbessern können. Die Konzepte sind zum Teil bereits jetzt beschlossen und das Wissen ist vorhanden – z.B. mit dem Stadtbahnausbaukonzept oder mit dem Ziele- und Maßnahmenkatalog „Radverkehr in Braunschweig“. Ergänzt werden sollen diese Schwerpunkte mit Maßnahmen für attraktive Fußwegrouten. Dazu soll laut ISEK u. a. ein Flaneur*innenplan für die Innenstadt entwickelt werden.

Thorsten Kornblum (SPD)

Zu Frage 1: . Klima- und umweltfreundliche Mobilität bedeutet für mich, den CO2-Ausstoß im Vergleich zu heute schnellstmöglich und deutlich bis zur Klimaneutralität zu verringern und den Verbrauch von Umweltressourcen konsequent zu vermindern.

Daher setze ich mich besonders für den Ausbau des gesamten Umweltverbundes ein, das heißt für die weitere Stärkung des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV, Stadtbahnausbau) und die Förderung des Fuß- und Radverkehrs. 

Dazu gehört auch, dass auf klimaneutrale Antriebe im ÖPNV und im Individualverkehr gesetzt wird – neben klimaneutraler Elektromobilität auch wasserstoffbasierte Mobilität. Nicht vergessen werden darf dabei eine effiziente, möglichst klimaneutrale City-Logistik.

Konkret will ich das umfassende Programm „Ziele- und Maßnahmenkatalog Radverkehr in Braunschweig“ systematisch und konsequent umsetzen und allen Fußgänger:innen und Radfahrer:innen eine sichere und komfortable Verkehrsteilnahme ermöglichen. Dazu gehört ein Öffentlicher Nahverkehr mit Bus und Stadtbahn, der oft und gerne genutzt wird, weil er ganztägig ein attraktives, zuverlässiges, barrierefreies und schnelles Angebot vorhält sowie eine gute Vernetzung mit der Region bietet. 

Mit diesen Maßnahmen soll auch erreicht werden, dass viele Braunschweigerinnen und Braunschweiger die Vorteile von Rad und ÖPNV nutzen und verstärkt auf das eigene Auto für Wege in die Innenstadt verzichten. Der Individualverkehr braucht dann weniger Platz, der im Gegenzug für den Fuß- und Radverkehr zur Verfügung steht. Die Aufenthaltsqualität in der Innenstadt wird davon in besonderer Weise profitieren.


Frage 2: Wie soll sich die Mobilität in Braunschweig bis 2030 entwickeln, soll die Stadtentwicklung weiter in Richtung Zersiedelung gehen oder was und wie wollen Sie beitragen, die Zahl unnötiger Wege zu minimieren?

Kaspar Haller (unabhängiger Kandidat für die CDU, FDP und VOLT)

Zu Frage 2: Wir werden als Stadtgesellschaft viele neue Arten der Fortbewegung nutz- und erlebbar machen. Ich stehe für das Miteinander verschiedener ‘Verkehrsträger’. Wir brauchen eine ordnende und gestaltende Hand, wie der Dirigent in einem Orchester. Nicht gegeneinander sondern in Resonanz werden wir Ziel- und Nutzungskonflikte auflösen. Dazu zählt der bedarfsgerechte Ausbau der Fahrrad- und Elektroladeinfrastruktur, genauso wie die Möglichkeit, auch in Zukunft mit dem Auto in die Innenstadt zu fahren.

Anke Schneider (Die Linke)

Zu Frage 2: Die Zersiedelung muss gestoppt werden zugunsten einer Verdichtung im Innenbereich der Stadt im Sinne einer doppelten Innenentwicklung, mit Augenmaß sowohl in ökologischer als auch sozialer Hinsicht, mit Flächensparsamkeit durch mehr Geschosswohnungsbau anstelle von Einfamilienhäusern. Wir müssen nutzungsgemischte Strukturen schaffen für Wohnen, Arbeiten und Freizeit durch Bewahrung der vorhandenen Infrastruktur in allen Stadtteilen und durch Planung der entsprechenden Infrastruktur in neuen Baugebieten.

Birgit Huvendieck (BIBS)

Zu Frage 2: Eine „Stadt der kurzen Wege“ (Mischung der Funktionen Wohnen, Arbeiten, Nahversorgung (z. B. Lebensmittelmärkte), Erholung und Freizeit) mit optimaler Erschließung durch den Umweltverbund lädt ein zum Zu-Fuß-gehen, verweilen und Fahrrad fahren.

