Kameraüberwachung in Braunschweig – der Verwaltung nicht bekannt

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Eine einfache Frage stellte die Braunschweiger Piratenfraktion an die Verwaltung: „In welchen Bereichen wird in Braunschweig der öffentliche Raum durch staatliche Stellen optisch (z. B. durch Kameras) oder akustisch (z. B. durch Mikrophone) überwacht?“.

Dass die Antwort [1] derart wortkarg ausfallen würde, überraschte dann doch. Die Stadt setze im Bereich der Feuerwehr Kameras zur Überwachung der Ausrückbereiche ein. Außerdem betreibe die Stadt drei Webcams, die auf der Internetseite präsentiert würden.

Ob es noch weitere Kameras im Stadtgebiet gebe? „In welchem Umfang optische oder akustische Überwachungen im öffentlichen Raum durch andere staatliche Stellen im Stadtgebiet erfolgen, ist hier nicht bekannt.“

Das mag den ein oder anderen verwundern – schließlich sind in direkter Nähe zum Rathaus eine ganze Reihe Kameras installiert. Allein an der Haltestelle Rathaus sind zwei Kameras – eine feststehende und eine schwenkbare („Dome“-) Kamera installiert. Inklusive gesetzlich vorgeschriebenem Hinweisschild.

„Bei der vorliegenden Antwort könnte man den Eindruck gewinnen, die Verwaltung liefe mit geschlossenen Augen durch die Stadt.“, meint Ratsherr Jens-Wolfhard Schicke-Uffmann zur Stellungnahme der Verwaltung, und ergänzt: „Ich finde es schon recht verwunderlich, dass man sich in der Verwaltung scheinbar kaum für Maßnahmen der Sicherheitsbehörden im eigenen Stadtgebiet interessiert.“

Die Piratenpartei sieht den Einsatz von Videoüberwachung kritisch [2]. Diverse Studien, beispielsweise aus dem Überwachungsland Nummer 1, Großbritannien [3],  würden zeigen, dass die Kriminalitätsraten nicht sinken, sondern partiell sogar steigen würden. Während die Überwachung quasi keinen Einfluss auf Affektkriminalität (z.B. Körperverletzung) zeige, würden sich andere Formen der Kriminalität – wie z.B. Drogendelikte – in andere, nicht überwachte Bereiche verlagern.

„Todesmutig warf sich die Überwachungskamera zwischen Vergewaltiger und Opfer – das funktioniert so nicht. Videoüberwachung kann Verbrechen nicht verhinden, echte Polizisten schon.“, meint Jan Ortgies, Vorstandsmitglied im Braunschweiger Stadtverband der Piraten. All zu häufig werde Videoüberwachung benutzt, um an anderer Stelle Personal einzusparen. „Generell gibt es eine Tendenz, Überwachung zu automatisieren und sogenanntes verdächtiges Verhalten zu erkennen. Die Politik ist leider besonders seit dem 11. September 2001 dazu über gegangen, Verbrechen durch mehr Überwachung verhindern zu wollen, anstatt die gesellschaftlichen Ursachen zu beheben.“ Das aber funktioniere nicht, wenn man weiter in einer Demokratie leben wolle. „Ein Generalverdacht vergiftet die Gesellschaft.“

Die Piraten engagieren sich für eine freie Gesellschaft – und lehnen Überwachungs- und Kontrollvorhaben wie INDECT [4], Fluggastdatenspeicherung [5] sowie Vorratsdatenspeicherungen aller Art ab.

„Die aktuelle Antwort der Verwaltung, man wisse nichts von Kameras, halten wir für unzureichend. Am 12. Juli weist die Stadt noch in einer Pressemitteilung [6] auf die stetige Zusammenarbeit mit der Polizei hin, aber beim Thema Kameras will man nicht miteinander gesprochen haben?“, wundert sich Jens-Wolfhard Schicke-Uffmann. Die Situation in
Braunschweig werde man weiter untersuchen.

Derweil versucht die Piratenpartei Braunschweig auch ohne Informationen der Stadt, einen Überblick über Kameras im Stadtgebiet zu bekommen. Auf ihrer Internetseite [7] können entsprechende Informationen zusammengetragen werden – 55 Einträge existieren dort bereits.

Referenzen:

[1] Stellungnahme der Verwaltung zu Überwachung im Stadtgebiet
http://www.piratenpartei-braunschweig.de/_fraktion/
2012-08-03%20FB10%20Antwort%20Optische%20oder%20akustische%20U%CC%88berwachung.pdf

[2] Parteiprogramm der Piratenpartei Niedersachsen zu
Überwachungskameras
http://wiki.piratenpartei.de/NDS:Parteiprogramm#Kennzeichnung_von_.C3.9Cberwachungskameras_
und_Sicherstellung_der_Einhaltung_des_Datenschutzes

[3] Studien zum Einsatz von Überwachungskameras in Großbritannien
http://www.no-cctv.org.uk/caseagainst/reports.asp
[4] http://de.wikipedia.org/wiki/INDECT
[5] http://de.wikipedia.org/wiki/Passenger_Name_Record
[6] http://www.presse-service.de/data.cfm/static/830867.html?CFID=12088152
[7]
http://www.piratenpartei-braunschweig.de/startseite/mitmachen/kamera-projekt/

Für Rückfragen stehen Ihnen zur Verfügung: Jens-Wolfhard Schicke-Uffmann – Mobil 0151 23210248 und Jan Ortgies – 0531 20873845

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