„DIVIDENDENBUFFET“ – Eine Rezension

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Schon so manches Mal wurden in der Literatur Kleinanleger beschrieben, die gerne auf Aktionärsversammlungen gehen, aus welchen Gründen auch immer. Zu sagen haben die eh nichts, aber vielleicht ist das mal eine nette Abwechslung im tristen Alltagsleben.
 
Nun ist über Kleinaktionäre ein Buch erschienen, das es verdient, genauer betrachtet zu werden. Allein schon der Eindruck beim Anfassen des Buches ist ungewöhnlich: Der Einband scheint gepolstert zu sein. Vielleicht ist das allein schon ein Hinweis, dass auch Kleinaktionäre darauf achten sollten, dass es immer gut ist weich zu fallen – vor allem aus großen Höhen. (um)
 
Rezension
Hier haben sich die zwei Autorinnen Verena Brandt und Nadine Schmid aufgemacht, die Welt der Kleinaktionäre in der Hierarchie der Aktionärsversammlungen zu erkunden. Herausgekommen ist ein professioneller Foto-Reportage-Band, ein gelungener Rundgang in der Welt der Kleinaktionäre in der Welt des Geldes.
 
Man blättert, man liest sich fest, sieht sich satt und ist erstaunt, dass Bild und Text so gut zusammen passen. So erging es mir, als ich das Sachbuch mit all seinen Hinter- und Untergründen in meinen Händen hielt. Die Fotos der Fotografin, Verena Brandt, erschließen sich dem Betrachter nicht sofort. Wer sie kennt, weiß um ihre etwas schlitzohrige Fotografie, die in scheinbar harmlosen Begebenheiten oft menschliche Abgründe erkennen lässt. Die kulturelle Realität der Kleinaktionäre wird mit hervorragenden und anregenden Fotos wie in einem Schaufenster gezeigt.
Dies ist kein „glattes“ Buch. Sowohl im Text von Nadine Schmid als auch im Bild spürt man eine Prise ironischer und sozialer Kritik, aber auch Respekt vor den Portraitierten, sie zeigen sich in Licht, Pose und Aktion.
 
Die Textsprache ist klar und situationsbezogen und in der wiedergegebenen Rede der Kleinaktionäre, fühlte ich mich wie dabei zu sein. Hier unterstützen sich Text -und Bildsprache, zusätzlich betont durch unterschiedliche Papierauswahl.
 
Der Band läßt wunderbar Raum für Interpretationen. Da kommen Gedanken über die  Gesellschaft der Kleinaktionäre an den Grenzen des übermächtigen Kapitals. Auch Gedanken zu den sog. Panama Papers, oder den selbst produzierten Verlusten bei VW, automatisch hoch. Wozu sind Kleinaktionäre gut? Wird Politik immer machtloser? In welchem Staat leben wir, wenn immer mehr unsäglich große Vermögen auf eine kleine Zahl von Menschen verteilt ist.
 
Die Hauptversammlungen der Kapitalgesellschaften, wem nutzen sie? Sind das nicht nur noch Rituale, um sich ohne Konsequenzen für Versagen selbst zu entlasten?
 
Die Autorinnen zeigen durchaus kritische Kleinaktionäre, die eine Hauptversammlung auch als Informationsversammlung  verstehen wollen. Fragen werden gestellt, die Vorsitzenden der Konzerne lesen vor, was Juristinnen im Hintergrund, im Backoffice,  aufgeschrieben haben.
 
Der Foto-Reportage-Band hält sich angenehm in den Händen. Der ungewöhnliche und wattiert gestaltete Einband zeigt eine edle und hochwertige Aufmachung.
Man bekommt Lust auf eine gelungene Sozialreportage. Das Buch ist ein wunderbares Geschenk für Kleinaktionäre. Für die, die aus der Börse ausgestiegen sind und denen, die einsteigen wollen. Man selbst ist natürlich ganz anders – oder vielleicht doch nicht? http://www.dividendenbuffet.de/
 
Am Buffet der großen Konzerne„: Deutschlandradio Kultur. Nadine Schmid und Verena Brandt im Gespräch mit Christian Rabhansl
Spiegel online (Interwiev)
 
 
 
 

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