Inspiriert durch die Lektüre von Erfahrungen in Kopenhagen und neuen Ideen in Paris orientiert sich für uns die Stadt der Zukunft an der Entwicklung von Quartieren. In diesen kleineren Einheiten leben alle sozialen Schichten und Menschen verschiedener Herkunft in Nachbarschaft. Einrichtungen der Grundversorgung, der Bildung und des Miteinanders sind fußläufig in 15 Minuten erreichbar (Stadt der kurzen Wege, 15-Minuten-Stadt*), also Geschäfte, Kindergärten, Bildungseinrichtungen für alle Altersgruppen, medizinische Praxen, Nachbarschaftszentren.

Städteplanung setzt bei den Interessen von Kindern, Alten und Frauen an. Öffentlicher Raum und Grünflächen sind ebenso wichtig wie Gebäudegestaltung. Eine Nachverdichtung mit Augenmaß und dem Erhalt von grünen Innenhöfen und Grünflächen.

  • Förderung regionaler Wirtschaftskreisläufe (Einkäufe von städtischen Firmen bei regionalen Unternehmen)
  • Flächenschonendes Bauen wird forciert; Überbauung bzw. Umnutzung vorhandener Flächen (z. B. Industriegebiete, Parkplätze, Flachbauten, Parkhäuser)
  • Kein Rückbau von weiteren Gleisanlagen im Zuge der Planungen der Bahnstadt (Verkehrswende: Güterverkehr auf die Schiene!)
  • kein interkommunales Großgewerbegebiet Scheppau am Autobahnkreuz A2/A39 in den dortigen Naturschutzgebieten
  • Nutzung brachliegender bereits versiegelter Flächen für neue Gewerbegebiete (wie z. B. in Salzgitter vorhanden) bei optimaler Anbindung an die Bahn, den ÖPNV und die Radschnellwege oder das Veloroutennetz
  • Erhalt der Altbausubstanz
  • maximal 4 – 5 Geschosse
  • weitest gehende Umsetzung von home-office (u. a. bei der Verwaltung) unter sozialverträglichen Gesichtspunkte

Tatjana Schneider (unabhängige Kandidatin für B90/Die Grünen)

Zu Frage 2: Neben einer Förderung der umwelt- und klimafreundlichen Verkehrsarten brauchen wir tatsächlich auch ein Umdenken bei großen Projekten der Stadtentwicklung, um unnötige Verkehre möglichst zu reduzieren. Chancen dazu bieten sich uns z.B. um Umfeld des Hauptbahnhofs mit den beiden großen Entwicklungsschwerpunkten Bahnstadt und Bahnhofsquartier. Hier besteht die Chance, auch beim Thema Mobilität neue Maßstäbe zu setzen, und durchmischte urbane Quartiere zu entwickeln, bei denen Wohnen, Arbeiten, Einkaufen und kulturelle Angebote auf kurzen Wegen und ohne die Notwendigkeit, für jeden Weg das Auto zu nutzen, miteinander vernetzt sind.

Aber auch die bestehenden Stadtteile und Quartiere bieten viel Optimierungspotenzial. Die „Stadt der kurzen Wege“ lässt sich nicht nur in der Innenstadt oder für neue Stadtquartiere umsetzen. Alle Braunschweiger*innen sollen die Dinge des täglichen Bedarfs möglichst in ihren Quartieren und Stadtteilen kaufen können und dabei idealerweise nicht mehr als 15 Minuten zu Fuß unterwegs sein. Deshalb möchte ich Stadtquartiere stärken. Stadtteilzentren sollen Orte der Begegnung für Menschen sein. Über soziale Angebote möchte ich Begegnung diverser Gruppen ermöglichen. Das kann ebenfalls dazu beitragen, Verkehr zu vermieden.

Wichtig ist aus meiner Sicht, dass wir dabei immer alle Menschen im Blick behalten und allen ein Mobilitätsangebot machen, das barrierefrei, sicher und bequem ist. Kinder, Senior*innen, Frauen und Männer, Menschen mit Mobilitätseinschränkungen haben unterschiedliche Mobilitätsbedürfnisse. Mobilität muss in Zukunft wesentlich stärker inklusiv gedacht werden, Barrieren abgebaut werden.

Thorsten Kornblum (SPD)

Zu Frage 2: In einem breit angelegten Beteiligungsprozess wird zurzeit der Mobilitätsentwicklungsplan (MEP) erarbeitet. Sowohl die Öffentlichkeit als auch zahlreiche Fachleute werden beteiligt. Der MEP beschreibt die Mobilität in Braunschweig bis 2030 und darüber hinaus und ist zugleich eine wichtige Planungsgrundlage. Bis 2022/23 soll der Plan fertiggestellt sein und wird von mir dann konsequent umgesetzt werden.

