Viele hatten es erwartet oder gar befürchtet. Sollte der Oberbürgermeister seine Mehrheit im Rat verlieren, wird die SPD schon einspringen; sie wird es ihm schon besorgen. Und so kommt es dann nun auch. Noch nicht mal eine Anstandsfrist wurde abgewartet. Noch vor der Konstituierung des neuen Rates stimmte die SPD dem Viersterne+ – Hotel auf dem FBZ-Gelände zu. Damit zeigt die SPD nun auch nach Außen ihr Demokratiedefizit auf und schließt sich den Machenschaften der Hoffmann-Politik an, die der Bürger zu Recht abgewählt hatte. Was rechtlich machbar ist, wird eben noch schnell durchgedrückt. Das ist ein ganz mieser Politikstil. Dem hat sich die SPD durch ihren famosen Fraktionsvorsitzenden Manfred Pesditschek nun angepasst.
Wie schrieb noch vor wenigen Tagen Herr Pesditschek in seiner Wahl-Kurz-Analyse an seine „lieben Genossinnen und Genossen“: „Die FDP wurde pulverisiert …“ Nun, so geht es einer Partei, die sich mit Hoffmann einlässt. Gelernt hat Pesditschek daraus nichts. Seine Parteifreunde haben fast alle gewarnt in der Sitzung vor der Abstimmung im Rat. Doch Pesditschek verlangte Fraktionsdisziplin, er entschied alleine wie abzustimmen ist. Das ist sein Führungsstil, dem sich niemand aus der Fraktion entgegenzustellen wagt.
Foto: © Subea / pixelio.de
Das Versprechen das FBZ und das Hotel an der Stadthalle zu bauen, ist nichts wert. Diese Projekte sollen erst mal geprüft werden, aber das Grundstück im Bürgerpark, zumal fast verschenkt mit 80 €/qm, ist weg (Verkehrswert 600 €/qm). Im neuen Rat ab 8.11. hätte man das neue FBZ und das Stadthallenhotel auch beschließen können. Die SPD als Steigbügelhalter für Hoffmanns Prestigeobjekt, als Hoffmanns Erfolgsgarant, als Förderer der Hoffmann-Politik. Überrascht das wirklich?
Was schrieb Pesditschek in der o.g. Wahlanalyse noch: „Die schwarz-gelbe Mehrheit ist geknackt“. Na und, möchte man sagen, nun macht die SPD halt die FDP-Hoffmann-Politik! Und wie schreib er weiter: „Die Braunschweigerinnen und Braunschweiger haben entschieden: Das (die Hoffmannpolitik) wollen sie nicht – und das ist gut so.“ So ernst sollte man die Sprüche von Pesditschek auch seinen Parteifreunden gegenüber anscheinend nicht nehmen. Ebensowenig wie das Wahlprogramm der SPD, in dem der „Erhalt und die Pflege öffentlicher Grünanlagen in allen Stadtteilen sicherzustellen ist“. Auch wollte die SPD ein FBZ im Bürgerpark. Alles Schnee von gestern, Spüche für die lieben Genossinnen und Genossen, die sich das bieten lassen.
Im Rat der Stadt hat vor der Abstimmung der Fraktionsvorsitzende der Linken, Udo Sommerfeld eine treffende Rede gehalten, der es kaum etwas zuzusetzen gilt. Der Braunschweig-Spiegel veröffentlicht hier ausnahmsweise seine Rede und den Link dazu, weil sie dokumentarischen Charakter in der sich anbahnenden Liaison zwischen OB Hoffmann und Manfred Pesditschek hat und der Anfang einer Pulverisierung der SPD sein kann.
Rede von Udo Sommerfeld
Zur Sondersitzung des Rates am 07.10.2011 zum Thema:
„Ansiedlung eines First Class Superior Hotels auf dem Gelände des ehemaligen Freizeit- und Bildungszentrums“
Stellungnahme des Fraktionsvorsitzenden der LINKSFRAKTION, Udo Sommerfeld: Herr Vorsitzender, meine Damen und Herren, die Aussage der BZ vom heutigen Tag, dass über zwei Hotels und ein Freizeit- und Bildungszentrum entschieden wird, ist falsch. Wir entscheiden heute über die Beerdigung der soziokulturellen Idee im Herzen der Stadt und zwei angehängte Nebelkerzen. Im Kern geht es darum, dass nachhaltig dokumentiert werden soll, dass auf einem Sahnegrundstück im Herzen der Stadt kein Platz für soziokulturelles Leben, für die Entfaltung von Jugendlichen und für kleine Vereine und Verbände ist. Hier soll anderes Leben stattfinden. Hier soll 4-Sterne-Plus-Luxus auf 5 Etagen gelebt und die Erinnerung an das alte FBZ für immer zubetoniert werden.
