Braunschweiger Politikprofessor schwingt Holzhammer gegen das BSW
Der für seine wissenschaftliche Leistung durchaus zu Recht anerkannte Braunschweiger Politik-Professor im Ruhestand, Ulrich Menzel, hat in einem Interview mit der Braunschweiger Zeitung einige Bewertungen abgegeben, die nur wenig Bezug zur Realität haben. Dabei hätte ein Blick in das Thüringer Wahlprogramm des BSW zu differenzierteren Aussagen beitragen können. So unterstellt Menzel dem BSW die „Leugnung des Klimawandels“; im Thüringer Programm wird dagegen von der „Veränderung des Weltklimas“ ausgegangen, der „Schutz vor den Gefahren des Klimawandels“ sei ebenso wichtig wie die „Klimaanpassung durch Wasserrückhalt und Erosionsschutz“; auch zur „Energiewende hin zu erneuerbaren Energien“ finden sich einige Vorstellungen; allerdings wird eine ideologiefreie Klima- und Energiepolitik gefordert. Menzel behauptet weiter, das BSW stehe für „Widerstand gegen Migration“. Im Thüringer Programm wird dagegen das Ziel ausgegeben, die unkontrollierte Migration zu stoppen und gegen Asylmissbrauch vorzugehen. Das BSW wolle dagegen die Integration in den Mittelpunkt stellen. Auch könne die „Zuwanderung von Fachkräften bei echten Engpässen hilfreich sein“. Übrigens findet sich auch die Forderung, dass ausreisepflichtige Asylbewerber nur noch das Existenzminimum bekommen sollen – also genau das, was die Bundesregierung inzwischen beschlossen hat. Ob die Forderung nach einem Mindestlohn von 14 Euro nun schon der „nationale Sozialismus“ sein soll, den Menzel dem BSW unterstellt, kann er nur selbst beantworten. O si tacuisses… (Quelle: Braunschweiger Zeitung, 29.8.2024). (Wer sich selbst ein Bild machen will, findet am Ende des Artikels „Landtagswahl in Thüringen“ vom 27.8. im Braunschweig-Spiegel das Thüringer Wahlprogramm des BSW verlinkt; es ist insgesamt sehr interessant und anregend zu lesen.). a.m.
Vertrauen der Bundesbürger in die Demokratie nimmt rapide ab
Die Körberstiftung in Hamburg hat eine Umfrage in Auftrag gegeben. Danach haben 54 Prozent der Bürger ein „geringes“ oder „weniger großes“ Vertrauen in die deutsche Demokratie. Im Herbst 2021 waren es mit einem knappen Drittel noch deutlich weniger, der angezeigte Vertrauensverlust fand also in dem vergleichsweise kurzen Zeitraum von knapp drei Jahren statt. Nach Ansicht von 46 Prozent der Bürger geht es in Deutschland „weniger“ bis „gar nicht“ gerecht zu. Die Angabe, dass sich 90 Prozent für ein Leben in Freiheit bei Gleichheit vor dem Gesetz, für freie Meinungsäußerung und freie Wahlen aussprechen, zeigt, dass der Rückgang des Vertrauens in unsere Demokratie nicht damit zusammenhängen kann, dass von den Befragten autoritäre oder gar diktatorische Systeme bevorzugt werden. (Quelle: dtv, 17.8.2024) a.m.
Wenig Vertrauen in die Berichterstattung der deutschen Medien
Das Medienmagazin ZAPP hat vom Institut Infratest Dimap untersuchen lassen, wie die Deutschen die Qualität ihrer Medien beurteilen. Erfragt wurde das Vertrauen in die Berichterstattung zum Krieg im Nahen Osten. Dabei ergab sich, dass fast jeder Zweite, nämlich 48 Prozent, „wenig“ (33 Prozent) oder „gar kein“ (15 Prozent) Vertrauen haben, während 40 Prozent „viel“ (33 Prozent) oder „sehr viel“ (7 Prozent) Vertrauen zeigten. Dabei spielte der Eindruck, dass Israels Positionen eine vorherrschende Position in der Berichtserstattung einnehmen, eine wichtige Rolle. ZAPP wertete selber 15 Talkshows von ARD und ZDF aus, um den Eindruck zu überprüfen. Es ergab sich, dass nur drei Gäste mit palästinensischem Hintergrund eingeladen waren, dagegen aber 10 Israelis. ARD-Chef Oliver Köhrs Kommentar dazu: „Eigentlich kann ich mir das gar nicht vorstellen. … Eine deutliche Diskrepanz wäre mir aufgefallen.“ Na, dann ist ja alles in Ordnung… (Quelle: Tagesschau.de, 28.8.2024). a.m.