Zentraler Punkt ist, wie der sogenannte Modal Split, der Anteil der unterschiedlichen Verkehrsträger an der Mobilität in der Stadt, hin zu mehr ÖPNV, Rad- und Fußverkehr entwickelt werden kann, bei Minderung des Anteils des motorisierten Individualverkehrs.

Der Ausbau des Stadtbahnnetzes ist dabei ein wichtiger Meilenstein für die Mobilität. Braunschweig erhält bessere und schnellere Verbindungen für die Menschen dieser Stadt, die Attraktivität des ÖPNV steigt.

Ich unterstütze die Bestrebungen im Rahmen des MEP, den Anteil des ÖPNV von jetzt ca. 10 % auf 20 % und mehr zu erhöhen und den Fahrradanteil von jetzt ca. 24 % weiter zu steigern. Ein attraktives Veloroutennetz, Fahradschnellwege in die Region und sichere ausgebaute Fahrradwege gehören selbstverständlich dazu. Der motorisierte Individualverkehr soll dagegen abnehmen, ohne dass sich das negativ auf die Erreichbarkeit unserer Innenstadt auswirkt. Auch wenn sich das Einkaufsverhalten der Menschen in der Corona-Zeit gewandelt hat, will ich, dass die Innenstadt für alle gut erreichbar bleibt und sich zu einem noch attraktiveren Aufenthaltsort für die Menschen in der Stadt entwickelt.

Das Ziel einer Stadt der kurzen Wege wird erreicht, wenn wir es schaffen, dass die Nahversorgung der Menschen wohnortnah erhalten bleibt oder entwickelt wird und auch der Weg zum qualifizierten Arbeitsplatz nicht zu lang ist. Wir müssen uns daher noch mehr auf die Nachverdichtung und bessere Nutzung bereits erschlossener, bebauter Bereiche konzentrieren, als neues Bauland ohne gute Verkehrsanbindung und ausreichende Nahversorgung zu entwickeln.

Frage 3: Wie sieht es mit der Umgestaltung zumindest der Innenstadt zu einer fußfreundlichen Stadt (bessere Übergangsmöglichkeiten, Flanierzonen, höhere Aufenthaltsqualität außer- wie innerhalb der Fußgängerzonen)?

Kaspar Haller (unabhängiger Kandidat für die CDU, FDP und VOLT)

Zu Frage 3:  Ich stehe für eine lebendige und pulsierende Innenstadt. Ich verbringe gern Zeit in den verschiedenen Quartieren meiner Stadt, zusammen mit Freunden und meiner Familie, für Kultur oder auch einfach, um mal ein Eis zu essen oder einen Kaffee zu genießen. Hier müssen wir am Bedarf entwickeln und gleichzeitig erreichbar und offen bleiben. Ganz einfach Braunschweig besser machen. Ich mochte die Lebens- und Aufenthaltsqualität in der Innenstadt erhöhen, die Innenstadt für die Oker öffnen und mit Pop-Up-Stores und Quartiersmanagern dem Leerstand begegnen.

Anke Schneider (Die Linke)

Zu Frage 3: In einem ersten Schritt müssen wir zu einer autoarmen Innenstadt kommen, in der der ruhende Verkehr in die Parkhäuser verlagert wird. Die Fußgängerzone soll schrittweise ausgeweitet werden. Damit werden Flächen frei, die teilweise entsiegelt, begrünt und mit Sitzgelegenheiten versehen werden können, Begegnungsräume entstehen. Fuß- und Radverkehr erhalten mehr Platz. Wir brauchen barrierefreie Gehwege im gesamten Stadtgebiet, inklusive geeigneter baulicher Maßnahmen bei Flächen mit historischer Pflasterung. Das gesamte Straßennetz soll sukzessive auf die Notwendigkeit von Querungsmöglichkeiten für den Fußverkehr überprüft werden, worauf natürlich die entsprechenden baulichen Maßnahmen folgen müssen.