Und da spielt es auch keine Rolle, dass für dieses öffentliche Sahnegrundstück noch nicht einmal der Wert ermittelt wurde. Wer auch immer hier verspricht, das gewünschte Hotel hinzusetzen, der bekommt den Zuschlag. Beim letzten Mal hat die Stadt keinen Cent von Kanada-Bau gesehen, aber rund 340.000 Euro für den FBZ-Abriss bezahlt. Und nun kommt der nächste Hotelbauer und auch dem wird versichert, dass er 10.000 m² zur Not auch kostenlos erhält und die Überschwemmungsflächen gleich noch dazu. Gratis versteht sich. Und auch die Beteiligung der Wirtschaftsverbände, die sonst immer so groß geschrieben wird, spielt dieses Mal keine Rolle. An keiner Stelle ist die Dehoga beteiligt worden und somit weiß auch niemand, wie sich das geplante Hotel auf die heimische Wirtschaft auswirken wird. Und zur gestrigen Ausschusssitzung möchte ich erwähnen, dass es das erste Mal in meiner zehnjährigen Ratstätigkeit war, dass der Käufer eines städtischen Grundstückes quasi zum beratenden Ausschussmitglied ernannt wird und mit Redebeiträgen den Fachausschuss beeinflusst. Wer kann da denn noch von unabhängigen und freien Beschlüssen reden? Gibt es das nächste Mal auch Stimmrecht für Kaufinteressenten? Vielleicht verbunden mit dem Verbot kritischer Nachfragen? Wenn’s den Vermögenden nutzt, ist hier ja alles möglich. Kommen wir zu den Nebelkerzen, die geworfen werden sollen und deren einziger Zweck darin besteht, der SPD-Basis die Entscheidung der SPD-Ratsfraktion schmackhaft zu machen. Zum einen sollen wir eine Projektplanung für ein 3-Sterne-Hotel an der Stadthalle beschließen. Innerhalb eines Jahres soll ein Plan entstehen und danach soll ein Investor gesucht werden. Genau das ist der Zustand, in dem wir uns seit Jahren befinden. Wir suchen einen Investor, finden aber keinen. Hier wird viel Papier beschrieben werden, was uns aber keinen Millimeter näher an ein Ergebnis bringt. Die zweite Nebelkerze ist die Behauptung von Braunschweiger Zeitung und SPD, dass wir heute ein neues FBZ beschließen. Wo steht das denn? Der Beschlusstext lautet, dass die Verwaltung innerhalb eines Jahres einen Standort für soziale, kulturelle und bildungsrelevante Veranstaltungen finden soll. Von einem soziokulturellen Zentrum ist an keiner Stelle in der Vorlage die Rede. Und von einem neuen FBZ schon gar nicht. Das Ganze ist totaler Unsinn. Wenn der politische Wille da wäre, könnten wir ab dem 8. November anfangen, da das Grundstück vorhanden ist und sich die Konzepte für solche Zentren ähneln. Da die SPD-Fraktion diesen Willen aber nicht hat, wird Hinhaltetaktik betrieben, die nur ein Ziel verfolgt, nämlich den SPD-Unterbezirk zu beruhigen. Der hatte in seinem jüngsten Wahlprogramm folgendes geschrieben. Unter der Überschrift Freizeitwirtschaft heißt es: „Wir wollen einen Masterplan Freizeitwirtschaft unter Berücksichtigung des Zentrenkonzeptes und Einbeziehung des Bürgerparkes, des Südsees und anderer Bereiche auf den Weg bringen. Deshalb setzen wir uns dafür ein, dass ein Freizeit und Bildungszentrum neu eingerichtet wird.“ Etwas weiter heißt es unter der Überschrift Naherholung im Grünen: „Wir Sozialdemokraten wollen den Erhalt und die Pflege öffentlicher Grünanlagen in allen Stadtteilen sicherstellen.“ Das steht im SPD-Programm. Es steht nichts von einem 4-Sterne-Plus-Hotel im SPD-Programm. Ein FBZ im Bürgerpark steht drin. Und auch vom Verscherbeln öffentlicher Grünanlagen ist im SPD-Programm an keiner Stelle die Rede. Der Erhalt öffentlicher Grünanlagen steht drin. Somit ist wieder mal klar, dass sich die Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten in der Stadt darüber freuen können, dass es DIE LINKE. im Rat gibt, denn wir vertreten an dieser Stelle auch das SPD-Wahlprogramm. Die SPD Ratsfraktion vertritt es definitiv nicht. Die Linksfraktion wird die Vorlage ablehnen.
Am Ende der Sondersitzung wurde mit den Stimmen von CDU/FDP und SPD der Verkauf des ehemaligen FBZ-Geländes beschlossen. DIE LINKE, GRÜNE und BIBS stimmten dagegen