Klatsche für den britischen Prüfkonzern PWC in China
Der Prüfkonzern hatte aufgeblasene Bilanzen von Immobilienriese Evergrande jahrelang abgenickt. Nun droht eine empfindliche Strafe. Wie die Financial Times am 21.8 berichtete, teilte der PWC-Ableger in der Volksrepublik, PWC Zhong Tian, seinen Kunden mit, in Kürze eine heftige Strafe zu erwarten. Die Rede ist von einem sechsmonatigen Geschäftsverbot und einer Zahlung von umgerechnet 140 Millionen US-Dollar.
PWC trifft es jetzt, weil zu den Kunden des Unternehmens knapp 14 Jahre lang Evergrande gehört hatte. Evergrande stand lange Zeit im Zentrum der chinesischen Immobilienkrise und ist inzwischen insolvent. In den Jahren 2019 und 2020 hatte der Skandalkonzern seine Bilanzen laut Angaben der chinesischen Behörden um 78 Milliarden US-Dollar aufgeblasen. PWC hatte die grob gefälschten Bilanzen jeweils brav abgenickt. (Quelle Junge Welt 25.August) b.k.
Professor Menzel sitzt halt so hoch auf seinem Ross,dass er die Details der Ebene, über die er so rasch intelektuell hinweg galloppiert, nicht mehr genau sieht. Da strauchelt man natürlich und verwechselt BSW mit Linkem NSDAP-Flügel. Das ist so dumm und denunziatorisch, dass der von der Braunschweiger Zeitung wohl erhoffte Effekt, BSW und AFD beide gleichermaßen als extreme Randparteien einzuordnen, bei erfahrenen Lesern nur Kopfschütteln auslösen kann. Aber hier zeigt sich wieder, dass der Haltungs- und Wertejournalismus heute die LeserInnen belehren will. Dazu braucht es immer willfährige Wissenschaftler.
Wer wagt es da noch selbständig zu denken?
Vor mehr als 20 Jahren wurden mit Hilfe von Prof. Menzel die theoretischen Grundlagen des so genannten Interventionismus erarbeitet.
Es ging um die Legitimitätsgrundlage für die Einmischung in die
Angelegenheiten anderer, mehr oder weniger ferner Länder,
um sozusagen mit den Fähigkeiten zivilisierter Länder und deren hohem demokratischem Organisationsgrad manchen Ländern zu Hilfe zu eilen, damit diese unter ihrem inneren Chaos nicht zusammenbrechen und zu einem „failed state“ mutieren, welcher dann als Herd der Instabilität unsere Weltordnung gefährden könnte…
Seine grundlegende Idealisierung des westlichen Systems mit den in Frage kommende Ordnungsmächten bestätigt die These des vorigen Lesebriefes, Menzel säße auf hohem Ross.
Die Frage des Einsatzes von Militär war dabei natürlich zu delikat, um direkt im Zentrum seiner Thesen zu stehen, wurde jedoch keineswegs ausgeschlossen.
Öffentlichen Diskussionen mit Vertretern expliziter, praxisnaher Gegenpositionen wie Dr. Thomas Seibert (Medico International) wich er sogar durch Einfordern einer Unterlassungserklärung / Gegendarstellung aus, indem er den Organisatoren den Versuch justitiabler Rufschädigung unterstellte.
Innerhalb des aktuellen Parteienspektrums würden sich BSW und AfD – aus unterschiedlichen Motiven – wohl am wenigsten auf Menzels Interventionismus einlassen.
Die Fronten sind immer noch klar.