Birgit Huvendieck (BIBS)

Zu Frage 3: Hier beziehen wir uns auf die ganze Stadt:

  • Verbesserungen für den Fußverkehr
  • Es sollen mindestens zwei Millionen Euro jährlich für Verbesserungen für Fußgänger:innen eingesetzt werden
  • Planung von Gehwegen und Plätzen nach den Empfehlungen des FUSS e. V.
  • Plätze und Gehwege werden weitgehend durch Bäume beschattet
  • zum Überqueren breiter Straßen werden in kurzen Abständen Aufstellflächen in der Straßenmitte eingerichtet
  • barrierefreie Gestaltung (u. a. Bordsteinabsenkung auf null, Riffelsteine für Blinde und alle Haltestellen barrierefrei)
  • Ampeln werden idealerweise abhängig vom restlichen Autoverkehrsaufkommen so viel wie möglich abgeschaltet
  • E-Roller, die auf Gehwegen im Wege liegen oder stehen, werden auf Aufforderung umgehend entfernt
  • ein zuverlässiger Winterdienst für Fußwege und Übergänge ist sicherzustellen und ausreichend zu kontrollieren
  • Bei Umbauten und Erneuerungen werden die Gehwege „schöner“ gestaltet, wie z. B. in Berlin. Dort werden Funktionsbereiche in Abgrenzung zu den eigentlichen Gehwegen in hübschem Kleinpflaster gestaltet (um Laternen, Ampeln, Stromkästen herum, nah an Hauswänden, Sicherheitsstreifen zur Straße). Soviel wie möglich werden Randstreifen entsiegelt und bepflanzt.
  • Die große Barriere „Fußgängerzone“ in der Innenstadt zwingt Radfahrer:innen derzeit zu Umwegen oder zum Schieben. Um das zu vermeiden, werden mehrere Querungsmöglichkeiten und Bereiche mit Mischverkehr geschaffen. Die autoarme Stadt nach der Verkehrswende hat große zentrale hochpreisige Fußgängerzonen nicht mehr nötig, da die ganze Stadt viel attraktiver ist und überall genug Platz für den Umweltverbund bietet. Es wird dann insgesamt mehr Fußgängerzonen geben. Diese werden wie kleine Erholungsinseln sein, die nahezu umwegfrei von Fahrrad- und ÖPNV-Verkehr umfahren werden können.

Tatjana Schneider (unabhängige Kandidatin für B90/Die Grünen)

Zu Frage 3: Die Innenstadt wird im Moment durchzogen von mehreren Durchgangsstraßen für den motorisierten Verkehr. Wenn es uns gelingt, diesen Durchgangsverkehr aus der Innenstadt zu verdrängen, ist bereits viel gewonnen. Die Innenstadt muss für alle diejenigen gut und bequem erreichbar sein und bleiben, die dort wohnen, arbeiten, einkaufen, Essen gehen oder kulturelle Veranstaltungen oder Bildungseinrichtungen besuchen wollen. Nachweislich nehmen Fußgänger*innen die straßenbegleitenden Ladenlokale besser war, als Menschen, die auf Fahrrädern, in Autos oder Bussen und Stadtbahnen daran vorbeifahren. Eine Förderung des zu Fußgehens ist somit ein Gewinn für Cafés, soziale und gemeinwohlorientierte Einrichtungen und Geschäfte. Hierbei ist die Wertigkeit des Raumes, die Umwegefreiheit und das Sicherheitsgefühl von enormer Wichtigkeit, um die Menschen wieder mehr zum Zufußgehen zu locken. Ein Flaneur*innenplan mit attraktiven Zielen entlang gut gestalteter Wege soll entwickelt werden.

In der Innenstadt gibt es aktuell viele Bereiche, die nicht inklusiv gestaltet sind. Nicht nur für Menschen mit Geheinschränkungen z.B. bereiten zahlreiche Bordsteinkanten und Kopfsteinpflaster erhebliche Probleme. Die müssen wir verändern. Sitzgelegenheiten zum Pausieren sind wichtige Ergänzungen für attraktive Fußwegrouten und Fußgänger*innenzonen.

Die Innenstadt als reine Einkaufs- und Geschäftszone ist im Umbruch. Die Innenstadt bleibt deshalb weiterhin ein attraktives und zukunftsfähiges Zentrum, wenn wir andere Funktionsbereiche (Wohnen, Arbeiten, Kultur, Bildung) stärken und die Aufenthaltsqualität verbessern. Pocket Parks, also kleine, über die Innenstadt verteilte Grünflächen, sind ein Beispiel dafür, wie dies gelingen kann.

Thorsten Kornblum (SPD)

Zu Frage 3: Durch das sich ändernde Mobilitätsverhalten der Bevölkerung bieten sich Möglichkeiten zur Umgestaltung der Innenstadt hin zu noch mehr Aufenthaltsqualität für die Menschen. Die Attraktivität der Innenstadt bemisst sich aber nicht nur an besseren Übergangsmöglichkeiten und weniger Durchgangsverkehr, sondern vor allem auch an einem interessanten, vielfältigen Angebot der Geschäfte und anderen kulturellen, sozialen und teilhabeorientierten Angebote in der Stadt, zum Beispiel dem Bau einer Kita oder einer Grundschule oder der Schaffung von neuem Wohnraum direkt in der Innenstadt.

