Michael Müllers Gegenposition zu „Eisenfuß“- Gabriel: Vortrag 8. Juli Paulikirche

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Michael Müller – nein, nicht der ehemalige Berliner Bürgermeister – ist seit 58 Jahren Mitglied der SPD. Er machte einst eine Lehre als Stahlbetonbauer und ging dann den Zweiten Bildungsweg, um Ingenieurwesen und Wirtschaft zu studieren. Müller war lange Jahre Abgeordneter im Deutschen Bundestag, unter Umweltminister Gabriel hatte er die Funktion eines Staatssekretärs, er hat viele wichtige Aufgaben im Bereich Ökologie, Umwelt und Klima ausgeführt – und tut es immer noch. U.a. leitet er den Verband der Naturfreunde.

Müller wird am Montag, dem 8. Juli in der Paulikirche sprechen. Thema: Ist Frieden mit Russland noch möglich? Nach allem, was man von ihm und über ihn lesen kann, wird es in mehrfacher Hinsicht lohnenswert sein ihn zu hören.

„Die doppelte Gefahr eines Selbstmordes der Menschheit“

Müller stellt ohne Umschweife fest, dass die Menschheit in der „doppelten Gefahr eines Selbstmordes“ sei, „einerseits durch die atomare Rüstung, andererseits durch die globale Erwärmung“. 

Schon vor fünf Jahren hat er zusammen mit Peter Brandt und Rainer Braun ein Buch herausgebracht, Titel: „Frieden! Jetzt! Überall!“ Er sah schon damals den Frieden bedroht, forderte ein Abrüsten statt Aufrüsten und stellte mit Bedauern fest, dass die Erfolge der Abrüstungs- und Entspannungspolitik Willy Brandts zurückgedreht werden. 

Seine Position dürfte inzwischen innerhalb der SPD in der Minderheit sein, jedenfalls, was die sichtbaren und hörbaren Äußerungen angeht. Die Position eines Sigmar Gabriel, der von Bundeswehreinsätzen gegen Russland schwadroniert, dürfte ihm zuwider sein (siehe unseren Artikel vom 16. Juni).

„Diplomatie kommt viel zu kurz“

Im vergangenen Jahr veröffentlichte er (wieder zusammen mit den oben genannten Autoren) unverdrossen einen Artikel zum Ukrainekrieg. Darin verurteilt er den russischen Angriffskrieg, weist aber auf die komplexe und komplizierte Vorgeschichte hin und warnt vor „weitreichenden Folgen für die zusammengewachsene Welt“. Er stellt fest, dass die Mehrheit der Bevölkerung der Auffassung ist, dass die Diplomatie viel zu kurz kommt, und beklagt, dass der Ukrainekrieg „eine Militanz erzeugt und zu einer Polarisierung von Positionen führt, die ein gemeinsames Nachdenken durchkreuzt“. Er meint damit offenbar unsere Politik und die „Medien, in denen wir einen bisher nicht gekannten Konformismus erleben“ – aber vermutlich auch die Situation in unserer Gesellschaft.

Die Forderung des Abgeordneten der CDU, Roderich Kiesewetter, man solle den Krieg nach Russland tragen, kommentiert er mit dem Wort „Grenzenlosigkeit der Dummheit“.

Er zählt die verschiedenen Initiativen und Versuche auf, zu einer Friedensregelung zu kommen, und stellt nüchtern fest, dass bisher nichts aus ihnen wurde. Rhetorisch fragt er:

„Und welchen Friedensplan haben die Regierungen „Kerneuropas“, der eine nachhaltige Sicherheitsarchitektur Europas aufweist?“

„Die größte globale Gefahr ist die Klimakrise“

Müller ist zusammen mit bekannten Klimaforschern Herausgeber des Magazins „Klimareporter.de“. Schon in den neunziger Jahren war er der Vorsitzende der Enquetekommission des Bundestages zum Thema „Schutz des Menschen und der Umwelt“.

Für ihn steht außer Frage, dass die Welt Zusammenarbeit braucht, um die anstehenden Probleme zu bewältigen, das gelte besonders für die Klimakrise. Andernfalls drohe die Gefahr, „dass sich grüne Oasen des Wohlstands von einer zunehmend unwirtlichen Welt abzuschotten versuchen“. Die Zeit, Katastrophen zu verhindern, werde knapp, und die Klimakrise werde nicht gegen Russland, das größte und ressourcenreichste Land der Erde, zu verhindern sein. Und auch nicht gegen, sondern nur mit China, könnte man ergänzen. Er betont: „Das Schlüsselwort unserer Zeit heißt `Zusammenarbeit`.“ 

Müller befürwortet das Zusammengehen von Klimabewegung und Gewerkschaften, ebenso ein Zusammenwachsen von Klimabewegung und Friedensbewegung, das es in den achtziger Jahren schon einmal gegeben habe. Er ist sich aber nicht sicher, ob die Klimabewegung auf diesem Weg sei. Der Ukrainekrieg habe da „Einiges ins Rutschen gebracht“.

„Ist Frieden mit Russland noch möglich?“, Montag, 8. Juli, um 18.30 Uhr in der Paulikirche

Quellen: 1) Frieden schaffen. Europas Verantwortung für eine Sicherheit; aus: Politik und Zeitgeschichte, 6.3.23 2) Zeit der Entpolitisierung, halb verstandene Energiewende und der Irrglaube hinter CCS; Klimareporter.de, 3.3.24. 3) Naturfreund N 2-19

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