Konzepte dafür müssen mit vielen anderen Akteur:innen der Braunschweiger Gesellschaft und zahlreichen Institutionen erarbeitet und umgesetzt werden. Ich will erreichen, dass sich in der Stadt viele grüne Oasen und urbane Orte des sozialen Miteinanders und Austauschs entwickeln können, die auch zum Verweilen einladen.

Wenn wir es richtig anpacken, dann können wir manche Innenstadtstraße vom Durchgangsverkehr befreien und die freiwerdenden Straßenräume neuen Nutzungen zuführen.

1 Kommentar

  1. Das was ADFC und die Initiative Fahrradstadt als „Veloroutennetz“ fordern und Frau Huvendieck erwähnt, ist bereits seit Jahren überwiegend als „Fahrradroute“ im Fahrradstadtplan eingetragen und schon lange auf Wegweisern im öffentlichen Raum zu sehen.
    Ist also weitgehend warme Luft umwälzen, nachplappern von neu erfundenen Begriffen und diese vor naiven und abnickenden Mitbürgern präsentieren, ohne sich damit wirklich beschäftigt zu haben.
    Die Radschnellwege sollen laut Karte von der Initiative Fahrradstadt u.a. durch Biotope und Überschwemmungsgebiete und Seen geführt werden, was natürlich sehr umweltfreundlich ist.
    In Gesprächen stellt sich heraus, dass die Leute dort eigentlich keine Ahnung vom bestehenden Radwegenetz und nutzbaren Feldwegen haben, teilweise ausschließlich Rennrad fahren und nicht mal die asphaltierten Wege z.B. nach Wolfenbüttel, Wolfsburg und Salzgitter kennen.

    Statt echte Radprobleme wie Wurzelschäden, Matschstrecken, schlechte Ampelphasen, Poller uvm. in den ganzen Radelclubs und -Initiativen zu behandeln, nimmt man sich Projekten wie Radschnellwege an, welche von übergeordneter Stelle im Bundesverband des ADFC gefordert werden.
    Umweltschutz betreibt man nicht, indem man noch mehr unnötigen Asphalt in die Gegend kippt, nachts sinnlos beleuchtet und dies mit der „Verkehrswende“ und den E-Bikes begründet.

    In Abschnitten vom Ringgleis kann man schon sehen, was dann auch passiert, schwere Fahrzeuge und inkompetente Rasenmäher vom Fachbereich Stadtgrün beschädigten den Weg zwischen Arndtstraße und Gartenstadt, Pflege der Oberfläche bleibt aus und da wo gepflegt wird, wurden die „Gimmicks“ wie die Begrünung des Zaunes mit Schlingpflanzen an der Gartenstadt durch die „Fachkräfte“ der Stadt BS zerstört.

    Bahnstadt und Erhalt der Eisenbahninfrastruktur für die Verkehrswende?
    Das Thema ist zu Komplex für Sie. Erstmal muss man wissen, was früher an Gütern auf der Schiene war, wie die Infrastruktur bis Ende der 1990er noch funktionierte, Gleisanschlüsse von Induśtriebetrieben und Großhandel, Güterabfertigungen, Rangierbahnhöfe, Einzelwagenverkehr, Ladegleise an jedem kleinen Bahnhof.
    Der Punkt ist der, dass das Eisenbahngüterverkehrsnetz zum Teil verschwunden ist und sich überwiegend nur noch auf Containerverkehr und Ganzzüge zur Großindustrie wie VW und Hüttenwerk Salzgitter hier beschränkt.
    Bei Industrie- und Gewerbegebieten mit Speditionen und Lieferdiensten wird keute gar kein Gleisanschluss mehr eingeplant und solche Gebiete auch nicht mal in der Nähe von Bahnstrecken geplant, sondern bei Autobahnen wie bei Scheppau.
    Für eine Verkehrswende zugunsten der Schiene fehlt es an Infrastruktur, Personal und politischem Willen.
    Und wenn das umgesetzt werden soll, kommt bestimmt irgendwo ne Verhinderer-BI mit Anwohnern aus dem Loch gekrochen, die die Gleise und den Lärm nicht haben will, aber gleichzeitig rumjammert, dass man ja mit dem Auto fahren muss, weil kein attraktiver ÖPNV vorhanden ist.

Möchten Sie den Artikel kommentieren

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.